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Stromtod an Mittelspannungsmasten: im Schatten der Energiewende

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Toter Uhu im Mast

Toter Uhu im Mittelspannungsmast, Foto (C): Lutz Dalbeck/EGE

Mit freundlicher Genehmigung übernommen von der Europäischen Gesellschaft zur Erhaltung der Eulen (EGE), März 2015:

Im Schatten der Energiewende

Mehr als zwei Jahre nach Ablauf der den Netzbetreibern im Bundesnaturschutzgesetz gesetzten Umrüstungsfrist stehen in Deutschland vermutlich noch 100.000 vogelgefährliche Mittelspannungsmasten. Eine tödliche Gefahr für die meisten größeren Vogelarten. Die EGE wird nicht müde, diese massiven Versäumnisse der Netzbetreiber und der Umweltministerien zu thematisieren. In der gerade erschienenen Ausgabe 1/2015 der Zeitschrift “Nationalpark” hat EGE-Geschäftsführer Wilhelm Breuer die Missstände anschaulich beschrieben. Sein Fazit: “Angesichts des Umstandes, dass Kontrollen nicht stattfinden, die Umrüstungsdefizite nicht aufgedeckt werden und für die Netzbetreiber weitgehend folgenlos bleiben, haben die Netzbetreiber beinahe viel unternommen. Die Deutschen sind mit der ganz großen Energiewende befasst. Daran gemessen ist die gesetzlich verlangte Umrüstung vogelgefährlicher Mittelspannungsmasten offenbar bestenfalls eine Nebensache.” Klicken Sie bitte hier (pdf-Datei, ca. 492 KB), wenn Sie den Beitrag lesen möchten.

Bei Anflug Stromtod: Uhu am Mittelspannungsmast, Foto (C): Archiv EGE

Bei Anflug Stromtod: Uhu am Mittelspannungsmast, Foto (C): Archiv EGE

Die Zeitschrift “Nationalpark” berichtet seit 1974 viermal jährlich über die Entwicklung deutscher Nationalparke, großer Schutzgebiete und aus dem Naturschutz. Die Zeitschrift versteht sich als Anwältin von Natur und Wildnis. Zur Förderung der Nationalparke in Deutschland, ihrer Akzeptanz und Achtung hat sie viel beigetragen. Bis heute begleitet sie die Entwicklung der großen Schutzgebiete in Deutschland kritisch, kompetent und konstruktiv. Herausgeber der Zeitschrift ist der Verein der Nationalpark-Freunde e.V. Die Zeitschrift erscheint im Oekom Verlag. Die EGE empfiehlt diese Zeitschrift mit den Worten, die Horst Stern für sie gefunden hat: “Besser kann man Papier aus dem Holz der Bäume nicht nutzen”. Vielleicht haben Sie Interesse an einem Probeabo der Zeitschrift “Nationalpark”. Der Zeitschrift sind mehr Leser zu wünschen. Informationen für ein Probeabo finden Sie hier: Probeabo “Nationalpark”.


BI “Weitblick Ostfriesland” gegen den Lärmterror und die Landschaftszerstörung durch Windkraftanlagen

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Langsam nimmt der Widerstand gegen noch mehr Windkraftanlagen auch in Ostfriesland Fahrt auf. Nicht Naturschutzargumente, die ohnehin schwer zu vermitteln sind, sondern die nachvollziehbare gesundheitliche Beeinträchtigung durch den Dauerlärm und der Wertverlust der Immobilien stehen im Vordergrund des zunehmenden Protestes der betroffenen Anlieger. Die Bürgerinitiative „Weitblick“ (eine von hunderten in Deutschland) hat ein eindrucksvolles Video auf YouTube über ein Freiluft-“Energieerlebniszentrum” bereitgestellt, das das ganze Ausmaß der Landschaftszerstörung der ehemals weiten ostfriesischen Landschaft deutlich macht, in einem räumlich eng begrenzten Teil des Landstriches. Klicken Sie unten rechts auf das laufende Video, um es im Vollbild anzusehen.

Die Flächen für diese Wind”parks” wurden von Ratsmitgliedern bereitgestellt, die – eigentlich – für das Gemeinwohl angetreten sind, sich aber nicht selten selbst durch Beteiligungen an WKA bereichern. Der Bundesverband Windenergie (BWE) zeigt in seinen Seminaren, wie es geht.  Diese Massierung der Anlagen sind die Auswüchse der Gier, verursacht durch das Erneuerbare Energien Gesetz, das den Betreibern satte Renditen für 20 Jahre garantiert, finanziert von allen Stromkunden zusätzlich zum Strompreis, eine asoziale Konstruktion. Vorgeschoben wird das Argument des “Klimaschutzes“ oder „wollt Ihr lieber ein Atomkraftwerk“, nichts von beiden stimmt. Mit diesen Argumenten wird lediglich versucht, die weitgehend uniformierte (dafür umso mehr gezielt desinformierte) Bevölkerung einzulullen und von den eigenen Geschäftsinteressen und Renditeerwartungen abzulenken. Diese Anlagen tragen NICHTS zu einer verlässlichen Stromversorgung bei, sie sind angewiesen auf grundlastfähige Wärmekraftwerke, die auch Regelkraftwerke sind, um den schwankenden Windstrom („Zappelstrom“) im Netz zu stabilisieren. Zum “Klimaschutz” taugen sie ebensowenig, weil sie nur windabhängig funktionieren und weder das Wetter noch das Klima (abgesehen vom Kleinklima im Windpark) beeinflussen können. Mit einer vielbeschworenen „Energiewende“, mit der Deutschland weltweit alleine dasteht, hat das nichts zu tun.

Auch diese Landschaft ist unübersehbar das Opfer dieser Gier geworden; fast jede Kommune möchte nun ihren eigenen Windpark haben, einfache Mehrheiten genügen für einen entsprechenden Flächennutzungsplan, in der Regel an den betroffenen Bürgern vorbei, die Pervertierung der kommunalen Selbstverwaltung. Noch nie waren Ratsentscheidungen so weit vom Bürgerwillen entfernt, wenn es Windkrafteignungsflächen geht. Das Land Niedersachsen mit seinem Umweltministerium, eng verbandelt mit der unersättlichen Windenergiewirtschaft, arbeitet an einem Windenergieerlass, der 400m Abstände zur Wohnbebauung vorsieht, bei Anlagenhöhen, die bald 200 Meter erreichen werden. Das ist rücksichtsloser staatlich geförderter Lärmterror mit kalter Enteignung der Immobilienbesitzer.

An Arle schließen sich an ein Windpark in Lütetsburg, oder in der anderen Richtung Dornum/LK Aurich. Die Betreiber in Dornum haben eine ganze Gemeinde gekapert, allein der Kämmerer ist in acht Betreibergesellschaften vertreten. Allein im Dornumer Gemeindegebiet stehen weitere 122 (einhundertzweiundzwanzig) weitere Anlagen; es schließt sich an der Windpark Westerholt/LK Wittmund mit mehr als 50 Anlagen und weiter Utgast/Holtgast/LK Wittmund mit ebenfalls ca. 50 Anlagen. Zusammen stehen in den Landkreisen Aurich (oder sind genehmigt) ca. 800 Windkraftanlagen, überwiegend die vom Hersteller Enercon aus Aurich, der hier sein Schaufenster betreibt. Gleichzeitig wird Ostfriesland als Tourismusregion vermarktet, ein Hohn!

Man stelle sich vor, ein öffentlich-rechtlicher Fernsehsender würde mit einem professionellen Team diese Landschaftszerstörung dokumentieren und zur besten Sendezeit senden….ein Traum, noch!

Links: http://www.wattenrat.de/tag/windenergie/ (scrollen!)

Windenergie und Vogelschutz: “Helgoländer Papier” weiter unter Verschluss

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Suchbild: balzende Bussarde direkt am Rotor einer Windkraftanlage. Horst befindet sich links im Bild im Feldgehölz. Die Vögel leben gefährlich. Theoretisch könnte diese Anlage (und die benachbarten) wegen des "signifikant erhöhten Tötungsrisikos" vorübergehen abgeschaltet werden (§ 44 Bundesnaturschutzgesetz)

Suchbild: balzende Bussarde direkt am Rotor einer Windkraftanlage. Der Horst befindet sich links im Bild im Feldgehölz. Die Vögel leben gefährlich, nicht nur wegen des Rotors, auch wegen möglicher Nachstellungen durch Windkraftbetreiber. Theoretisch könnte diese Anlage (und die benachbarten) wegen des “signifikant erhöhten Tötungsrisikos” vorübergehen abgeschaltet werden (§ 44 Bundesnaturschutzgesetz). Roggenstede, LK Aurich/NDS, 16. März 2015. Foto (C): Manfred Knake

Über das „Helgoländer Papier“ der Länder-Arbeitsgemeinschaft der Vogelschutzwarten (LAG-VSW) als wichtige Bewertungshilfe für den Artenschutz haben wir schon öfter berichtet. Das Papier listet Prüfradien und Mindestabstände zu Windkraftstandorten auf, um die Auswirkungen auf bestimmte Vogelarten zu minimieren. Nur: Die Länderumweltministerien halten in enger Abstimmung mit der Windenergiewirtschaft diese Arbeitshilfe aus politischen Gründen immer noch zurück, sie würde die Expansion der Windkraftstandorte behindern und die Rendite der Betreiber schmälern. Beim Wattenrat ist das Papier jedoch in der Entwurfsfassung vom 13. Mai 2014 veröffentlicht (.pdf LAG_VSW_13Mai2014_Entwurf). Nun sollte ursprünglich bei der Frühjahrstagung 2015 der Bund-Länder-Arbeitsgemeinschaft Naturschutz (LANA) über die Veröffentlichung dieses Geheimpapiers entschieden werden, dazu kam es aber nicht: Das Thema wurde kurzerhand von der Tagesordnung genommen. „Dem Vernehmen nach“ war das grüne niedersächsische Umweltministerium unter dem Wind-Minister Stefan Wenzel die treibende Kraft. Sein Ministerium arbeitet an einem „Leitfaden“ und einem Windenergieerlass im Lande, der maßgeblich von der Windenergiewirtschaft beeinflusst wird. Die Europäische Gesellschaft zur Erhaltung der Eulen (EGE) hat über die skandalöse und beispiellose Selbstzensur bei der “Bund-Länder-Arbeitsgemeinschaft Naturschutz, Landschaftspflege und Erholung” (LANA) berichtet. Den Beitrag übernehmen wir nachfolgend:

Die “Bund-Länder-Arbeitsgemeinschaft Naturschutz, Landschaftspflege und Erholung” (LANA) hatte bei ihrer Frühjahrstagung 2015 über die bereits vor Jahren von der Länder-Arbeitsgemeinschaft der Vogelschutzwarten (LAG VSW) vorbereiteten “Abstandsregelungen für Windenergieanlagen zu bedeutsamen Vogellebensräumen sowie Brutplätzen ausgewählter Vogelarten” entscheiden wollen. Eigentlich. Dem Vernehmen nach wurde die Sache kurzerhand von der Tagesordnung genommen. Über viele Monate war das Papier heftigen Attacken ausgesetzt, die zu immer neuen inhaltlichen Abschwächungen geführt hatten.
Die LANA ist eine Arbeitsgemeinschaft der Länderumweltminister und des Bundesumweltministeriums. Mindestens einige, wenn nicht alle diese Minister und Ministerinnen suchen die Veröffentlichung des Vogelschutzwarten-Papiers zu verhindern oder es wenigstens in seiner Substanz zu schwächen. Im letzten Jahr hatten sie die Veröffentlichung von der Zustimmung des Bundesverbandes Windenergie abhängig machen wollen und die Katze aus dem Sack gelassen. Die EGE schrieb damals, es sei so, als würde die deutsche Ärzteschaft gezwungen, die Veröffentlichung ihres Memorandums über die Gefahren des Rauchens von der Zustimmung der Tabakindustrie abhängig zu machen.
Der Vorgang ist beispiellos in der Geschichte des deutschen Vogelschutzes, zeigt aber, wie weit der Einfluss der Windenergiewirtschaft reicht. Den Vogelschutzorganisationen fällt seit Monaten nichts Besseres ein, als die unverzügliche Veröffentlichung des Papiers zu fordern. Wenn ihnen überhaupt etwas einfällt. Der Artenschutz ist in diesem Lande die Beute der Funktionäre einer neuen Energiewirtschaft, die ebenso wenig Rücksicht auf Natur und Landschaft nimmt wie Atom- und Kohlewirtschaft Jahrzehnte zuvor, sich aber als Heilsbringer präsentiert.
Wie gut, dass die Zeitschrift “Naturschutz und Landschaftsplanung” in Heft 12/2014 den Beitrag von Matthias Schreiber “Anmerkungen zur aktuellen Fachkonvention der Vogelschutzwarten – Artenschutz und Windenergieanlagen” veröffentlicht hat. Damit sind die Empfehlungen der Vogelschutzwarten nämlich an sich in der Welt. Der Widerstand gegen das Vogelschutzwarten-Papier entzündet sich vor allem an dem Abstand von 1.500 m, den Windenergieanlagen zu Rotmilan-Vorkommen einhalten sollten. An Windenergieanlagen in Deutschland verunglücken Rotmilane in so großer Zahl, dass die Verluste bereits ein populationsrelevantes Niveau erreichen. Deutschland trägt für den Schutz der Art eine nationale Verantwortung, weil etwa 60 Prozent des Weltbestandes der Art in Deutschland leben. Die Marginalisierung des Naturschutzes im Namen der Energiewende ist ein großes Geschäft wie die Energiewende selbst. Dass die Rechnung der Branche aufgeht, verdankt sie einer unheiligen Allianz aus profaner Gier, Heilsversprechen und naturwissenschaftlicher Ahnungslosigkeit.

Masterplan Ems im Niedersächsischen Landtag – Meyers Marionettentheater: kein Wort zum Umwelt- und Naturschutz

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Puppetmaster

Zweimal Bern(h)ard: Die Montage zeigt Werftchef Bernard Meyer, der den Landrat des Landkreises Leer, Bernhard Bramlage (SPD), zappeln lässt

Der Masterplan Ems, der angeblich bis 2050 die ökologischen Probleme der Ems lösen soll, war Beratungsgegenstand im Niedersächsischen Landtag. Um es vorweg zu sagen: Alle (!) Fraktionen, sogar die “ökologischen” Grünen, die auch Regierungspartei sind,  sprachen sich für die Umsetzung dieses Planes aus, und erhöhen damit den Druck auf den Landkreis Leer, der sich mit der Unterschrift noch ziert, diesem gemeinsamen Machwerk der Umweltorganisationen BUND, NABU, WWF, Land Niedersachsen und der Bundesregierung zuzustimmen. Niedersachsen muss bis zum 31. März 2015 den Masterplan Ems beschlossen haben, sonst droht eine Millionenstrafe von der EU.

Ziel ist es, die Wasserqualität der Ems bis 2050 zu verbessern und zugleich der Meyer Werft in Papenburg die Nutzung des Flusses für die Überführung ihrer Kreuzfahrtschiffe zur Nordsee zu ermöglichen. Damit der Plan in Kraft treten kann, fehlt nur noch das Ja des Landkreises Leer. Nur: Die Maßnahmen des Masterplanes, die mit Flächenaufläufen und Renaturierungen von ca. 700 Hektar landwirtschaftlichen Flächen auch weit außerhalb der Ems die EU-Kommission ruhig stellen sollen, können gar nicht zur Verbesserung der Wasserqualität der Ems beitragen. Die Landwirtschaft protestiert derweil schon vehement gegen den Flächenanspruch. Es geht lediglich um den Erhalt der Meyer Werft, der an einem viel zu kleinen Fluss viel zu große Schiffe baut. Dafür muss der Fluss ständig auf Tiefe gebaggert werden, um die riesigen Kreuzfahrtschiff ans seeschifftiefe Wasser überführen zu können; zurück in die Werft an der Ems kommen diese Riesenschiffe nie mehr. Die ständigen, millionenteuren Ausbaggerungen – vom Steuerzahler finanziert – erhöhen den Schlickeintrag und die Fließgeschwindigkeit des Flusses und verursachen Trübungen und Sauerstoffzehrung. Damit ist der Fluss biologisch so gut wie tot!

Das Bemerkenswerte: Die Ostfriesen Zeitung berichtete am 20. März 2015 über die Landtagsdebatte. Mit einem PC-Programm „Tag-Cloud-Generator“ fütterte die Redaktion das Redemanuskript von Ministerpräsident Weil. Dabei kam heraus, welche Begriffe in der Rede besonders häufig fielen: Arbeitsplätze, Masterplan, Meyer Werft, Verantwortung . Von der Verantwortung für den Naturraum Ems, der im Unterlauf auch dem Schutz der Natura-2000-Richtlinien der EU unterliegt, war indes nicht die Rede. Die Begriffe wie „Umwelt“ und „Natur“ tauchten laut OZ-Berichterstattung so selten auf, dass sie durchs Raster des Computerprogramms fielen oder gar nicht vorhanden waren. Auch daran lässt sich ablesen wie „gut“ Umwelt- und Naturschutzbelange in diesem Lande politisch aufgehoben sind und wie Herr Meyer seine Marionetten zappeln lässt, bis in den Landtag hinein. Bleibt zu hoffen, das die EU-Kommission diese Machenschaften durchschaut und den Masterplan dahin befördert, wo er hingehört: in den Papierkorb. Die Umweltorganisationen BUND, NABU und WWF werden an der Küste als vorgebliche Anwälte der Natur schon lange nicht mehr ernst genommen.

Die "Quantum of the Seas" wird durch die Ems an die Küste gequetscht, Foto (C): Eilert Voß

Die “Quantum of the Seas” wird durch die Ems an die Küste gequetscht, Foto (C): Eilert Voß

Link: taz-Bericht vom 16. März 2015: Fluss ohne Zukunft – Kampf um die Ems entschieden – Niedersachsens Landesregierung und Landkreis Leer erzielen Einigung über den Masterplan Ems. Damit wird das Gewässer aber nicht gerettet.

Vipera, der Lenz ist da!

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Sonnebadende Kreuzotter im NSG "Ewiges Meer", Foto (C): Manfred Knake

Sonnenbadende Kreuzotter im NSG “Ewiges Meer”, Foto (C): Manfred Knake

Es ist Frühling geworden, unübersehbar. Diese Kreuzotter (Vipera berus) nahm eines ihrer ersten Sonnenbäder des Jahres bei 5 Grad Celsius Schattentemperatur. Fotografiert wurde sie im Naturschutzgebiet „Ewiges Meer“, das in den Landkreisen Wittmund und Aurich liegt. Die Schlange ließ sich auch von den vielen Spaziergängern nicht stören, die in nur einem Meter Abstand an dem Tier vorbeiliefen. Das Hochmoorgebiet mit seinem „Meer“, dem größten Hochmoorsee Deutschlands, ist Lebensraum von vielen Tier- und Pflanzenarten des Hochmoores. Bemerkenswert sind die noch regelmäßig auftretenden wenigen Brutpaare der Trauerseeschwalbe.

Masterplan Ems: Landkreis Leer umgefallen, CDU zieht sich den Zorn der Bauern zu

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Masterplan_Meyer-an-die-Kueste

Kreistagssitzung in der Ostfriesland-Halle in Leer. Die blau-gelb Uniformierten sind Beschäftigte der Meyer Werft. Foto (C): Eilert Voß

Erst zierte sich der Landkreis Leer, dann fiel er um, mit ihm auch die CDU, die eigentlich im Sinne der Landwirte gegen den Masterplan Ems stimmten wollte. Noch am 08. März verkündete der CDU-Kreisvorstand Leer: „Masterplan Ems: CDU-Kreisvorstand steht hinter ´Nein´ der Kreistagsfraktion“. Der Masterplan, hinter verschlossenen Türen mit der niedersächsischen Landesregierung, den Umweltorganisation BUND, NABU und WWF und Vertretern der Bundesregierung ausgekungelt, soll die Ems bis 2050 retten, angeblich. Die Wasserqualität der Ems, im Unterlauf auch Natura-2000-Schutzgebiet der EU, ist dermaßen schlecht, dass die EU-Kommission auf Änderungen drängt; wenn diese nicht kommen, drohen dem Land Millionen teure Strafzahlungen, und die will das Land verhindern. Ursache sind vor allem die ständigen und ebenfalls Millionen teuren ständigen Unterhaltungsbaggerungen im Fluss – vom Steuerzahler bezahlt -, damit die riesigen Kreuzfahrtschiffe der Meyer Werft, im binnenländischen Papenburg gebaut, überhaupt an die Küste überführt werden können. Die Meyer Werft ist das Hätschelkind auch der derzeitigen rot-grünen Landesregierung, wegen des Prestiges mit den Luxusdampfern und den Arbeitsplätzen, der Fluss geriet dabei unter die Propeller der Bagger, nachhaltig. Der Masterplan hing nur noch von der Zustimmung des Landkreises Leer ab, der den Vertrag nun nach ständiger Massage aus Hannover mit 26 zu 23 Stimmen am 24. März 2015 knapp annahm.

Foto (C): Eilert Voß

Foto (C): Eilert Voß

Die CDU wollte zunächst die Interessen der Bauern wahren, denen für den Masterplan 700 Hektar Flächen im weiteren Einzugsbereich der Ems für die Renaturierungen genommen werden sollten. Dies würde der Ems aber überhaupt nichts nützen, es ist reine Kosmetik für die EU-Kommission. Die Bauern machten mit Treckerkolonnen und Protestplakaten ebenfalls Druck im Vorfeld der Abstimmung im Landkreis Leer. Nun, nach erfolgtem Beschluss, entlud sich ihr Zorn gegen die umgefallene CDU, in Großwolde wurde eine CDU-Puppe abgefackelt.

Die von den Medien viel beachtete entscheidende Kreistagssitzung fand in der Ostfriesland-Halle in Leer statt. Die Meyer Werft hatte Busladungen von Beschäftigten als Zuhörer herangekarrt, hunderte Zuhörer aus der Landwirtschaft und einige Naturschutzvertreter, auch vom Wattenrat, saßen ebenfalls in der Halle. Unser Aktivist Eilert Voß betrat in Trauerkleidung mit seinem bewährten Pappschild „Meyer an die Küste“ die Halle, und wurde spontan mit lautem Beifall von der Zuschauertribüne bedacht. Die Ems-Initiative „Dyklopers“ erschien mit einem Trauerkranz und Schleife.

Foto (C): Eilert Voß

Foto (C): Eilert Voß

Nur das ist aber der Kern dieser Politposse zur Beruhigung der EU-Kommission: Eine Werft, die diese riesigen Schiffe baut, gehört ans seeschifftiefe Wasser, nicht ins Binnenland. Überwiegend diese Werft schafft die bekannten Probleme an der viel zu tief gebaggerten Ems: Strömungszunahme, Verschlickung, Sauerstoffzehrung. Das weiß jeder Landespolitiker, aber die Mehrheit dieser „Volksvertreter“ hat nicht genug Hintern in der Hose (oder Hirn im Kopf), um diese bekannten Probleme auch angemessen zu lösen, Stimmungsdemokraten. Nur eine Verlagerung der Produktion der riesigen Kreuzfahrtschiffe mit dem Verzicht auf die ständigen Tiefenbaggerungen kann der Beginn der Flusssanierung sein.

Dabei steht außer Frage, dass auf der Werft weiterhin kleinere Schiffe oder Schiffssektionen für die Kreuzfahrtschiffe gebaut werden können. Derzeit ist es aber umgekehrt: Flusskreuzfahrtschiffe werden auf der Meyer-eigenen Neptun Werft in Rostock am Meer gebaut, ebenso die riesigen Schiffssektionen, die ebenfalls in Rostock und in Polen vorfabriziert und dann auf Pontons über die Ostsee und die Nordsee nach Papenburg geschleppt werden; das ist Irrsinn, oder Schilda! Die Politik aber verrennt sich in immer abstrusere vorgebliche „Lösungen“ des Problems, die nur der Meyer Werft nützen, nicht aber dem Fluss. Der Masterplan unterbindet nicht die ständigen Baggerarbeiten in der Ems für die riesigen Musikdampfer und trägt nichts zur Qualitätsverbesserung des Flusses bei.

Foto (C): Eilert Voß

Foto (C): Eilert Voß

Der Ems wäre aber allein mit der Auslagerung des Kreuzfahrtschiffsbau an die Küste nicht geholfen, nicht nur der Fluss, auch die Emsvorländereien -obwohl Vogelschutzgebiete – sind nicht intakt: Statt jetzt einen 700 Hektar großen Flickenteppich landwirtschaftlicher Flächen weit ab von der Ems nach Masterplan zu renaturieren, müsste zunächst gewährleistet sein, dass in diesen Vogelschutzgebieten direkt an der Ems nicht mehr in der Brutzeit mit schwerem landwirtschaftlichen Gerät die Gelege ausgemäht werden, dass keine Gülle mehr ausgebracht und die Jagd auf Zugvögel eingestellt wird. Zusätzlich müssten diese unmittelbar an die Ems angrenzenden Flächen mit direkt im Verbund angrenzenden Feuchtgebietsflächen ergänzt werden, als Naturschutzgebiete mit den erwähnten Nutzungseinschränkungen, unter Verzicht auf Graben- und Kleingewässerverfüllungen und ohne Neueinsaat von “Industriegräsern”. Ein Patchwork von willkürlich ausgewählten Masterplan-Flächen weit außerhalb des Einzugsgebietes der Ems ist nutzlos für den Fluss und das angrenzende Ökosystem. Nur das würde den streng geschützten Brut- und Rastvögeln helfen und z.B. auch den Seeadler dauerhaft wieder heimisch machen. Diese tatsächlichen Ems-Verbesserungen werden aber weder von NABU, BUND noch WWF, die einmal als Anwälte der Natur galten, unterstützt. Stattdessen agieren die Funktionäre dieser Organisationen an der Ems nur noch als Erfüllungsgehilfen einer unglaublich naturschutzfernen und -feindlichen Politik und eines Werftbesitzers. Hoffentlich merkt man in Brüssel, welches schändliches Schmierentheater an der Ems gespielt wird, dass die Einhaltung der von der EU geforderten Wasserrahmenrichtlinie nur trickreich umschifft und ausgesessen werden soll.

Die Betroffenen: äsende Gänse an der Ems, Foto (C): Eilert Voß

Die Betroffenen: äsende Gänse an der Ems, Foto (C): Eilert Voß

Der CDU-Fraktionsvorsitzende im Kreistag von Leer ist Dieter Baumann, der sich den wütenden Bauern auf der entscheidenden Kreistagssitzung in der Ostfriesland-Halle laut und falsch andiente, sie seien “die besseren Naturschützer”. Die „hartnäckige Haltung“ der CDU im Landkreis Leer, die dem „politischen Frieden an der Ems“ dienen soll und die schließlich zu einer Zustimmung zum Masterplan geführt hat, kann man unten nachlesen. Der Krieg gegen die Natur geht aber unvermindert weiter, unterstützt von der SPD, den Grünen und der CDU:

CDU- Kreistagsfraktion vom 20. März 2015: Masterplan: CDU stimmt mehrheitlich zu

1. Brief des Ministerpräsidenten mit Konkretisierungen und politischen Festlegungen des Landes; heute sind auch die Umweltverbände dieser Erklärung beigetreten (nach Gespräch mit MdL Ulf Thiele).
2. Beendigungsfrist neu vereinbart.
3. Zusage des Landkreises Emsland, die im Masterplan erklärte gleichmäßige Verteilung der landwirtschaftlichen Flächen durch konkrete Flächennachweise zu unterstützen. Danach sind im Landkreis Leer noch 250 bis 300 ha als verbindliche Obergrenze erforderlich. Dies muß auch durch Beschluß des Kreistages Leer bekräftigt werden.
4. Zusagen der Landesregierung, bei künftigen neuen oder zu ändernden Schutzgebietsausweisungen die vorrangige Zuständigkeit des Landkreises anzuerkennen.
5. Beteiligung der Vertreter der Landwirtschaft beim Flächenmanagement.
6. Das Leda-Jümme-Gebietes ist als EU-Vogelschutzgebiet ungeeignet.
Grundlage für die Zustimmung ist außerdem die Aussage der drei beteiligten Umweltverbände, dass ein möglicher Bedarf an Ausgleichs- und Ersatzflächen Teil der vereinbarten Fläche von 730 ha ist.

Heute berichtet auch die taz über das Spektakel in der Ostfriesland-Halle, in der sonst auch Vieh gehandelt wird:

taz-Nord, 25. März 2015:  Kompromiss beim Masterplan – Die Ems ist erledigt

Der Landkreis Leer hat dem Masterplan Ems zugestimmt. Dieser soll die tote Ems sanieren und es der Meyer-Werft ermöglichen, ihre Kreuzfahrtschiffe zur Nordsee zu bugsieren. Keiner weiß, wie das gehen soll […]

 

 

Rotorguillotine: tote Bussarde im Windpark Üssinghausen, LK Diepholz/NDS

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Bussardkopf, enthauptet durch eine Windkraftanlage im Windpark Üssinghausen/LK Diepholz/NDS, 25. März 2015

Bussardkopf, enthauptet durch eine Windkraftanlage im Windpark Üssinghausen/LK Diepholz/NDS, 25. März 2015

Zwei Bussarde, ca. 3 Jahre alt, wurden im Windpark Üssinghausen im LK Diepholz/NDS tot gefunden. Die Verletzungen deuten eindeutig auf eine Rotorkollision hin. Man kann Bussarde – und andere Greifvögel – häufig dabei beobachten, wie sie gezielt die Rotoren anfliegen. Es hat den Anschein, dass sie mit den Rotoren „spielen“, also diese immer wieder an- und darum herumfliegen. Da sich die Rotoren aber mit der Geschwindigkeit von Hubschrauberrotoren bewegen – was durch den enormen Durchmesser der Windkraftrotoren aber eher langsam erscheint – registrieren die Vögel nicht schnell genug, dass ständig ein Rotorblatt auf- oder absteigt und werden schließlich erschlagen. Erschlagene Vögel oder Fledermäuse findet man eher zufällig, weil es kaum systematisierte Nachsuchen gibt. Die Dunkelziffer der erschlagenen Vögel oder Fledermäuse ist also beträchtlich höher. Die Schlagopfer werden schnell von Füchsen oder Mardern verschleppt und gefressen. Die hier gefundenen Bussarde wurden so fotografiert, wie sie aufgefunden wurden. Die Staatliche Vogelschutzwarte des Landesamtes für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz Brandenburg trägt seit dem Jahr 2002 die verfügbare Daten zu Kollisionen von Vögeln und Fledermäusen an Windenergieanlagen in Europa und Deutschland zusammen, dort können solche Totfunde gemeldet werden. Wir danken Johann Beuke für die Überlassung der Bilder.

Toter Bussard, Windpark Üssinghausen/LK Diepholz/NDS, 25. März 2015

Toter Bussard, Windpark Üssinghausen/LK Diepholz/NDS, 25. März 2015

Enthaupteter Bussard, Windpark Üssinghausen/LK Diepholz/NDS, 25. März 2015

Enthaupteter Bussard, Windpark Üssinghausen/LK Diepholz/NDS, 25. März 2015

Fledermaustod an Windkraftanlagen: systematische Totfunderfassung in Lüchow-Dannenberg

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Fledermäuse als Windenergieopfer © Justus Maierhofer

Systematisch erfasste Totfunde von Fledermäusen unter Windkraftanlagen im LK Lüchow-Dannenberg/NDS, Foto (C): Justus Maierhofer

 

Gestern berichteten wir über zwei verunglückte Bussarde im Windpark Üssinghausen im Landkreis Diepholz. In diesem Beitrag wurde erwähnt, dass die Schlagopfer unter Windkraftanlagen in der Regel nicht systematisch erfasst werden, weil einfach das Personal fehlt. Die Dunkelzimmer der durch Windkraftanlagen getöteten Vögel und Fledermäuse ist also sehr hoch. Zu welchen erschreckenden Ergebnissen eine von der Karl-Kaus-Stiftung zusammen mit den Kreisgruppen des BUND und des NABU Lüchow-Dannenberg, des Vereins Naturkunde Lüchow e. V. und der Avifaunistischen Arbeitsgemeinschaft Lüchow-Dannenberg eine systematische Erfassung führt, berichtet die Gesellschaft zur Erhaltung der Eulen e.V. (EGE), deren Beitrag dazu wir nachfolgend mit freundlicher Genehmig veröffentlichen. Für das Foto bedanken wir uns bei Justus Maierhofer, Büro für Ökologie, Fauna und Flora, Lüchow.

Dass Naturschutzverbände etwas bewirken können und selbst gegenüber der oft übermächtig erscheinenden Windenergiewirtschaft keineswegs erfolglos sein müssen, zeigt die Initiative der Karl Kaus Stiftung für Tier und Natur, der Kreisgruppen des BUND und des NABU Lüchow-Dannenberg, des Vereins Naturkunde Lüchow e. V. und der Avifaunistischen Arbeitsgemeinschaft Lüchow-Dannenberg.
Diese Organisationen finanzierten die Suche nach Fledermäusen, die an Windenergieanlagen in dem niedersächsischen Landkreis Lüchow-Dannenberg zu Tode gekommen sind. Die beauftragten Fledermausfachleute Frank Manthey und Justus Maierhofer ermittelten 40 bis 50 tote Fledermäuse je Windpark und Saison. Unter diesen Voraussetzungen hätten die Anlagen nie in Betrieb gehen dürfen.
Die Naturschützer konfrontierten die Betreiber der Anlagen und den Landkreis, der den Anlagenbetrieb zugelassen hatte, mit den Zahlen. Wie nahezu alle in Deutschland errichteten 25.000 Windenergieanlagen sind die Anlagen ohne vorherige Untersuchungen der Fledermausfauna in Betrieb gegangen. Dass Fledermäuse an Windenergieanlagen ums Leben kommen können, hatten sich selbst Fledermausfachleute zunächst kaum vorstellen können. Sie lagen schlichtweg daneben. Heute schätzen Fachleute, dass an den bisher in Deutschland errichteten Anlagen jährlich eine Viertelmillion Fledermäuse sterben. Bedenkt man, dass viele Fledermausweibchen während der Jungenaufzucht buchstäblich der Schlag trifft und Fledermäuse nur ein Junges pro Jahr zur Welt bringen, wird das dramatische Ausmaß der Verluste ansatzweise sichtbar.
Die an den Anlagen im Landkreis Lüchow-Dannenberg ermittelten Todeszahlen können kaum folgenlos bleiben: Bei solchermaßen hohen Verlusten sind die Behörden befugt, ja sogar verpflichtet, unverzüglich Abschaltzeiten für die Anlagen festzulegen – und zwar für die Betreiber entschädigungslos. Mit Abschaltregelungen kann die Zahl der Todesopfer deutlich verringert werden. Der Landkreis Lüchow-Dannenberg als Zulassungsbehörde strebt nun solche nachträglichen Beschränkungen an.
In Lüchow-Dannenberg liegt der symbolträchtige Ort Gorleben, der als Standort für ein geplantes atomares Endlager bekannt ist. Angesichts des in dieser Region großen Widerstandes gegen die Atomwirtschaft könnte man verstehen, wollten Politik und Bevölkerung hier mit Windenergieanlagen ein Zeichen für eine alternative Energiepolitik setzen. Tatsächlich ist die örtliche Bevölkerung um energiepolitische Vernunft bemüht und nicht bereit, der Windenergiewirtschaft vorbehaltslos noch mehr Flächen für Windenergieanlagen zu opfern. Im Landkreis Lüchow-Dannenberg am Rande der ehemaligen deutsch-deutschen-Grenze haben sich vergleichsweise viele schöne Landschaften und Vorkommen seltener Arten erhalten. Die Bewohner der Region wissen um diesen Wert.
Dank der Ergebnisse des Schlagopfermonitorings werden die Opfer der Windenergiewirtschaft nun sichtbar und hoffentlich bald die notwendigen Abschaltregelungen getroffen. Die Gesellschaft zur Erhaltung der Eulen e. V. (EGE) hat die Initiative der Fledermausschützer als beispielhaft herausgestellt. Das Beispiel sollte Schule machen. Was könnte für die Sache des Fledermausschutzes erreicht werden, würden andere Naturschutzvereinigungen dem Beispiel aus dem Landkreis-Lüchow-Dannenberg folgen? Was, wenn Landes- und Bundesverbände von NABU und BUND nur 1 Prozent ihres jährlichen Spendenaufkommens für solche Untersuchungen bereitstellten? Zug um Zug könnte der Anlagenbetrieb fledermausfreundlich nachgesteuert werden. Leichter lassen sich Fledermäuse nicht schützen. Die Windenergiewirtschaft streicht zwar enorme Gewinne ein, ist aber zu einem Schlagopfermonitoring, das zu nachträglichen Abschaltregelungen führen könnte, bisher nicht bereit.
Wie gefährlich die Ergebnisse einer Opfersuche sein können, zeigt das vom Bundesumweltministerium geförderte Forschungsvorhaben zur “Entwicklung von Methoden zur Untersuchung und Reduktion des Kollisionsrisikos von Fledermäusen an Onshore-Windenergieanlagen”.
An den untersuchten Anlagen waren hohe Fledermausverluste von bis zu 57 Tieren je Anlage zwischen Juli und September eines Jahres festgestellt worden. Dort kam es bisher nur deswegen zu keinen nachträglichen Beschränkungen, weil die universitären Biologen sich zuvor gegenüber den Betreibern verpflichtet hatten, die betreffenden Anlagen geheim zu halten. Das Bundesumweltministerium hatte die Untersuchungen mit mehr als einer Million Euro finanziert. Die EGE hatte diesen Skandal im August 2013 öffentlich gemacht, was ein großes Medienecho auslöste. Bundes- und Landesverbände der großen Naturschutzvereinigungen indessen haben zu dem Vorgang geschwiegen.


Ende eines Rechtsstreites: illegal gebaute Umgehungsstraße Bensersiel wird Boßelstrecke

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Ende eines Rechtsstreites: Die illegal gebaute Umgehungsstraße Bensersiel/Stadt Esens durch ein Vogelschutzgebiet wird nun eine Sportstätte: eine autofreie Strecke für den Friesensport Boßeln

Die unendliche Geschichte um die Umgehungsstraße Bensersiel ist beendet: Der Kläger, die Stadt Esens und der Deutsche Sportbund (DSB) einigten sich auf eine Widmung der Straße als autofreie und gefahrlose Boßelstrecke. Beim friesischen Boßelsport wird von mehreren Mannschaften wettkampfmäßig eine Holz- oder Kunststoffkugel geworfen, dafür werden öffentliche Straßen benutzt. Der Kläger und Grundstückseigentümer, auf dessen Grundbesitz die Straße rechtswidrig auch mit öffentlichen Mitteln gebaut wurde, hatte zunächst die Sperrung der Straße und den Rückbau auf Kosten der Stadt Esens angestrebt. Nach zähen Verhandlungen, an dem auch das Umweltministerium beteiligt war, wurde nun eine Lösung erreicht. Der Kläger wird aus Sportfördermitteln der EU entschädigt, die Straße geht in das Eigentum des Landkreises über und die Stadt Esens verpflichtet sich im Gegenzug, für die Unterhaltung der Straße zu sorgen. Angedacht ist auch der Bau einer Indoor-Boßelhalle mit einem Restaurationsbetrieb auf der Fläche zwischen der Umgehungstrasse und dem südlichen Ortsrand von Bensersiel, um den Boßelnachwuchs zu fördern und das touristische Angebot zu verbessern. Die Umweltverbände signalisierten ihre Zustimmung, wenn ein Feuchtbiotop an der Straße angelegt werde.

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Nicht alle haben es gemerkt und es sogar für bare Münze genommen, aber dies war natürlich ein Aprilscherz!

Wattenmeer-Windpark “Nordergründe” am Nationalpark Wattenmeer wird von Senvion gebaut, Anlagen mehr als 200 Meter hoch

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WEA_Nonnengaense-Wybelsum

Windkraftanlagen in Vogelzuggebieten sind eigentlich nicht genehmigungsfähig, es sei denn, man schreibt die Gutachten “schön”. Bei unsichtigem Wetter verunglücken viele Vögel an Windkraftanlagen. Hier: Nonnengänse an der Ems, Wybelsumer Polder am Dollart, EU-Vogelschutzgebiet. Foto (C): Eilert Voß

Nun wird es ernst im niedersächsischen Wattenmeer: Der Bremer Projektierer “Energiekontor” verkaufte das Projekt des geplanten Windparks “Nordergründe” im Wattenmeer der Außenweser zwischen Wangerooge und Cuxhaven bereits 2013 an den Bremer Projektentwickler wpd. Käuferin ist eine Tochtergesellschaft der wpd Offshore GmbH. Der Vertrag über die Windturbinen wurde im Februar 2015 unterzeichnet.

Der Windpark soll nur ca. 570 Meter von den Grenzen des Nationalparks Niedersächsisches Wattenmeer (Weltnaturerbe, EU-Vogelschutzgebiet,Feuchtgebiet von internationaler Bedeutung, Biosphärenreservat) mit 18 Anlagen des Herstellers Senvion, über 200 Meter hoch, errichtet werden, genau in der Flugroute von abertausenden durchziehenden Vögeln. Das Land Niedersachsen hat diese Planungen als Near-Shore-Windpark stets unterstützt. Der Naturschutzverband BUND-Niedersachsen hatte 2010 als “anerkannter Naturschutzverband” gegen den Windpark im Wattenmeer geklagt, die Klage aber dann gegen die vom Land Niedersachsen in Aussicht gestellten mehr als 800.000 Euro für eine BUND-Stiftung aus den Kompensationsgeldern, die eigentlich der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) verwalten sollte, zurückgezogen.

Das führte zu einem großen Medienecho und dem Austritt des BUND-Gründers und Dirigenten Enoch Freiherr zu Guttenberg aus dem Verband, der auch vom Wattenrat verbreitet wurde: http://www.wattenrat.de/2012/05/12/bund-grundungsmitglied-freiherr-zu-guttenberg-tritt-aus-dem-verband-aus-mir-reicht-es/

Die Nähe des Windparks zum UNESCO-Weltnaturerbe und Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer müsste eigentlich den Entzug des UNESCO-Welterbetitels nach sich ziehen. Die naturschutzfachlichen Empfehlungen des Niedersächsischen Landkreistages (NLT-Papier, das zwar räumlich nicht für die Küstengewässer gilt, aber dessen Aussagen auf den Nationalpark Wattenmeer übertragbar sind) und der Länderarbeitsgemeinschaft der Vogelschutzwarten (LAG, Helgoländer Papier) sehen Abstände von mindestens 1200 Metern von Windkraftanlagen zu europäischen Vogelschutzgebieten und Feuchtgebieten internationaler Bedeutung vor, dazu gehört auch der Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer. Diese fachlichen Abstandsempfehlungen werden von Gerichten als Orientierungshilfe anerkannt. Mit dem Windpark entstehen zudem 18 künstliche Riffe an vielbefahrenen Schifffahrtswegen.

Von den 15 Naturschutzverbänden in Niedersachsen und der Nationalparkverwaltung in Wilhelmshaven sind bisher keine Reaktionen zu den aktuellen Windparkplanungen im Wattenmeer zu hören gewesen, die vorgeblichen “Anwälte der Natur” haben völlig versagt: Dies ist eine Bankrotterklärung des Verbändenaturschutzes, der auch aus staatlichen Fördertöpfen gespeist wird, und das macht zahm. Der Wattenrat Ostfriesland hatte diesen Skandal bereits 2011 publik gemacht. Der Schutzstatus des Nationalparks wird damit nur zu bedrucktem Papier, Zugvögel halten sich zudem nicht an willkürlich gezogene Grenzen!

Planungsgebiet des Winmdparks "Nordergründe" im niedersächsischen Wattenmeer

Planungsgebiet des Windparks “Nordergründe” im niedersächsischen Wattenmeer (gelbe Markierung), (C): Google Earth

Senvion Pressemitteilung: (Man beachte die Desinformation über die vorgebliche “Stromversorgung der Haushalte”. Zur verlässlichen Stromversorgung sind Windkraftwerke wegen der völlig unregelmäßigen Einspeisung ins Stromnetz überhaupt nicht geeignet; die notwendige Grundlast und Regelenergie wird von Wärmekraftwerken bereitgestellt, ohne die die Windkraftwerke gar nicht einspeisen können!)

23. Februar 2015

Senvion liefert 18 Turbinen für Offshore-Windpark Nordergründe

Hamburg: Die Senvion SE, eine hundertprozentige Tochtergesellschaft innerhalb von Suzlon, dem fünftgrößten* Windenergieanlagenhersteller der Welt, liefert 18 Windenergieanlagen für den Offshore-Windpark Nordergründe in der deutschen Nordsee. Das Projekt wird von der wpd offshore GmbH innerhalb der 12-Seemeilen-Zone, etwa 40 Kilometer nordwestlich von Bremerhaven, errichtet. Den Vertrag für die Lieferung, Installation und Inbetriebnahme der 18 Senvion 6.2M126 haben die Unternehmen am 20. Februar in Bremen unterschrieben. Jede Turbine verfügt über eine Nennleistung von 6,15 Megawatt (MW) und kann damit rund 4.000 Haushalte mit Strom versorgen. Nach der geplanten Fertigstellung im Herbst 2016 wird der Offshore-Windpark Nordergründe über eine installierte Leistung von rund 111 MW verfügen und umgerechnet mehr als 70.000 Haushalte im Jahr mit Strom versorgen.

Andreas Nauen, Vorstandsvorsitzender Senvion SE, sagt: „Zu einer erfolgreichen Energiewende gehört Offshore-Windenergie: klare Rahmenbedingungen sorgen endlich erneut für Auftragseingang. Wir freuen uns sehr, dass bei diesem Windpark des Bremer Unternehmens wpd unsere Turbinen und Rotorblätter aus Bremerhaven zum Einsatz kommen. Es handelt sich um ein Projekt mit einer hohen lokalen Wertschöpfung. Dank der klaren Vergütungsregelungen im EEG haben unsere Kunden vorerst Planungssicherheit, aber die deutsche Offshore-Branche braucht zeitnah klare Signale für die Jahre nach 2019. Die Vorbereitung auf das EEG 3.0 ist der nächste Schritt, der bereits in diesem Jahr begonnen werden muss.“

Martin Günthner, Senator für Wirtschaft, Arbeit und Häfen der Freien Hansestadt Bremen, sagt: „Wir freuen uns, dass es mit dem neuen Auftrag in der Produktion von PowerBlades weitergeht. Das ist ein wichtiges Signal sowohl für die Offshore Branche als auch für die Region Bremerhaven. Heute ist mehr denn je klar geworden, dass die Kurzarbeit als Instrument für eine Überbrückungszeit richtig gewählt wurde. Vor allem möchte ich mich für die konstruktive Zusammenarbeit mit Senvion bedanken, dank der wir weiterhin einen Weg mit langfristiger Perspektive gehen können.“

Die Turbinen und Rotorblätter werden von Senvion und PowerBlades in Bremerhaven produziert. Von dort aus können die Komponenten auf dem Seeweg direkt zu ihrem Bestimmungsort befördert werden. Allein die Gondel ist so groß wie zwei Einfamilienhäuser und wird Offshore in 97 bis 100 Metern Nabenhöhe errichtet. Jedes Rotorblatt ist über 60 Meter lang und wiegt rund 23 Tonnen. Der Rotorstern hat einen Durchmesser von 126 Metern, wobei die überstrichene Fläche größer als zwei Fußballfelder ist.

Die Senvion 6.2M126 ist die bislang leistungsstärkste in Serie produzierte Offshore-Windenergieanlage weltweit. Senvion hat bereits 2004 den Einstieg in die Multimegawatt Klasse gewagt und verfügt seitdem über eine hervorragende Erfolgsbilanz. Kein anderer Hersteller verfügt heute über so umfangreiche Erfahrungen wie Senvion mit mehr als 140 auf hoher See installierten Turbinen der 5- und 6-Megawatt-Klasse.

Naturschutz in Deutschland mangelhaft: wieder Blauer Brief aus Brüssel

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Rinder und Säbelschnäbler. Foto (C): Eilert Voß

Rinder und Säbelschnäbler. Foto (C): Eilert Voß

Und schon wieder ein Blauer Brief der EU-Kommission aus Brüssel nach Deutschland. Es klappt mal wieder nicht mit der Umsetzung der Flora-Fauna-Habitatrichtlinie (FFH-RL), die nur unzureichend von der Bundesrepublik Deutschland umgesetzt wird. Wer die Wattenrat-Seiten regelmäßig liest, weiß, wovon die Rede ist. Naturschutz ist nicht mal mehr Gegenstand von Sonntagsreden der Politik, das fiel Horst Stern schon 1996 auf. Wir haben von der Gesellschaft zur Erhaltung der Eulen (EGE) abgekupfert und schließen uns deren Ansicht uneingeschränkt an. Es kann alles nur besser werden….

[…] dass die ungeheuerlich große ökologische Verschuldung Deutschlands traurige Realität ist, belegt der “Blaue Brief” aus Brüssel, den die EU-Umweltkommission kürzlich an den Außenminister Frank-Walter Steinmeier gerichtet hat. In dem Schreiben fasst die Kommission als Ergebnis ihrer Analyse und der Antwortschreiben Deutschlands die unzureichende Umsetzung der FFH-Richtlinie in Deutschland zusammen und stellt eine Vertragsverletzung fest. Deutschland steht demnach vor der Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens. Klicken Sie bitte hier (pdf-Datei, ca. 864 KB), wenn Sie das Schreiben lesen möchten.
Deutschland sitzt seit der Wiedervereinigung auf einem hohen Ross. Das zeigt sich nicht nur in der Finanzkrise gegenüber den Südländern oder in der Haltung gegenüber Russland. Vielleicht am wenigsten aber im Naturschutz, weil er für die Deutschen keine Rolle spielt. Die Deutschen sagen allen, wo es lang geht und sie wissen alles besser. Die bescheidenen Tage der in Bonn regierten Bundesrepublik sind Geschichte. Das Auftreten der Deutschen lässt gebotene Zurückhaltung vermissen.
Wie unangemessen sich Deutschland geriert, zeigen einmal mehr seine beträchtlichen Versäumnisse beim Aufbau des europäischen ökologischen Netzes Natura 2000. Im Zuge einer beispiellosen Ökonomisierung aller Daseinsbereiche zum finanziellen Vorteil einer Minderheit verletzt Deutschland seit mehr als 20 Jahren ungestraft die Kriterien des ökologischen Stabilitätspaktes, der 1992 in der FFH-Richtlinie geschlossen wurde. Die ökologische Verschuldung Deutschlands begrenzt weder eine Troika noch ein Sparkommissar. Die Hoffnungen des Naturschutzes richten sich allein auf den Europäischen Gerichtshof, der bei für Deutschland negativem Ausgang eines Vertragsverletzungsverfahrens Deutschland zu hohen Strafgeldern verurteilen könnte. Noch ist es nicht so weit. Aber, wer diese zu zahlen hat, steht bereits fest: Wie in Griechenland die, die von der Verschuldung – ganz gleich, ob finanzielle oder ökologische – am wenigsten profitiert haben. Die Strafgelder für die Bedienungsmentalität einer Minderheit zahlt die Allgemeinheit. Dieses Prinzip ist kein Naturgesetz, zählt aber unangefochten zum europäischen Wertekanon und ist Teil der Krise der Gemeinschaft.

dpa-Bericht: Windkraftprimus aus Aurich – Enercon mit sich zufrieden

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Enercon-Anlagen im Wybelsumer Polder an der Ems, Nähe Dollart, EU-Vogelschutzgebiet, Foto (C): Eilert Voß

Enercon-Anlagen im Wybelsumer Polder an der Ems, Nähe Dollart, EU-Vogelschutzgebiet, Foto (C): Eilert Voß

Ab und zu gelingt es einem Journalisten mit Hilfe des „Bundesanzeigers“ , etwas Licht in das verzweigte Dunkel der Geschäftstätigkeiten des Windkraftriesen Enercon zu bringen. Den nachfolgenden Bericht veröffentlichen wir mit freundlicher Genehmigung der dpa Deutsche Presse-Agentur GmbH, Hamburg:

02. April 2015
Windkraftprimus aus Aurich – Enercon mit sich zufrieden
Inzwischen sind die Ostfriesen die Nummer Drei der Windkraftwelt. Doch das enorme Wachstum fordert offensichtlich Tribut: Seit kurzem werkelt Enercon an einer Reform seiner Konzernstruktur.
Von Heiko Lossie

Aurich Der Windkraft-Branchenriese Enercon ist in der ersten Jahreshälfte 2014 nach eigenen Angaben gut unterwegs gewesen. „Die ersten Monate des laufenden Geschäftsjahres entsprachen den eigenen Erwartungen“, heißt es laut Bundesanzeiger in der jüngsten Bilanz der Enercon-Holding UEE mit Stand Mai 2014. Der deutsche Marktführer aus dem ostfriesischen Aurich gilt als verschwiegen, die Pflicht zur Bekanntgabe von Kennzahlen im Bundesanzeiger ist stets die einzige Informationsquelle über das Stiftungsunternehmen, hinter dem der im Emsland geborene Ingenieur Aloys Wobben (63) steht.
Der Prognose zufolge plante Enercon, 2014 Anlagen mit einer Leistung zwischen 3700 und 4000 Megawatt auszuliefern. Im Vorjahr 2013 waren knapp 3700 Megawatt zusammengekommen. Damit hatte Enercon das eigene Ziel um gut 5 Prozent übertroffen. Mit 4,9 Milliarden Euro waren die Umsätze 2013 im Vorjahresvergleich jedoch um 3,5 Prozent rückläufig. Der Export machte 2013 gut die Hälfte (59 Prozent) aus. Während die Erlöse im Inland um 23 Prozent zulegten, gaben sie im Ausland um 19 Prozent nach. Unter dem Strich standen bei der Holding 473 Millionen Euro, was einen Einbruch um gut gut 22 Prozent bedeutete.
Ein ähnliches Bild ergab sich beim Ergebnis vor Steuern, das um gut 200 Millionen Euro auf 712 Millionen Euro absackte. Dennoch habe man die selbstgesteckten Ziele übertroffen, und zwar „trotz der anhaltenden Verunsicherungen an den Finanzmärkten und trotz des sich fortsetzenden Wettbewerbsdrucks“, schreibt das Unternehmen.
Wie aus den Angaben hervorgeht, hat Enercon seit 2012 eine Art Hausbank – mit rund 450 Millionen Euro Kapital, dessen Löwenanteil aus verzinslichen Wertpapieren besteht. Die Aufgabe der Tochter sei es, „die gruppeninternen Finanzierungsaufgaben abzubilden sowie die Mittelverwaltung zu bündeln“. Außerdem kämpft Enercon offensichtlich mit der eigenen Komplexität. So seien „Maßnahmen zur Schärfung der Kernstruktur geplant“. Dabei gehe es um „eine Bündelung der Fachkompetenzen in organisatorisch ausgelagerten Einheiten“. Unter der Holding steht ein Geflecht aus Töchtern mit diversen Aufgaben. Die Enercon-Pressestelle war am Donnerstag nicht zu erreichen.
Enercon nannte für 2013 einen Weltmarktanteil von 10 Prozent. Für Europa sei es gut ein Viertel (2012: 23 Prozent) und in Deutschland 47 Prozent, ohne die Anlagen vor der Küste sogar mehr als die Hälfte. Enercon verzichtet aus strategischen Gründen auf Offshore-Geschäfte.
Weltweit rangieren nur noch Vestas und Goldwind vor Enercon. Jedoch schreiben die Ostfriesen: „Aufgrund des anhaltenden Preiskampfes gehen wir mittelfristig von einer Marktkonsolidierung auf Herstellerseite aus, erwarten aber selber nicht substanzgefährdend in Mitleidenschaft gezogen zu werden.“ Grund für den wachsenden Druck sei die Marktentwicklung in China, den USA und Indien. Sie bringe zu große Fabrikkapazitäten. Enercon sieht sich aber nicht betroffen.
Die Holding zählte 2013 im Vorjahresvergleich mit 3699 Menschen rund 140 Mitarbeiter weniger. Einen Abbau gab es vor allem im Ausland, wo die Zahl der durchschnittlichen Mitarbeiterstärke von knapp 2400 auf 2060 sank. Mit einer Eigenkapitalquote von mehr als 50 Prozent gilt Enercon als solide durchfinanziert und als kaum von Banken abhängig.
Enercon ist ein Profiteur der Energiewende, die der Windkraftbranche über das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) mit Aufschlägen auf den Strompreis eine sichere Wachstumsbasis bietet. Ein durchschnittlicher Haushalt zahlte im Jahr 2014 mehr als 200 Euro EEG-Umlage.
Laut Industrieverbänden hatte es 2014 bundesweit einen Rekordzubau in der Windkraft von 4750 Megawatt bei 1766 Anlagen gegeben. Die Branche dringt auf mehr Tempo. Doch die immer höheren Anlagen mit längeren Flügeln sorgen auch für Konflikte mit Anwohnern und dem Naturschutz.

Intensivlandwirtschaft am Dollart/NL: „süße, wohlbekannte Düfte“?

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Gülletransporter beim Umpumpen in den Feldrandcontainer, Foto (C): Eilert Voß

Gülletransporter beim Umpumpen in den Feldrandcontainer, man beachte die Gewässerverschmutzung, Foto (C): Eilert Voß

Abgesehen von den landwirtschaftlichen Nutzpflanzen entwickeln sich riesige Polderbereiche südlich des Dollarts in den Niederlanden zu lebensfeindlichen Wüsten. Die „süßen, wohlbekannten Düfte“ aus dem Frühlingsgedicht von Eduard Mörike sind beißendem Gülle- und Giftgestank gewichen. Auf fast jedem Quadratkilometer der Poldergebiete südöstlich von Delfzijl waren Anfang April Lohnunternehmer dabei, Gift zu spritzen oder Gülle mit dem Injektionsverfahren an mehrere hundert Meter langen Schläuchen in die Weizenfelder zu drücken. An zwei Stellen des Polders waren Feldrandcontainer aufgestellt, die von Sattelschleppern mit Tankauflieger angefahren und befüllt wurden. Die Tanklastzüge kamen von Mastställen der Umgebung und wurden dort mit Gülle aus der Massentierhaltung betankt. Am Container war ein 20 cm – Schlauch angeschlossen, der zu einer Zwischenpumpe zu einem Traktor mit Güllefass führte. Vom Güllefass führte eine lange Versorgungsleitung zu einem weiteren Traktor auf dem Weizenfeld, der die Gülle ausbrachte.

Bei dieser neuartigen Gülleverteilung (Gülleverschlauchung) mittels einer Verbindung zu einem stationären Container am Feldrand wird zwar die Bodenverdichtung mit einem schweren Güllefass verringert, kein Junghase, kein Nest eines Bodenbrüter kann aber hier noch überleben.

In den Niederlanden gelten für Gülletransporter strenge gesetzliche Auflagen mit vorgeschriebenen GPS-Geräten, die die Orte der Ausbringung überwachen. Alle Daten zum Herkunfts- und Zielort und die transportierten Mengen werden bei einer Behörde zentral erfasst. Es sind aber zahlreiche Fälle bekannt geworden, in denen niederländische Gülletransporter ihre überschüssige Fracht illegal und unkontrolliert ohne Einfuhrgenehmigung nach Deutschland lieferten und dazu die GPS-Geräte abgeschaltet wurden. Auch in Ostfriesland kann man seit einigen Jahren die großen Feldrandcontainer sehen, die von großen Tanklastern befüllt werden.

Umpumpen der Gülle, Foto (C): Eilert Voß

Umpumpen der Gülle, Foto (C): Eilert Voß

Entwässert werden die Polder über den sogenannten Boezemkanaal, der direkt an der Schleuse von Nieuwe Statenzijl in die Westerwolsche Aa und in den Dollart mündet. Gifte und Gülle der niederländischen Bauern, wenn sie durch Niederschläge ausgewaschen werden, gelangen so mit Zeitverzug auch direkt in den Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer („Weltnaturerbe“) in den Dollart.

Gewaltige Güllemengen werden an die Feldrandcontainer verteilt, Foto (C): Eilert Voß

Gewaltige Güllemengen werden an die Feldrandcontainer verteilt, Foto (C): Eilert Voß

Auf den Äckern zwischen Nieuwe Schanz und dem Punt van Reide sah unser Fotograf Eilert Voß keinen einzigen Feldhasen mehr. Außer wenigen Saatkrähen, einigen Möwen, einem Mäusebussard und einem kleinen Gänseschwarm in der Nähe eines Güllecontainers war das gesamte Gebiet vogelleer. Der „stumme Frühling“ auf diesen ausgeräumten und intensivst landwirtschaftlich genutzten Flächen ist nicht mehr allzu weit.

Traktoren an Schlauchleitungen bringen die Gülle mit Injektoren in den Boden ein, Foto (C): Eilert Voß

Landwirtschaftliche Nutzung bis direkt an die Wohnhäuser: Traktoren an Schlauchleitungen bringen die Gülle mit Injektoren in den Boden ein, Foto (C): Eilert Voß

Nicht nur Gülle, auch Pestizide und Herbizide belasten das Grundwasser. Foto (C): Eilert Voß

Nicht nur Gülle, auch Pestizide und Herbizide belasten das Grundwasser. Foto (C): Eilert Voß

Alle Fotos Eilert Voß, Widdelswehr, 09. April 2015

Schwarzbau Umgehungsstraße Bensersiel: “Heilung” durch “Neuabgrenzung” fragwürdig

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Schwarzbau: Umgehungsstraße Bensersiel, Foto (C): Manfred Knake

Schwarzbau: Umgehungsstraße Bensersiel, Foto (C): Manfred Knake

Der Schwarzbau der Umgehungsstraße („kommunale Entlastungsstraße“) in Bensersiel, Stadt Esens im Landkreis Wittmund/NDS, sorgt weiter für Schlagzeilen. Urteile des OVG Lüneburg (2013) und des Bundesverwaltungsgerichtes Leipzig (2014) erklärten die Bebauungspläne nach einer Klage des enteigneten und bis heute nicht entschädigten Landeigentümers für „rechtsunwirksam“. Im Februar 2015 urteilte das OVG Lüneburg erneut: Auch die Enteignung des Klägers war rechtswidrig.
Die Straße wurde also illegal, trotz rechtzeitiger warnender Hinweise im Beteiligungsverfahren – auch durch den Wattenrat – in einem EU-Vogelschutzgebiet gebaut, mit ca. 5,4 Millionen Euro aus öffentlichen Mitteln, Gesamtkosten fast 9 Millionen Euro. Der Stadt Esens droht ein teurer Rückbau der illegal gebauten Straße und die Rückzahlung der Fördermittel. Die Stadt will dieses finanzielle Desaster mit Hilfe des „grün“ geführten Niedersächsischen Umweltministeriums verhindern.
Eigentlich sind die Urteile der Gerichte eindeutig, eine „Heilung“ des Verfahrens ist demnach nicht möglich, aber sie wird versucht, mit einem äußerst trickreichen Verwaltungsverfahren der „Neuabgrenzung“ des Vogelschutzgebietes, damit die Straße „passend“ gemacht werden kann. Das Verfahren passierte am 03. Februar den Niedersächsischen Landtag und soll bis zum Herbst 2015 abgeschlossen sein. Zitat aus dem Schreiben des Umweltministeriums vom 04. März 2015 an den Wattenrat: “Mit Beschluss vom 03.02.2015 hat die Landesregierung die Gebietserweiterung des EU-VSG V63 im Bereich Bensersiel beschlossen und die Erweiterungsflächen als gemäß Artikel 4 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2009/147/ EG zur Erhaltung der wildlebenden Vogelarten – VRL – zu benennendes Gebiet ausgewählt.” (Ulrich Sippel, MU Niedersachsen, Abteilung Naturschutz, Wasserwirtschaft, Bodenschutz, Referat 27 – Biologische Vielfalt, Natura 2000, Schutzgebiete, Landschaftsplanung)

Dazu sollen ausgerechnet die durch den Straßenbau bereits entwerten Flächen zwischen dem Ortsrand von Bensersiel und der Umgehungsstraße westlich und südlich des Ortes neu in das Vogelschutzgebiet einbezogen werden. Die tatsächlich wertvollen Flächen östlich von Bensersiel werden nicht mit einbezogen, damit die Stadt Esens dort Bauland ausweisen kann. Mit der Neuabgrenzung würde Esens also doppelt profitieren: Die illegal gebaute Straße bliebe erhalten, und zusätzlich können in einem nationalparknahen Rastgebiet für Große Brachvögel Häuser gebaut werden. Das EU-Recht (Natura-2000-Richtlinien, im Englischen deutlicher “Directives”, also verbindliche Anweisungen) schreibt aber die Meldung der “zahlen- und flächenmäßig geeignetsten” Flächen vor, und nicht die die aus wirtschaftlichen Gründen gewünschten Flächen für die Stadt Esens.
Das Planungsbüro Thalen Consult (Neuenburg) hatte bereits im “Grünordnungsplan” zur Kommunalen Entlastungsstraße Bensersiel (Bebauungsplan Nr. 67 und 83. FNP-Änderung der Stadt Esens, also vor mehr als 10 Jahren) darauf hingewiesen, dass die direkt angrenzenden Flächen der Umgehungsstraße für bestimmte Vogelarten durch die Störwirkung bis zu einer Tiefe von 360 Meter entwertet würden. Genau diese ungeeigneten Flächen sollen aber jetzt der Kompensation der Neuabgrenzung dienen. Das Neuabgrenzungsverfahren durch das Umweltministerium in dieser Form ist für eine „Heilung“ des rechtswidrigen Straßenbaus völlig ungeeignet; es sind politische Tricksereien mit bedrucktem Papier, die in evtl. weiteren Gerichtsverfahren und vor der EU-Kommission, die das bewerten wird, kaum Bestand haben können.
Der mehrfach vor Gericht erfolgreiche Kläger hat eine eindrucksvolle Präsentation mit Argumenten zur Rechtswidrigkeit dieser Neuabgrenzung vorgelegt, die Sie hier nachlesen können: Bensersiel_Rechtswidrigkeit-Neuabgrenzung.

Die Lokalpresse berichtete ebenfalls sehr ausführlich, hier ein Beitrag vom 01. April 2015, der definitiv kein Aprilscherz ist:

Anzeiger für Harlingerland, Wittmund/NDS, print

S.1 und 4, 01. April 2015 [Anmerkung Wattenrat: Von den “Umweltverbänden” – 15 in Niedersachsen- sind öffentliche Äußerungen und Kritiken zur Umgehungstraße Besersiel seit Jahren nicht bekannt.]

Kläger werfen Land „Täuschung“ vor

ENTLASTUNGSSTRAßE Neuabgrenzung des Vogelschutzgebietes in Bensersiel „missachtet bereits ergangene Gerichtsurteile“

Nach Ansicht des Kläger- Ehepaares und auch von Umweltverbänden weisen die Pläne jedoch erhebliche naturschutzfachliche Mängel auf. Denn bei den neuen Flächen gehe man von „ausnahmslos veralteten, obsolet und irrelevant gewordenen ornithologischen Bestandsdaten aus“. Es handele sich bei der Neuabgrenzung um eine reine „Alibifunktion“. Die betroffenen Flächen seien früher unter anderem deshalb nicht in das Schutzgebiet einbezogen worden, weil die Stadt Esens sich diese als Bauerwartungsland reserviert und gekauft hat. Sollte die EU der Neuabgrenzung doch zustimmen, will die Stadt Esens einen neuen Bebauungsplan für die Straße aufstellen. Dies dürfte einige Zeit dauern; überdies sind weitere Rechtsverfahren nicht auszuschließen. Die Kläger sind sich sicher, dass auch die Neuabgrenzung vor deutschen oder europäischen Gerichten scheitern wird. Seite 4

Seite 4:

Kritik am Plan des Umweltministeriums

VERKEHR Kläger: Vorgesehene Neuabgrenzung des Vogelschutzgebietes stört Vergleichsverhandlungen

Umweltministerium hält am Vorhaben fest. Neuabgrenzung erfolge allein nach ornithologischen Kriterien.

BENSERSIEL/MH – Die niedersächsische Landesregierung hält an ihrem Plan fest, die illegal gebaute Ortskernentlastungsstraße durch eine Neuabgrenzung des EU-Vogelschutzgebietes V 63 „ostfriesische Seemarsch zwischen Norden und Esens“ im Nachhinein zu „heilen“. Juristisch ist dies sehr umstritten – die Kläger gegen die Straße haben sich darüber in einem mehrseitigen Schreiben an das niedersächsische Umweltministerium ausgelassen. Das Vorgehen der Landesregierung störe auch die Vergleichsverhandlungen mit der Stadt Esens. Die Kläger loben zwar ausdrücklich das „sehr positive und anerkennenswerte Engagement“ von Stadtdirektor Harald Hinrichs und einiger Ratsmitglieder wie Erwin Schultz. Mit der rechtswidrigen Abgrenzung des V 63 drohten aber weitere Gerichtsverfahren, „möglicherweise sogar auch als Vertragsverletzungsverfahren vor dem Europäischen Gerichtshof“, so die Kläger.

Da die Stadt Esens jedoch im Hinblick auf die Verwertbarkeit der Flächen um Bensersiel Planungssicherheit benötigt, sei eine europarechtskonforme Einigung derzeit nur sehr schwer möglich. Das Umweltministerium will aber an der Neuabgrenzung festhalten, wie aus einem Schreiben hervorgeht. Die Neuabgrenzung sei „allein nach
ornithologischen Kriterien und fachlichen Erwägungen erfolgt“, schreibt das Ministerium. Auf diese Weise wolle man dem „Mangel der 2007 fehlerhaft erfolgten Gebietsabgrenzung“ abhelfen.

Nach Angaben des Ministeriums hat das Landeskabinett am 3. Februar diesen Jahres die Gebietserweiterung für das Vogelschutzgebiet im Bereich Bensersiel  beschlossen und die Erweiterungsflächen als „zur Erhaltung der wildlebenden Vogelarten“ zu benennendes Gebiet ausgewählt. Die Kläger hingegen werfen dem niedersächsischen Umweltministerium vor, es habe, statt die von den Gerichten ausdrücklich gerügten Fehler zu heilen, in Kenntnis aller Umstände und der ergangenen und in vielen Stellungnahmen im Rahmen des Anhörungsverfahrens ausführlich vorgetragenen europäischen und deutschen Rechtsprechung dieselben Rechtsfehler wiederholt und somit nunmehr vorsätzlich „bewusst und gewollt“ gegen die europäische und deutsche Rechtsprechung verstoßen.

Trinkwasser: Zeitbombe Gülle

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Umpupen von Gülle aus einem Sattelschlepper in ein Schleppschlauch-Gespann, Esens/Ostfriesland, April 2015, Foto (C): Manfred Knake

Umpumpen von Gülle aus einem Sattelschlepper in ein Schleppschlauch-Gespann, Esens/Ostfriesland, April 2015, Foto (C): Manfred Knake

Neben der zunehmenden Massentierhaltung führt auch der Mais- und Biogasboom zu einer starken Düngung der Maisäcker mit Gülle und Gärresten. Was die Pflanzen nicht aufnehmen können, verbleibt im Boden, wird in Gewässer ausgewaschen oder sickert – gesundheitsgefährdend – ins Grundwasser.
Der Oldenburgisch Ostfriesische Wasserverband (OOWV), der Wasserversorger im Nordwesten Niedersachsens, macht seit Jahren auf das Problem aufmerksam, und sich damit keine Freunde bei den Landwirtschaftsfunktionären, die stets verärgert über die Kritik an der Gülleschwemme, die sich auch schon zur Abfallentsorgung ausweitet, reagieren. Die Bauern bekommen sogar Bares von den Trinkwasserversorgungsunternehmen für die Umsetzung von Grundwasserschutzmaßnahmen, also Geld dafür, dass sie das Grundwasser nicht verderben, eine Umkehrung des Verursacherprinzips! Der Grenzwert liegt bei 50 Milligramm Nitrat pro Liter; diese Grenzwerte werden – noch – vielerorts eingehalten, es ist aber abzusehen, dass sich sich erhöhen werden. Es dauert Jahre, bist die überschüssige Nährstofffracht in den Grundwasserhorizont einsickert.

Außerdem sind bereits, auch wenn das Nitrat selbst noch nicht bis im Grundwasser angekommen ist, in den tiefen Förderbrunnen seit Jahren steigende Sulfat-Werte messbar. Das Sulfat wird frei, wenn das Nitrat im Boden in Stickstoff und Sauerstoff umgewandelt wird. Im Landkreis Vechta wurde das bereits 1987 festgestellt. Der OOWV musste dort sieben Brunnen in 30 bis 80 Meter Tiefe schließen und 60 bis 120 Meter tiefe Ersatzbrunnen bohren. Jetzt erst, nach mehr als 25 Jahren, sind die alten Brunnen nach umfangreichem Sanierungsmaßnahmen wieder nutzbar. Strenge EU-Auflagen werden erst langsam in Deutschland umgesetzt, vor allem sollen nun auch die Gärreste aus Biogasanlagen mit in die Düngebilanz mit eingerechnet werden. Die Verschärfung der Auflagen wird von den Bauernverbänden überwiegend abgelehnt.

Feldrandcontainter (FRC) als Zwischenlager für Gülle, Bensersiel/Ostfriesland, im EU-Vogelschutzgebiet, Foto (C): Manfred Knake

Feldrandcontainer (FRC) als Zwischenlager für Gülle, Bensersiel/Ostfriesland, im EU-Vogelschutzgebiet, April 2015, Foto (C): Manfred Knake

In den Niederlanden werden die Bauern und ihre Güllefracht wesentlich strenger kontrolliert als in Deutschland. Über GPS werden die Ausbringungsorte festgehalten, die ausgebrachten Mengen werden genau protokolliert und zentral erfasst. Es ist mehrfach bekannt geworden, dass überschüssige niederländische Gülle illegal nach Deutschland exportiert und hier zusätzlich ausgebracht wurde.

Nachsatz: Dass durch das häufige Befahren der Ländereien mit schwerem Gerät bodenbrütende Vögel keine Chance mehr haben, ist inzwischen zur Binsenwahrheit geworden; dass durch die neuen sehr schweren Fahrzeuge auch die Wirtschaftswege und Anliegerstraßen in kürzester Zeit zerfahren werden, spricht sich gerade erst herum…

taz Nord, 18. März 2015

Thomas Schumacher:
OLDENBURG taz | Südlich von Oldenburg, etwa auf der Kreisstraße nach Garrel, hängt ein süßlicher Geruch in der Luft. Er ist gemischt mit dem von herber Gülle. Man bräuchte einen Schnaps, um den galligen Geschmack von der Zunge zu kriegen. Der Schluck aus der Pulle macht vielleicht duselig, ein Schluck aus dem Wasserhahn aber könnte einen pökeln.
Denn durch das Übermaß an Gülle sind Seen und Flüsse seit Langem über die Grenzwerte hinaus mit Nitrat belastet und allmählich dringt der schädliche Stoff in den Untergrund ein. Das Trinkwasser spendende Grundwasser sei mehr und mehr gefährdet, warnt der regionale Trinkwasserversorger, der Oldenburgisch-Ostfriesische Wasserverband (OOWV) aus Brake. Der Verband versorgt eine Million Verbraucher mit Trinkwasser und ist der größte Flächenanbieter in Deutschland.
Aus dem südlichen Oldenburgischen kommt Fleisch, das mit „alles frisch“, „Mühlenfrische“ und „bauernecht“ beworben wird. Von hier her kommt jedes zweite Hähnchen auf deutsche und ausländische Tische. Jede dritte in Deutschland verarbeitete Sau bekommt hier ihren finalen Stromstoß. Von hier kommt auch das Geschmäckle im Trinkwasser.
Das südliche Oldenburg ist das Zentrum der deutschen Massentierhaltung und „Fleischveredelung“. Entsprechende Produktionszahlen werden gerne auf die Gesamtfläche Niedersachsens verteilt. Aber hier in der Nähe Oldenburgs konzentrieren sich Schweine-, Rinder- und Hühnermastbetriebe, Schlachtfabriken und Wursthersteller wie nirgendwo in Deutschland. Und hier geht es auch dem Wasser an den Kragen. Denn Massentierhaltung und „Veredelung“ verbrauchen viel Wasser und erzeugen viel Abwasser.
Bereits im vergangenen Jahr warnte eine Studie des Niedersächsischen Landesbetriebes für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN), Deutschland könne die Vorschriften der EU zur Verbesserung der Wassergüte in Flüssen und Seen niemals einhalten. Die Vergiftung der Gewässer durch direkte oder diffuse Einleitungen von Schadstoffen sei zu groß. Deutschland droht ein Verfahren wegen Verletzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie.
Um das Düngen der Äcker mit Gülle zu regeln, hat die Bundesregierung einen Entwurf zur Novellierung der Düngeverordnung vorgelegt. Dieser wird derzeit abschließend im Bundesrat beraten. Der OOWV, andere Wasserversorger und kommunale Verbände lehnen den Entwurf ab. „Wenn der Entwurf der Bundesregierung zur Düngeverordnung in den nächsten Tagen wirklich vom Bundesrat verabschiedet wird, dann bekommen die Landwirte eine Lizenz zur Wasserverseuchung“, sagt Egon Harms vom OOWV.
Der Wasserverband hat im Oldenburgischen Flächen für Wasserschutzgebiete aufgekauft und diese aufgeforstet. Mit dem Wasserpfennig, den jeder Wasserverbraucher in Niedersachsen bezahlen muss, werden Landwirte unterstützt, wenn sie ihre Äcker in der Nähe dieser Wasserschutzgebiete schonend bewirtschaften.
„Wir haben lange Zeit halbwegs gut mit den Landwirten zusammengearbeitet“, sagt Harms. Doch mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) hätten sich die Verhältnisse seit 2004 gewandelt. Die Bauern haben Biogasanlagen errichtet, die sie mit Mais füttern. Zur der Gülle aus den Ställen kommen jetzt die Gärreste aus den Biogasanlagen – und das in einer Situation, in der ohnehin schon mehr Dünger anfällt als das Land verkraften kann. Der Überschuss an Nitrat versickert über die Jahre im Boden, bis er im Grundwasser anlangt, aus dem der Stoff nur mit viel Aufwand entfernt werden kann.
Und je mehr die Landwirte mästen, je intensiver sie die staatlich geförderten Biogasanlagen betreiben, desto mehr Flächen brauchen sie für den Anbau von Mais und zur Ausbringung der Gülle. Konsequenz: Die ohnehin knappen Flächen werden extrem teuer.
Um Cloppenburg herum sind die Preise für Pachtland von 50 Euro auf weit über 2.000 Euro pro Hektar jährlich gestiegen. „Da können wir nicht mehr mitbieten, um Wasserschutz einrichten zu können“, sagt Harms vom OOWV.


Kommunales Kettensägenmassaker an alten Eichen, zur Brutzeit!

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Eekenstraat ohne Eichen: Eine kleine Allee mit einer Wallhecke wurde in Windeseile platt gemacht

Text und Fotos (C): Manfred Knake, aus dem Koordinationsbüro des Wattenrates Ostfriesland

Holtgast ist eine  kleine Gemeinde im Landkreis Wittmund. Hier hat das Büro das Wattenrates seinen Sitz. Der Bürgermeister und der Rat profilieren sich mit immer neuen Baugebieten und tragen damit zur Zersiedelung des Ortes bei. Für das neue Baugebiet „Oll Schoolpadd“ in Holtgast wurden am 04. Mai an der „Eekenstraat“ (Eichenstraße) mehr als zehn ca. 80 bis 100 Jahre alte gesunde Eichen gefällt, mitten in der Brutzeit der Vögel. Verantwortlich für das Fällen ist die Gemeinde Holtgast, zuständig für die Planung und Erschließung ist das Ingenieurbüro Dr. Schwerdhelm & Tjardes GbR aus Schortens und die Grundstücks- und Projektmanagement-Gesellschaft LeerWittmund mbH (GPL). Die ausführende Firma, die die Bäume fällte, war die Baumschule Meyer aus Jever.

 

Der zuständige Bautechniker Rolf Brauner wurde von der Lokalzeitung „Anzeiger für Harlingerland am 06. Mai so zitiert: „`Das Abtragen des kleinen Walles und der Bäume ist beschlossene Sache der Gemeinde Holtgast und im Bebauungsplanverfahren so genehmigt.` Das sei ein übliches Vorgehen […]“

Mag sein, dass das Vorgehen heute “üblich” ist, aber es ist schlicht rechtswidrig. Das Bundesnaturschutzgesetz verbietet die Störung von besonders geschützten Arten zur Brut- und Fortpflanzungszeit. Verstöße können, wenn sie gewerblich verursacht werden, sogar als Straftat geahndet werden. Meine Nachsuche nach Bruthöhlen und Nestern am späten Nachmittag blieb erfolglos. Die Arbeitsstelle war bereits fein säuberlich abgeräumt, von den Baumstämmen war – bis auf die Baumstümpfe – nichts mehr zu sehen. Immerhin: Ein paar Bäume wurden von den Kettensägen verschont, vermutlich auf Anweisung der Unteren Naturschutzbehörde, die ich sofort in Kenntnis setzte.

Die zum Fällen vorgesehenen Bäume wurden auf der der Straße abgewandten Seite mit einem rosa Punkt markiert, sodass die Anwohner sie nicht sehen konnten. Dieser Vandalismus, ausgerechnet in der Brutzeit, stieß auf breite Empörung der Anwohner: „Im letzten Jahr hieß es noch, die Bäume sollten fachmännisch von toten Ästen befreit werden, jetzt haben wir einen totalen Kahlschlag, nun ist es eine Eekenstraat ohne Eichen!“ Ein Anwohner überklebte das Wort “Eeken” symbolisch mit Klebeband.

Die Bäume standen auf einem kleinen Wall, der an das neue Baugebiet grenzt. Für die neuen Zufahrten hätte es gereicht, so ein Anwohner, nur wenige Bäume zu entfernen. Bürgermeister Enno Ihnen, von mir schriftlich nach den Verantwortlichen gefragt, wich aus und verwies mich in einem Zweizeiler an die Entwicklungsgesellschaft GPL. Bürgermeister Ihnen (CDU) ist – bemerkenswerterweise – der Vorsitzende des Umwelt- und Naturschutzausschusses der Samtgemeinde Esens, zu der Holtgast gehört. Dazu fallen mir nur die Worte Bock und Gärtner ein…

Nach Zeitungsinformationen soll an anderer Stelle ein neuer Wall mit Baumbepflanzung als „Ausgleichsmaßnahme“ entstehen, nur wird das wieder einige Jahrzehnte dauern, bis sich eine lebendige Wallhecke entwickelt hat. Hätte ein Normalbürger zur Kettensäge gegriffen, wäre ein saftiges Bußgeld fällig gewesen, umso unverständlicher ist es, dass eine Gemeinde, die eigentlich Vorbild sein sollte, zu solchen drastischen Maßnahmen greift. Der geringe Stellenwert des Naturschutzes wird so wieder einmal deutlich demonstriert.

Aufschluss über die Rechtmäßigkeit der Fällaktion kann auch der sog. „Umweltbericht“ für den Bebauungsplan geben, in dem Aussagen zu Tieren und Pflanzen und deren Gefährdung enthalten sein müssen. Den habe ich angefordert,….

 

…Fortsetzung folgt.

Damwild auf der Insel Norderney: Freizeitjäger wollen Hirsche im Nationalpark hätscheln

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Damhirsch auf der Insel Norderney, Foto (C): Eilert Voß

Was für eine überflüssige und scheinheilige Diskussion um das Damwild auf Norderney! Eine Jägerschaft, sich bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit als vorgebliche “Naturschützer” hochstilisiert, sollte wissen, dass die Hirsche 1966 zur Ergänzung des Jagdwildes – also zur Jägerbespaßung – auf der Insel ausgesetzt wurden, nicht nur auf Norderney. Das ist eigentlich verboten, weil Damwild auf den Inseln natürlich nicht vorkommt. Ursprünglich stammt Damwild aus Klein- und Vorderasien.

§ 40 Bundesnaturschutzgesetz: ” 1) Es sind geeignete Maßnahmen zu treffen, um einer Gefährdung von Ökosystemen, Biotopen und Arten durch Tiere und Pflanzen nichtheimischer oder invasiver Arten entgegenzuwirken.”

Die Lösung ist doch ganz einfach: Da die Hirsche als Jagdwild ohnehin irgendwann in der Bratenröhre landen, kann man sie auf der übersichtlichen Insel auch bejagen oder einfangen und als Bambi zurück in einen Zoo oder Park geben, oder  in ein Gehege, wo sie kommerziell zur “Fleischproduktion” gehalten werden. Die Inseljäger machen sich mit ihren Rechtfertigungsversuchen zur Beibehaltung dieses “unpassenden” Hirsches auf der Insel nur lächerlich. Auch Frettchen (Marder), zur Kaninchenjagd auf die Inseln gebracht, sind inzwischen verwildert und bedrohen die Bodenbrüter im Nationalpark Wattenmeer, genau wie Hauskatzen. Die Nationalparkverwaltung in Wilhelmshaven ist also gefordert, konsequente Maßnahmen zur Entfernung des Damwildes von den Inseln durchzusetzen, fast 30 Jahre nach Ausweisung dieses Großschutzgebietes! Ein nicht ganz ernst gemeinter Rat: Wie wäre es mit ein paar Import-Wölfen als vorübergehende Pensionsgäste auf der Insel, zur Vermeidung der Beunruhigung der Wölfe außerhalb der Tourismussaison natürlich….?

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Damhirsch und Kormorane, Norderney, Südstrandpolder, Foto (C): Eilert Voß


Abdruck mit freundlicher Genehmigung der Redaktion:

Ostfriesischer Kurier, Norden/NDS, S. 9, 07. Mai 2015

Hegering: „Gibt keine Ideallösung“
Diskussion Stellungnahme zum Thema Damwild: Norderneyer Jäger wollen Fakten schaffen

Waidmänner weisen Schwarzen Peter von sich. Rahmen für Jagdausübung streng vorgegeben.

Norderney/Jen – Soll es nun runter von der insel, dasDamwild, oder nicht? Wie kann man Gärten, die Beete in der Stadt und vor allem den Friedhof vor den Besuchen der hungrigen Tiere schützen? Wer ist zuständig und wie könnte eine für alle vertretbare Lösung aussehen?
Mit diesen Fragen beschäftigen sich die Norderneyer, ihr Bürgermeister, der Kirchenvorstand, die Jäger und Behörden schon seit langem. Dabei wird der Schwarze Peter gern hin- und hergeschoben, zuletzt landete er bei den Jägern. Diese haben sich daraufhin mit einer Stellungnahme an die Redaktion gewandt, um öffentlich Fakten zu schaffen. „Da wir uns auch auf Norderney an bestehende Gesetze halten müssen, ist der Rahmen der Jagdausübung vorgegeben“, heißt es seitens des Hegerings. „Keiner darf in Deutschland irgendeine Tierart ausrotten oder vergiften. Hierzu gehören auch Damwild und Kaninchen, die in ein funktionierendes Ökosystem eingebunden sind.“ eine Bejagung im Stadtgebiet könne nur mit einer Ausnahmegenehmigungdurchgeführtwerden.

„Sie gestaltet sich sehr schwierig, da natürlich auch dort die Sicherheit immer an erster Stelle stehen muss“, betonen dieWaidmänner. Die Damwildbejagung unterliege einem Abschussplan, der vom Landkreis Aurich vorgegeben wird. „Man kann also nicht wahllos irgendwelche Tiereschießen“, erklärt der Hegering. „An diesen Abschussplan haben sich die Norderneyer Jäger immer gehalten. Wir werden in Zukunft sicherlich einen höheren Abschussplan haben.“ Des Weiteren wird erläutert, dass man als Jäger kein Damwild narkotisieren oder sogar umsiedeln dürfe. Nur speziell ausgebildete Experten hätten die Berechtigung, mit einem Narkosegewehr Tiere zu betäuben. Durchführbar sei eine solche Aktion ohnehin nicht, weil man niemals alle Tiere „erwischen“ würde.

Ein weiteres Problem scheint die fußläufige Erreichbarkeit der Insel bei Ebbe zu sein. Schon einige Male sei beobachtet worden, auch von Nichtjägern, dass Damwild und auch Rehwild vom Festland durch das Watt laufen. Dies ist auch bereits mehrfach in politischen Sitzungen zur Sprache gekommen (wir berichteten). „im letzten Winter haben wir einen leblosen Spießer, einen jungen Hirsch, aus dem Hafenbecken bergen müssen“, schildern die Jäger. „Vor zwei Jahren lag ebenfalls ein toter Hirsch an der Möwendüne am Flutsaum. Davor hat man auf der Insel Baltrum, eine normalerweise Damwildfreie insel, zwei Stück Damwild geschossen. Vor einigen Jahren konnte man von einer Frisia-Fähre aus mehrere Hirsche auf einer Sandbank direkt vor Norddeich stehen sehen“, geben sie weitere Beispiele dafür, dass der wilde Wechsel zwischen Insel und Festland nicht bloß ein Märchen ist.

In Lütetsburg/Hage gebe es immerhin ein sehr großes Damwildvorkommen. Obwohl es auf der insel ein geringeres Nahrungsangebot gebe, ziehe es die Tiere, nicht selten in der Brunftzeit, vereinzelt nach Norderney. Des Öfteren hätten die Waidmänner schon Damwild auf der Insel gesichtet, dass definitiv nicht zum regelmäßigen Bestand gehöre und auch nur wenige Tage geblieben sei. Generell möchte der Hegering betonen, dass es „in ganz Deutschland – Norderney gehört auch dazu“ Wild gebe. „Vor allem in ländlichen Bereichen muss jeder Grundstückseigentümer selbst dafür sorgen, sein Land mit einem Zaun vor Wildschaden zu schützen. Kein Jäger in Deutschland wird es leisten können, alle Grundstücke ,wildfrei’ zu halten.“ Hinzu komme, dass ein Großteil der Bürger und Gäste sich am Anblick von Wild in der Natur erfreue, da sind sich die Waidmänner sicher. Genauso gut könnten sie den Unmut nachvollziehen, wenn Blumenbeete und Gräber kahlgefressen werden. „Auch wir Jäger haben viel Verständnis für den Ärger allerBetroffenen, wenn Wild Schaden verursacht. Doch Norderney ist nicht der einzige Ort in Deutschland, wo es Berührungspunkte mit der Natur gibt“, so der Hegering.

Dennoch: „Jagdzeiten, befriedete Gebiete, Vorschriften im Nationalpark sowie das Risiko gegenüber unzähligen Wanderern in den Dünen machen die Jagdausübung nicht einfacher.“ Der Jagdverband sei einer der ältesten anerkannten Naturschutzverbände in Deutschland. Hier versuche man, die Situation sorgfältig und sachlich zu analysieren. Wichtig sei den Norderneyer Jägern, dass die Diskussion nicht auf dem Rücken der Tiere ausgetragen werde. Und auch als Wahlkampfthema sei das Wild nicht geeignet. „Man muss anhand der Fakten aber erkennen, dass es eine Ideallösung nicht gibt“, so der Hegering.

Leserbriefe und persönliche Anfeindungen würden nicht dazu beitragen, das Problem zu lösen„und wir werden auch weiterhin keine Reaktion hierauf zeigen, um alles nicht noch mehr anzuheizen“, betont der Hegering. Ihre Unterstützung bei allen „Wildproblemen“ wollen die Jäger aber natürlich auch künftig anbieten.

Ulrichs: Wild einfach einfangen, ist schwierig

Natur Borkum-Methode passe nicht

Norderney/Jen – Genau wie der Hegereing für die Damwildproblematik auf Norderney keine einfache Lösung sieht (Bericht oben), ist auch Bürgermeister Frank Ulrichs überzeugt, dass es nur über gemeinsame Kompromisse geht. Nachdem in einer Ratssitzung Ende März von der Insel Borkum erzählt wurde, wo man das Wild als invasiv eingestuft und dessen Entfernung angeordnet habe (wir berichteten), sollte ein solcher Weg auch für Norderney geprüft werden. Zwischenzeitlich habe sich die Stadt sowohl mit dem Landkreis Aurich als auch mit dem Friedhofsausschuss, den Technischen Diensten (TDN) und dem örtlichen Hegering ausgetauscht. Ein Einfangen und Verbringen zum Festland sei aber für Norderney eher „schwierig bis unmöglich“, so Ulrichs. „Die vollständige Beseitigung des vorhandenen Besatzes würde sicherlich bis auf Weiteres Abhilfe schaffen, wird aber insbesondere seitens des Hegerings als sehr kritisch und wenig zielführend betrachtet.“

Nicht nur die für die Tiere überwindbare Wattbrücke sei dabei bedacht worden, insgesamt müssten die Maßnahmen auch verhältnismäßig sein. Generell gebe es zwar viele verärgerte Insulaner, die von den Schäden durch das Damwild betroffen seien. Genauso viele würden die Tiere aber auch niedlich finden oder gar füttern. Vor allem im Westteil der Insel führe dies zu Problemen. Würde man das Wild hier beseitigen, kämen sicherlich Tiere aus dem Inselosten oder eben vom Festland nach.

Insgesamt wollen alle Beteiligten an einer Lösung arbeiten, so Ulrichs. „Dazu gehören bauliche Maßnahmen am Friedhof, um die letzten Schlupflöcher zu schließen, ebenso wie Aufklärungsarbeit und ein stärkeres Engagement des Hegerings.“ Vom Landkreis erwarte man noch eine abschließende Stellungnahme.

“Nooit”!

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Der Nooit-Findling im Arler Hammrich, Foto (C): Manfred Knake

Der Nooit-Findling im Arler Hammrich, Foto (C): Manfred Knake

Ein trotziges „Nooit“ prangt auf einem Findling im Arler Hammrich in der Gemeinde Großheide im Landkreis Aurich “Rettet den Hammrich, alle brauchen ihn!”. Für Nichtostfriesen gleich die Übersetzung: „Nooit“ bedeutet „niemals“, und ein Hammrich ist die offene, meist baumlose Fläche zwischen den Dörfern in der Marsch.
Anlass des Aufbegehrens war die Planung einer riesigen Müllkippe – an den Einwohner vorbei – von mehr als 20 Hektar Fläche im Arler Hammrich nordöstlich des Dorfes Arle. Daraus wurde nichts. 1974 organisierten sich Bürger, um gemeinsam gegen dieses Projekt vorzugehen, mit Erfolg. Nach einigen Informationsveranstaltungen, auf denen es hoch her gegangen sein soll, rückte auch der Gemeinderat von der Unterstützung der Pläne ab. Der damalige volksnahe Landrat Hinrich „Hinni“ Swieter (SPD) soll auf den Tisch gehauen haben und, so wird berichtet, mit den Worten: “Ich habe jetzt die Schnauze voll von der Mülldeponie in Arle, damit ist jetzt Schluss”, das Projekt zu den Akten gelegt haben.
Dieser Entschluss begründete eine neue Tradition im Arler Hammrich, die in jedem Jahr am Himmelfahrtstag (“Vatertag“) mit den entsprechenden Mengen Alkohol gefeiert wird. Dann treffen sich am Nooit-Stein viele Anwohner der umliegenden Ortschaften. Eine Spezialität ist das Pultstock-Springen, bei dem mit Hilfe eines langen Stabes versucht wird, über einen breiten Entwässerungsgraben zu gelangen, ohne nass zu werden. Der Stab muss mit Anlauf richtig im Gewässer platziert werden, dann schwingt sich der Springer am Stab über den Graben; macht er etwas falsch, fällt er hinein…

Vermühlt statt vermüllt: Der Arler Hammrich mit dem Nooit-Stein, Foto (C): Manfred Knake

“Naturidylle”? Vermühlt statt vermüllt: Der Arler Hammrich mit dem Nooit-Stein, Foto (C): Manfred Knake

Leider war der Protest der Anwohner gegen die Verschandelung des Hammrichs umsonst. In späteren Jahren wuchsen hier nach und nach mehr als einhundertvierzig Windkraftanlagen bis in die angrenzende Gemeinde Dornum hinein aus dem Boden; auch nun waren es die Anlieger, die zuletzt davon erfuhren. Inzwischen gibt es erhebliche Proteste in Arle und Umgebung gegen die immer größer und lauter werdenden Anlagen, gegen die enorme Lärmbelästigung der Anwohner und den Wertverlust der Immobilien.

Die ostfriesische Tourismuswerbung ist allerdings blind für die gigantische Industrialisierung der Marschenlandschaft und bewirbt das Pultstockspektakel so:

“In Südarle, das idyllische Dorf in der Nähe von Norden und küstennah gelegen, findet jährlich am Himmelfahrtstag ein ´Pultstockspringen´ statt. Radlerfreunde nutzen den freien Tag für eine Radtour und fahren gezielt zu diesem Spektakel. ´Am großen Stein` oder auch `Nooit Stein` genannt, mitten in Ostfrieslands Naturidylle, verwandelt sich die sonst grüne Wiese zum bunten Veranstaltungsort.”

Vor mehr als vierzig Jahren sollte der Hammrich vermüllt werden, heute ist er völlig vermühlt. Der Hammrich wird in nicht allzuferner Zeit ein riesiger Betonfriedhof mit den Fundamenten der dann abgängigen Windkraftanlagen sein.

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Blick auf das Dorf Arle mit der ehemals markanten St. Bonfatius-Kirche, Foto (C): Manfred Knake

Windpark Utgast/LK Wittmund: Fachaufsichtsbeschwerde, EU-Kommission reagiert

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Windpark Utgast, Ausschnitt: links die alten, abgängigen Tacke TW600, rechts die repowerten Enercon-70, Foto 8C): Manfred Knake

Windpark Utgast, Ausschnitt: links (Mitte) die alten, abgängigen Tacke TW600, ganz links und rechts die repowerten Enercon-70, Foto (C): Manfred Knake

Der Wattenrat Ostfriesland möchte durch eine Fachaufsichtsbeschwerde [pdf. Utgast_Repowering_Fachaufsichtsbeschwerde 08 Feb 2015 ] beim Niedersächsischen Umweltministerium und beim Sozialministerium in Hannover sowie bei der Europäischen Kommission die Rechtmäßigkeit des Repowering-Konzeptes im Windpark Utgast, Gemeinde Holtgast im Landkreis Wittmund klären lassen. Die Beschwerden wurden im Januar 2015 eingelegt, nur die EU-Kommission reagierte jetzt ausführlich. [.pdf: EU_Windenergieanlagen Utgast_Mai 2015]

Die Kommission führt in ihrem Antwortschreiben aus, dass sich sich “ehrgeizige Ziele sowohl im Bereich der erneuerbare Energie als auch im Naturschutz gesetzt habe”. Die Kommission gehe davon aus, dass die zuständigen deutschen Behörden vor Genehmigung des Baus einer Windkraftanlage alle notwendigen Prüfungen vornehmen und gegebenenfalls die notwendigen Auflagen erteilen. Genau das aber ist behördliches Wunschdenken, nachweislich sind diese Prüfungen am Beispiel des Windparks Utgast nicht der Fall gewesen, entsprechende Unterlagen liegen der Kommission vor. Auch hier: Naturschutz auf dem Behördenpapier und in der Wirklichkeit sind zwei völlig unterschiedliche Dinge!

So sind seit 2006 die direkt an den Windpark angrenzenden Gebiete bis zum nahen Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer als EU-Vogelschutzgebiet (Ostfriesische Seemarsch von Norden bis Esens, Gebietsnummer V63) ausgewiesen und daher Teil der Natura-2000-Flächen in Niedersachsen. Hier gelten strenge Vorgaben zum Erhalt der Artenvielfalt. Windkraftanlagen wirken weit in die Flächen hinein, verscheuchen empfindliche Zugvogelarten von ihren Rast- und Nahrungsgebieten und töten Vögel und Fledermäuse. Durch mehrere Änderungen des Bebauungsplanes der Gemeinde Holtgast wurden im Windpark Utgast jedoch seit 2009 alte, kleinere Anlagen abgebaut und durch wesentlich höhere und leistungsstärkere Anlagen ersetzt, die dadurch viel weiter in die direkt angrenzenden Vogelschutzgebietsflächen hineinwirken.

Für die neuen Enercon-70-Anlagen (100 Meter Rotorspitzenhöhe) wurden unzulässigerweise keine vorgeschriebenen Verträglichkeitsprüfungen mit den Auswirkungen auf die Erhaltungsziele des angrenzenden Vogelschutzgebietes durchgeführt. Fachveröffentlichungen der Länderarbeitsgemeinschaften der Vogelschutzwarten (sog. “Helgoländer Papier“) und die Arbeitshilfe „Naturschutz und Windenergie“ des Niedersächsischen Landkreistages gehen von 1200 Metern Abstand zu Vogelschutzgebieten aus. Diese naturschutzfachlichen Abstandsempfehlungen werden von Gerichten berücksichtigt.

Hlber Bussard (brutzeit 2014) im Windpark Utgast/Holtgast/LK Wittmund/NDS

Halbierter Bussard (Brutzeit 2014) im Windpark Utgast/Holtgast/LK Wittmund/NDS

In einer Salamitaktik werden immer mehr neue Anlagen vom Rat der Gemeinde Holtgast für meistens ortsansässige Betreiber durchgewunken, mit Abständen von nur wenigen hundert Metern zum EU-Vogelschutzgebiet. Eine Bemerkung am Rande: 1997 entdecke der Enercon-Gründer Alois Wobben sein Herz für die Natur, und zwar ausgerechnet im Windpark Utgast mit den Anlagen des damaligen Konkurrenz-Herstellers Tacke. Dieser Windpark sei “ein Skandal” und ein “furchtbarer Eingriff in die Natur” (Anzeiger für Harlingerland/Wittmund, 18. Februar 19197: “Enercon-Chef: Windpark Utgast ist ein Skandal”). Und schon 1994, vor der Inbetriebnahme des Windparks, kam dieser ins Gerede: Er wurde mit einer “Vereinbarung” [.pdf: Vereinbarung_Tacke_Gemeinde_Holtgast_WKA_1994] der Herstellerfirma Tacke und der Gemeinde Holtgast erst ermöglichst. Tacke verpflichtete sich damals, 500.000 DM an die Gemeinde zu zahlen, wenn diese den Windpark “behördlich” möglich mache. So etwas nennt man landläufig Korruption; die Vereinbarung wurde nach Ermittlungen der Staatsanwaltschaft mit Hilfe des Landkreises Wittmund in eine “Schenkung” umgewandelt…

Derzeit stehen 54 Anlagen im Windpark Utgast, die nach dem Repowern, wenn die Lärmwerte für die Anwohner überhaupt eingehalten werden können, auf 34 Anlagen reduziert werden sollen. Bei einem echten Repowering, das die neuen höheren Nennleistungen der Anlagen berücksichtigt, müssten aber für eine neue Anlage fünf Altanlagen abgebaut werden, so würden sich die Anlagenzahl auf nur auf maximal 14 reduzieren.

Auch das Baugesetzbuch fordert eine besondere Berücksichtigung der Belange des Natur- und Umweltschutzes in Natura-2000-Gebieten. Die Auswirkungen auf Tiere sowie das Wirkungsgefüge zwischen ihnen, der Erhalt der biologische Vielfalt sowie die Einhaltung der Erhaltungsziele und des Schutzzwecks der Natura- 2000-Gebiete im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes sind zu berücksichtigen. Auch das wurde bei der Genehmigung neuer Anlagen ignoriert und nicht fachaufsichtlich durch den Landkreis Wittmund moniert. Diese gesetzlichen Vorgaben werden weder von der Gemeinde Holtgast noch vom Landkreis Wittmund als Aufsichtsbehörde berücksichtigt.

Im Schreiben der EU-Kommission wird weiter ausgeführt: „Sie haben sich bereits an das zuständige Umweltministerium in Niedersachsen gewandt, welches Ihre Beschwerde begutachten wird. Ein Tätigwerden der Europäischen Kommission ist daher zum jetzigen Zeitpunkt nicht notwendig. Sollten Sie der Meinung sein, dass nach Beendigung des Behördenverfahrens EU-Naturschutzrichtlinien nicht eingehalten worden sind, möchte ich Sie auf das Beschwerdeverfahren der Europäischen Kommission hinweisen.“ Vom Umweltministerium liegt bisher nur eine Eingangsbestätigung vom Februar 2015 vor.

Es drängen sich Parallelen zur Genehmigung und zum Bau der Umgehungsstraße Bensersiel im Landkreis Wittmund in einem Vogelschutzgebiet auf, dessen Bebauungspläne von zwei Gerichten später als „rechtsunwirksam“ bezeichnet wurden. Nun droht der kostenaufwändige Rückbau. Auch hier hatte der Wattenrat bereits 2002 rechtzeitig, aber vergeblich,  auf die rechtswidrigen Planungen hingewiesen.

Report mit Lücken: Bundesamt für Naturschutz legt ersten Artenschutz-Report vor

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Titelbild

 

Nachfolgend übernehmen wir die Pressemitteilung des Bundesamtes für Naturschutz zum Artenschutz in Deutschland. Wie nicht anders zu erwarten, stehen “an vorderster Stelle der Ursachen für die Gefährdung der Arten intensive Formen der Landbewirtschaftung. Weitere wesentliche Gefährdungen liegen in der Forstwirtschaft, Wasserbau und Gewässerunterhaltung, Baumaßnahmen sowie Sport- und Freizeitaktivitäten.” Auch die Windenergienutzung findet Eingang in den Artenschutzreport. Das Verlustrisiko für Fledermäuse durch Windenergieanlagen- allerdings reduziert nur auf die Waldlebensräume – ist ein Thema. Aber die Durchindustriealisierung der Kulturlandschaft und der Nord- und Ostsee mit riesigen Windkraftanlagen (“Windparks”) und der damit verbundene Verlust von Lebensräumen wird von der Bundesbehörde leider nicht ausreichend thematisiert, lediglich am Beispiel der Eisente in der Ostsee wird das “Kolllisionsrisiko” erwähnt. Es besteht aber gerade bei unsichtigem Wetter  ein großes Kollisionsrisiko für alle über das Meer ziehenden Vogelarten! Die großflächigen Rast- und Nahrungsflächenverluste durch Ketten von Windparks an der Küste für ziehende Wat- und Schwimmvogelarten  und die enorme Schallbelästigung von Meeressäugern durch den Bau von Windkraftanlagen kommen im Artenschutzbericht nicht vor oder werden völlig verharmlosend dargestellt: “Bei den Bauarbeiten kann eine Lärmbelastung unter Wasser auftreten, die ausreicht, um Wirbeltiere, insbesondere Schweinswale (Phocoena phocoena, […]), zu stören oder zu verletzen. Daher werden für die Errichtung der Anlagen in der AWZ strenge Schallschutzmaßnahmen beauflagt. Genau das ist aber nicht wahr. Zusammen mit der Windenergiewirtschaft und den Naturschutzverbänden wurden 2012 die technisch machbaren 160 Dezibel, 750 Meter entfernt von den Rammarbeiten, als “verträglich” festgelegt, verträglich aber nur für die Windenergiewirtschaft, nicht für die Schweinswale! 160 Dezibel als Dauerbeschallung entsprechen einem (andauernden) Artillerieabschuss in nächster Nähe, völlig unakzeptabel für die empfindlichen Ortungsorgane der Kleinwale.

Dafür fließt aber wieder der “Klimawandel”, das politisch korrekte Zeitgeist-Mantra, aus staatlicher Feder: “Aktuell spielt der Klimawandel noch keine große Rolle als Gefährdungsursache. Das BfN geht jedoch davon aus, dass dieser Einfluss bei fortlaufender Klimaänderung zunehmen wird.” Davon, dass sich “das Klima” in unseren Breiten derzeit weiter erwärmt, ist nach den aktuell vorliegenden Daten nicht auszugehen. Und ob eine moderate Erwärmung überhaupt einen nennenswerten Einfluss auf die bei uns heimischen Arten haben würde, ist auch eher Teil einer fragwürdigen regierungsamtlich befeuerten klimaideologischen Diskussion, von nicht wenigen Mainstreammedien  “copy and paste” übernommen. Auch den Mitarbeitern des BfN sollte nicht entgangen sein, dass es nie ein konstantes Klima gegeben hat und sich “fortlaufende Klimaänderungen” seit Jahrmillionen feststellen lassen. Wir befinden uns derzeit ohnehin seit der vergangenen Weichseleiszeit in einer Zwischeneiszeit, einem klimazyklischen Interglazial (Holozän), ganz ohne das politische Konstrukt des CO2-Hypes.

Link: Artenschwund durch Klimawandel? Political Correctness und andere Ursachen

Hier die Pressemitteilung des BfN vom 20. Mai 2015:

Artenschutz, Rote Listen, Tiere, Pflanzen

Bundesamt für Naturschutz legt ersten Artenschutz-Report vor

  • Ein Drittel der Arten sind in ihrem Bestand gefährdet
  • Zu den zentralen Verursachern gehört die intensive Landwirtschaft
  • Wildnisgebiete und nutzungsfreie Wälder sind für Erhalt der Artenvielfalt unabdingbar
  • BfN legt Acht-Punkte-Programm zum Artenschutz vor

Berlin/Bonn, 20. Mai 2015: Das Bundesamt für Naturschutz (BfN) stellt heute zum ersten Mal einen umfassenden Artenschutz-Report vor. Hierin nimmt das BfN eine Analyse der in Deutschland lebenden Tier-, Pflanzen- und Pilzarten vor. Der Report gibt einen Überblick, wie viele Arten in Deutschland leben, wie hoch der Anteil der gefährdeten Arten ist und wie sich die Artenvielfalt in den letzten Jahren entwickelt hat. Er macht aber auch deutlich, wo im Artenschutz Erfolge zu verzeichnen sind und worauf diese sich zurückführen lassen. Damit liefert der BfN-Artenschutzreport eine wichtige Analyse, um gefährdete Arten identifizieren und schützen zu können. Das BfN legt den Fokus auf acht Bereiche, in denen ein dringender Handlungsbedarf festzustellen ist und schlägt zentrale Maßnahmen zum Artenschutz vor.

“Der Zustand der Artenvielfalt in Deutschland ist alarmierend, denn ein Drittel der auf Roten Listen erfassten Arten ist im Bestand gefährdet und weitere Arten sind sogar schon ausgestorben. Damit wird bislang auch das nationale Ziel verfehlt, den Verlust der biologischen Vielfalt aufzuhalten,” fasste BfN-Präsidentin Prof. Beate Jessel den Artenschutz-Report zusammen. “Wir müssen dringend unsere Anstrengungen verstärken, um den Artenrückgang zu stoppen”, so Jessel.

Deutschland beherbergt rund 48.000 Tierarten, 9.500 Pflanzen- und 14.400 Pilzarten. In der Roten Liste Deutschlands wurden mehr als 32.000 heimische Tiere, Pflanzen und Pilze hinsichtlich ihrer Gefährdung untersucht. Dabei zeigt sich ein ernüchterndes Bild: Rund 31% wurden als bestandsgefährdet eingestuft, 4% sind bereits ausgestorben.

Von den aktuell untersuchten 11.000 Tierarten sind 30% bestandsgefährdet und 5% ausgestorben. Fast 28% der Wirbeltierarten, die Fische, Amphibien, Reptilien, Vögel und Säugetiere umfassen, sind aktuell bestandsgefährdet. Bei den wirbellosen Tieren, zu denen beispielsweise die Insekten gehören, gelten sogar 45,8% der bislang 6.057 untersuchten Arten und Unterarten als bestandsgefährdet, extrem selten oder bereits ausgestorben. Außer bei den Säugetieren sind bei diesen Zahlen die marinen Organismen nicht berücksichtigt. Die aktuelle Situation der Brutvogelarten hat sich in den letzten Jahren spürbar verschlechtert: Über die letzten zwölf Jahre nahmen 34% der Brutvogelarten in ihrem Bestand mehr oder weniger stark ab. Über 23% der Zugvogelarten sind bestandsgefährdet und stehen auf der Roten Liste der wandernden Vogelarten.

An vorderster Stelle der Ursachen für die Gefährdung der Arten stehen intensive Formen der Landbewirtschaftung. Weitere wesentliche Gefährdungen liegen in der Forstwirtschaft, Wasserbau und Gewässerunterhaltung, Baumaßnahmen sowie Sport- und Freizeitaktivitäten. Unter den 25 wichtigsten Gefährdungsursachen dominieren damit Maßnahmen, die mit einer Intensivierung der Nutzung von Natur und Landschaft und damit einhergehenden Veränderungen bzw. der Zerstörung der Lebensräume verbunden sind. Aktuell spielt der Klimawandel noch keine große Rolle als Gefährdungsursache. Das BfN geht jedoch davon aus, dass dieser Einfluss bei fortlaufender Klimaänderung zunehmen wird. Ursächlich für die Gefährdung der marinen Organismen sind vor allem die Fischerei, Lebensraumveränderungen, Schadstoffeinträge und Aquakulturen.

Um den Artenrückgang zu stoppen, sind weiterhin große Anstrengungen im Artenschutz erforderlich. Das BfN fordert gezielte Einzelmaßnahmen für besonders gefährdete Arten und solche Arten, für deren Erhaltung Deutschland eine besondere Verantwortung hat. Dringend notwendige artübergreifende Schutzmaßnahmen umfassen nach Einschätzung des BfN die Erhöhung der Lebensraum- und Strukturvielfalt in der Landschaft, wie beispielsweise den Erhalt von Grünland, die Einrichtung ungenutzter Pufferstreifen um Landschaftselemente und Äcker, naturnahen Waldbau, Wiedergewinnung von Auenflächen durch Deichrückverlegungen, Wiedervernässung von Mooren und eine ökosystemverträgliche, nachhaltige Fischerei. Zudem ist das Vorhandensein nutzungsfreier Wälder unverzichtbar, um das gesamte Spektrum der Artenvielfalt zu erhalten. Denn zahlreiche Flechten, Moose und  Pilze oder Totholz bewohnende Käfer sind für ihren Fortbestand auf solche Waldformen angewiesen.

Ungeachtet der auch weiterhin notwendigen Anstrengungen gibt es aber auch sichtbare Erfolge beim Schutz einzelner Arten. Sie sind vor allem dort festzustellen, wo gezielte Artenschutzmaßnahmen zum Einsatz kamen (etwa bei Vogelarten wie dem Schwarzstorch oder dem Seeadler), wo Schutzgebiete wichtige Rückzugsräume bildeten und zudem gut gemanagt wurden (z.B. beim Schutz der Flussperlmuschel) oder wo durch vertragliche und hinreichend finanziell ausgestattete Maßnahmen Naturschutzkonzepte in der Agrarlandschaft umgesetzt wurden (etwa bei Wiesenbrüterprogrammen oder Ackerrandstreifenprojekten, die Vogelarten wie der Uferschnepfe oder dem Braunkehlchen und Wildkräutern wie der Kornblume zugutekamen). Dies belegt, dass sich gezielte und langfristige Naturschutzmaßnahmen auszahlen. Insbesondere bei einigen Tierarten wie Biber, Wildkatze und Wolf konnten strenge gesetzliche Schutzbestimmungen, Maßnahmen zur Verbesserung bzw. Neuschaffung ihrer Lebensstätten oder Wiederansiedlungsprojekte deutliche Erfolge erzielen. So wird der aktuelle Bestand an Wildkatzen in Deutschland derzeit wieder auf 5.000 bis 7.000 Tiere geschätzt. Das BfN sieht hierin eine Bestätigung bisheriger Schutzbemühungen, die auch weitere Maßnahmen sinnvoll erscheinen lassen, zumal von solchen Schlüsselarten zahlreiche weitere Tier- und Pflanzenarten profitieren.

Der vorgelegte Artenschutzreport gibt wichtigen Aufschluss über die Gründe, die im Artenschutz zu Gefährdungen und zu Erfolgen führen. Er stellt damit eine wichtige Grundlage für den Schutz der Arten dar. Eine genaue Erfassung und Entwicklungsanalyse mit verlässlichen und umfassenden Daten ist unverzichtbar, um gefährdete Arten zu identifizieren, zu schützen und damit dem Verlust der Artenvielfalt in Deutschland entgegenzutreten.

Hintergrund: Acht-Punkte-Programm des BfN zum Schutz der Arten in Deutschland

•           1. Bestehende Artenschutzprogramme sind auszubauen und zu ergänzen, um gezielt die Bestände von in ihrem Bestand besonders gefährdeten Arten, v.a. solchen, bei denen ein Flächenschutz allein nicht ausreicht, sowie von Arten, für die Deutschland eine besondere Verantwortlichkeit hat, zu schützen und zu erhalten.

•           2. Das bestehende Schutzgebietssystem ist auf Lücken zu überprüfen und weiterzuentwickeln, denn ein repräsentatives und gut vernetztes System von Schutzgebieten ist wesentlich, um in der intensiv genutzten Kulturlandschaft hinreichend Rückzugsmöglichkeiten für Arten mit besonders spezialisierten Lebensraumansprüchen zu bieten. Wichtig ist zudem ein effektives Management, damit Schutzgebiete ihre Wirksamkeit entfalten können. Dieses umfasst neben gebietsspezifischen Managementplänen eine ausreichende Ausstattung mit personellen und finanziellen Ressourcen.

•           3. Effektiver Artenschutz profitiert am besten vom Schutz der betreffenden Lebensräume und einer in der Fläche nachhaltigen und naturverträglichen Nutzung. Für landwirtschaftlich genutzte Flächen ist eine gestärkte ökologische Komponente der europäischen Agrarförderung (GAP) vorzusehen. Dazu gehören beispielsweise ein bundesweites vollständiges Grünlandumbruchsverbot sowie eine sinnvolle Ausgestaltung der ökologischen Vorrangflächen innerhalb der GAP. Um den Schutz der Arten in der Agrarlandschaft zu optimieren, sind die Vertragsnaturschutzmaßnahmen besser finanziell auszustatten, noch zielgerichteter zu konzipieren und die vorhandenen Mittel vermehrt in wirksame Maßnahmen zu investieren.

•           4. Das Vorhandensein nutzungsfreier Wälder ist unabdingbar, um das gesamte Spektrum der Artenvielfalt zu erhalten. Der Anteil nutzungsfreier Wälder ist weiter zu erhöhen, um das in der Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt festgelegte Ziel von einem Anteil von 5 % an der Waldfläche zu erreichen. Darüber hinaus sollte die Artenvielfalt in den Wäldern durch eine naturverträgliche Nutzung mit entsprechendem Strukturreichtum und eine natürliche Baumartenauswahl gefördert werden. Naturschutzleistungen im Wald sind dazu angemessen zu honorieren.

•           5. Die Vernetzung von Lebensräumen ist wichtig, u. a. um Ausbreitung und Genaustausch von Individuen zu befördern und zugleich die Anpassung an den Klimawandel zu erleichtern. Um die Vernetzung der Lebensräume zu verbessern, sind ausreichend naturnahe Landschaftselemente vorzusehen und der gesetzlich geforderte bundesweite Biotopverbund auf 10 % der Fläche eines jeden Bundeslandes einzurichten. Das BNatSchG (§§ 20, 21) adressiert bei der Umsetzung des Biotopverbundes im besonderen Maße die Bundesländer.

•           6. Die Flüsse sind wieder durchgängig zu gestalten und mit ihren Auen zu verbinden. Die Fläche durchströmter Auen ist bundesweit zu vergrößern. Damit können sie gleichermaßen ihre Funktion als Lebensraum zahlreicher Arten wahrnehmen und wertvolle Ökosystemleistungen erbringen. Bei der Umsetzung von Hochwasserschutzmaßnahmen ist auf bestmögliche Synergien zwischen Belangen des Naturschutzes und des Hochwasserschutzes zu achten.

•           7. Für die marinen Schutzgebiete in der Ausschließlichen Wirtschaftszone sind die Voraussetzungen zu schaffen, dass diese tatsächlich Rückzugsgebiete und Ruheräume für gefährdete Arten darstellen. Dazu ist insbesondere eine ökosystemverträgliche, nachhaltige Fischerei notwendig.

•           8. Um noch zielgerichteter Schutzmaßnahmen für die Arten durchführen zu können, ist es erforderlich, bessere Datengrundlagen über die Gefährdungssituation bzw. den Erhaltungszustand der Schutzgüter zu schaffen, fortzuführen und weiterzuentwickeln. Die in diesem Zusammenhang unersetzlichen Leistungen des Ehrenamtes sind höher wertzuschätzen und professionell zu begleiten.

Hier gelangen Sie zum Artenschutz-Report: BfN_Artenschutzreport_2015

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