„Unser“ niedersächsischer Ministerpräsident Stephan Weil ist nach seinem Parteienetikett ein sozialer Demokrat. Von Beruf ist er Anwalt, Staatsanwalt und Richter. Im Nebenberuf ist er augenscheinlich Zyniker, ein Kind unserer Zeit, in der es nur noch um den Profit geht, egal ob andere Menschen darunter leiden. Der Windenergiewirtschaft und den damit verbandelten örtlichen Betreibern, nicht selten auch aus der Politik, steht er wohlwollend gegenüber, egal mit welchen Machenschaften die Windparks aus dem Boden wachsen und egal, ob den Anliegern das Leben mit den lärmenden Anlagen zur Hölle gemacht wird. Weil, und auch sein Wirtschaftsminister Olaf Lies, sind zweifellos Sprachrohre der Windenergiewirtschaft.
In der Gemeinde Groß Schneen in Südniedersachen hielt Weil am 11. Mai eine Rede vor einem Bürgerforum. Laut „Göttinger Tageblatt“ vom 13. Mai 2016 streifte er auch das Thema Windenergie.
„[…] Wir haben Probleme, Windenergieflächen auszuweisen“, bekannte außerdem ein Gast, und hakte nach, wie Weil zu dem Thema stehe. Der positionierte sich klar für die Energiewende und warnte vor „Kräften, die die Energiewende deutlich zurückdrehen wollen“. Dafür, dass ein weiterer Gast gesundheitliche Schäden bei Anwohnern nahe Windkraftanlagen befürchtete, hatte er wenig Verständnis: „Ich wohne selbst nahe eines Windrades, es gibt keine Probleme“. […]“
Sven-Reschke Luiken aus Arle im Landkreis Aurich, bekannt aus Zeitungen und Fernsehen, weil er wegen des unerträglichen Lärms der Anlagen vor seiner Haustür Schlafasyl in der Gemeinde Großheide für sich und seine Familie vor laufender Kamera beantragt hatte, schrieb Herrn Weil daraufhin am 15. Mai 2016 diesen empörten Brief:
Brief an den Niedersächsischen Ministerpräsidenten Weil, SPD
Sehr geehrter Herr Ministerpräsident Weil,
wie ich der Presse entnommen habe, erwiderten Sie auf die Anfrage eines besorgten Bürgers in Groß Schneen, Sie hätten kein Verständnis für die Befürchtung von gesundheitlichen Schäden durch Windkraftanlagen, da Sie selbst in der Nähe einer solchen wohnen. Wir wohnen selber in der Nähe dieser Monster. Nur sind es bei uns nicht eine oder zwei, sondern ZWEIHUNDERT! Gesundheitliche Beeinträchtigungen sind bei uns keine Befürchtung, sondern bittere Realität. Entstanden ist dieser Zustand durch eine Reihe von Gesetzesverstößen, die auch der Staatskanzlei angezeigt wurden. Leider ist das Interesse an Aufklärung und Ahndung bei der Niedersächsischen Staatskanzlei gering. Um nicht zu sagen nicht existent. Mich würde interessieren, welcher Anlagentyp in der Nähe Ihrer Wohnstätte steht, wie hoch die Anlage ist und wie weit entfernt. Ferner lade ich Sie ein, sich selbst hier vor Ort ein Bild von der Situation zu machen. Sie haben die Möglichkeit mit Bürgern mit Gesundheitsschäden zu sprechen. Von eventuellen substanzlosen Laberantworten von beauftragten Lakaien zum Thema Energiewende bitte ich abzusehen.
Mit freundlichen Grüßen
Sven Reschke- LuikenDiese Korrespondenz wird aufgrund des großen öffentlichen Interesses in der Region durch mich in verschiedenen Verteilern verbreitet.

An diesen Monstern wohnt Sven Reschke-Luiken: Blick von Arle in die Gemeinde Dornum/LK Aurich, Foto (C): Manfred Knake
Im letzten Jahr, in der medialen Sauergurkenzeit, besuchte Herr Weil auch einen sogenannten „Bürgerwindpark“ in Bassens im Landkreis Friesland. Mit Geld und dessen beruhigender Wirkung kennt sich „unser“ Ministerpräsident offensichtlich aus: „Bürger mit Kommandit-Einlagen werden nie krank – es scheint sich um ein altes Volksmittel zu handeln“ beliebte er zu scherzen.
Weil irrt: In der Gemeinde Stedesdorf (Samtgemeinde Esens) im Landkreis Wittmund gibt es ca. 300 „Bürgerbeteiligte“ am dortigen Windpark. Auch hier gibt es Proteste gegen die Lärmbelästigung durch die Anlagen, auch von den Anteilseignern. Und in der Samtgemeinde Esens stimmte eine deutliche Mehrheit anlässlich einer Bürgerbefragung im Januar 2016 gegen den weiteren Ausbau der Windenergie.
Man sollte den sozialen Demokraten Weil auf der nächsten Sommerreise zu einer Windparktour durch Ostfriesland einladen, mit Übernachtungen direkt an den Anlagen, auch gerne in einem Festzelt. Windkraftbetroffene Fremdenführer wird er zuhauf finden.
Das in Artikel 2 des Grundgesetzes festgeschriebene Recht auf körperliche Unversehrtheit können weder die Windkraftinvestoren noch der niedersächsische Ministerpräsident außer Kraft setzen.
Nordwest Zeitung, online, 25. Juli 2015
Großes Lob für Bürgerwindpark
Ministerpräsident Stephan Weil beeindruckt von „Basses“[…] Trotzdem staunte Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) am Donnerstag (die NWZ berichtete) nicht schlecht, als er auf seiner Sommerreise einen Abstecher in den Windpark Bassens im Wangerland unternahm. Es erwarteten ihn nicht nur Wiesen und Windkraftanlagen, sondern auch Gesellschafter, Grundstückseigentümer, Vertreter aus Firmen, Banken, Politik und Verwaltung sowie ein Festzelt. […] Weil bezeichnete den Nordwesten als Region mit großer Perspektive: „Sie befinden sich auf der Überholspur“, sagte er. Dazu trage auch die Energiewende bei. Niedersachsen sei inzwischen auf dem besten Weg, das „Energieland Nummer 1“ zu werden, so Weil. Er lobte den Bürgerwindpark Bassens als „sehr, sehr schlaues Konzept“. „Beteiligte denken anders über Windkraftanlagen als solche, denen ein Windrad einfach vor die Nase gesetzt wird“, weiß Weil. In Bassens sei es offenbar gelungen, die Bevölkerung mitzunehmen. „Bürger mit Kommandit-Einlagen werden nie krank – es scheint sich um ein altes Volksmittel zu handeln“, scherzte Weil mit Blick auf Windkraftgegner, die gesundheitliche Probleme bei Menschen durch die Anlagen als Argument ins Feld führen. […]
Merke: Politikersprüche habe selten etwas mit der Realität zu tun.