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“Wer verdient wirklich mit Windkraft ?” Kritik an politischem Klüngel

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Teil des Windparks Utgast/Gemeinde Holtgast/LK Wittmund/NDS - davor der Ort Fulkum, Gemeinde Holtgast

Die ostfriesische Lokalzeitung “Anzeiger für Harlingerland“ im LK Wittmund hat in bemerkenswerter Deutlichkeit über die windigen Verflechtungen zwischen Ortsräten und Windparkplänen berichtet. Das Wattenrat-Büro hat dazu auch Material beigetragen, siehe auch: Windkraft intern: Beispiel eines kommunalen Netzwerkes in Esens/Ostfriesland.

Hilfreich bei der Recherche waren dabei Handelsregisterauszüge mit der dazugehörigen Gesellschafterliste, die bei den Amtsgerichten der Firmensitzorte kostenpflichtig angefordert werden können (ca. 10 Euro/Auszug). Diese Auszüge bringen Licht ins “demokratische” Dunkel der personellen Verflechtungen zwischen gewählten Ratsmitgliedern und Betreibergesellschaften!

Ein zentraler Punkt ist dabei das Mitwirkungsverbot nach der niedersächsischen Kommunalverfassung, wenn Ratsmitglieder in eigener Sache zum eigenen Vorteil abstimmen. Ob das Mitwirkungsverbot nach §41 des Niedersächsischen Kommunalverfassungsgesetzes für Ratsmitglieder am Beispiel der direkten Teilhabe an Betreibergesellschaften und der Bereitstellung von Flächen für Windkraftanlagen wirklich NICHT greift, wie der Landrat des LK Wittmund äußert, ist fraglich. Allein schon die Abstimmung im Rat bei direktem Vorteil oder bei einem Vorteil für die Ehe- oder Lebenspartner ist nicht zulässig! Wer als Ratsmitglied annehmen muss, durch das Kommunalverfassungsgesetz an Beratungen und Entscheidung gehindert zu sein, hat dies vorher mitzuteilen! Zu beachten wären auch die §§ 333 und 334 des Strafgesetzbuches bei der Inaussichtstellung von Vorteilen (Geldzahlungen!) für das Abstimmungsverhalten, wie z.B. in Holtgast 1994 beim Windpark Utgast geschehen (500.000 DM gegen “behördliche Genehmigung” des Windparks). Um die Ratsmitglieder vor Strafverfolgung zu schützen, wurde die damalige Zuwendung nach ersten staatsanwaltlichen Ermittlungen in eine Schenkung verwandelt! Der Vertrag ist hier nachzulesen.

Die nachfolgende mutige Berichterstattung sollte Schule machen in Ostfriesland und darüber hinaus. Sie entlarvt auch die verlogene Begründung der Windkraftnutzung wegen „Klima“ und „Atom“. Es geht, wie so oft, nur ums Geld.

Link: Das windige Netz: „Bürgerwindparks“ als Geschäftsmodell – kommunale Selbstverwaltung oder Selbstbedienung?

Anzeiger für Harlingerland, Wittmund/NDS, S. 01, 19. April 2014

Wer verdient wirklich mit Windkraft ?

ENERGIE Kritik am Umgang von Gemeinderäten mit Genehmigungen Immer öfter sind Ratspolitiker selbst Kommanditisten in Windpark- Gesellschaften.

VON MANFRED HOCHMANN

HARLINGERLAND – Nach Auffassung des Wattenrates Ostfriesland kommt es durch das Erneuerbare Energien Gesetz mit der gesetzlich garantierten Rendite auf 20 Jahre beim Betrieb von Windkraftanlagen zu einer „bedauerlichen Fehlentwicklung in der Kommunalpolitik“. Immer öfter würden Ratsmitglieder eine Windpark- Gesellschaft gründen und anschließend als Kommanditisten den finanziellen Rahm abschöpfen. Am aktuellen Beispiel der Gemeinde Dunum entwickle sich die Planung von sechs Windkraftanlagen in einem Landschaftsschutzgebiet zu einem „kommunalen Selbstbedienungsladen“. Drei Mitglieder des Dunumer Rates und ein Mitglied des Esenser Samtgemeinderates seien selbst Kommanditisten der „Windpark Dunum Projektentwicklungs UG & Co. KG“ mit Sitz in Dunum und hätten persönliche finanzielle Vorteile durch den Windpark.

In diese Auseinandersetzung hat sich inzwischen auch der Landkreis eingeschaltet. „Rechtlich ist ein solches Vorgehen erlaubt, weil der Landkreis als Genehmigungsbehörde abschließend den Plänen zustimmen muss“, so Landrat Matthias Köring. Deshalb handele es sich nicht um einen unmittelbaren Vorteil. Die moralische Bewertung sei eine ganz andere, so der Landrat. Köring kündigte im Gespräch mit unserer Zeitung an, dass seine Behörde den Windpark Dunum ohnehin nicht genehmigen wird, weil die Fläche in einem Landschaftsschutzgebiet liegt. „Die Samtgemeinde Esens möchte mit mir noch einmal das Gespräch suchen. Ich werde dann erläutern, warum ich beim klaren Nein bleibe.“

Fortsetzung von S.01, S. 07

Windanlagen werden zu „kommunalen Selbstbedienungsläden“ ENERGIE Kritik an Genehmigungsverfahren durch Gemeinderäte wächst – Kaum noch Flächen vorhanden

DUNUM/HARLINGERLAND/MH – Die Kritik an immer neuen Windkraftanlagen wächst und wird auch im Landkreis Wittmund stärker. Sogenannte „Bürgerwindparks“ entpuppen sich häufig als Gesellschaften, in denen dann Ratspolitiker, die den Park vorher genehmigten, als Kommanditisten auftauchen (Seite 1). Kritik an dieser Vorgehensweise kommt inzwischen auch aus einigen Organisationen und Parteien.

Der Wattenrat Ostfriesland zählt schon länger zu den Kritikern. Er spricht von einem „kommunalen Selbstbedienungsladen“ und führt als jüngstes Beispiel die Pläne für den Windpark Dunum an. Moniert wird in diesem Fall auch, dass der Regionalvorsitzende des Bundesverbandes Windenergie (BWE), Wilhelm Wilberts, ebenfalls Kommanditist der Dunumer Projektfirma sei. Es werde deutlich, dass der „BWE gezielt Ratsmitglieder anködere, die direkt oder über verwandtschaftliche Beziehungen Einfluss auf die Bereitstellung der Flächen im Flächennutzungsplan der Samtgemeinde nehmen sollen“. Dunum sei dabei kein Einzelfall, in anderen Kommunen laufe es ähnlich ab. In Stedesdorf, Dornum, Holtgast oder Hage sei die Vorgehensweise ähnlich gewesen.

Bemerkenswert sei, dass die Dunumer Planungen gar nicht von der Potenzialstudie auf dem Gebiet der Samtgemeinde Esens erfasst seien. Die Potenzialstudie aus 2010, von einem Bremer Planungsbüro im Auftrag der Samtgemeinde Esens aus Steuergeldern erstellt, stelle Flächen dar, die für die Windkraftnutzung geeignet sind. Flächen in Dunum seien darin nicht erfasst.

„In Wildwestmanier wird nun versucht, die letzten intakten Landschaftsräume aus persönlichem Profitdenken unter die Windräder zu nehmen“, so die Kritik des Wattenrates. Das von allen Stromkunden subventionierte Geschäftsmodell „Erneuerbare Energien Gesetz“ (EEG) mit der Aussicht auf das schnelle Geld und lukrative Pachten für die Landwirte, die ihre Flächen bereitstellen, mache dies möglich und ließe alle Schamhüllen fallen.

Der Landrat des Landkreises Wittmund, Matthias Köring, hatte sich bereits öffentlich gegen den Windpark im Landschaftsschutzgebiet positioniert und ihn im „Anzeiger für Harlingerland“ vom 19. Februar 2014 als „nicht genehmigungsfähig“ bezeichnet. Dennoch werde von politischer Seite weiter gebohrt, um die Dunumer Planungen zu verwirklichen, so am Rande des Besuchs von Wirtschaftsminister Olaf Lies am 5. April. Wittmunds Landrat Matthias Köring hat gegenüber dem HARLINGER bestätigt, dass weitere Gesprächswünsche an ihn herangetragen worden seien. Köring: „Gespräche sind nie verkehrt, aber in diesem Fall werde ich dann die Ablehnung des Windparks in Dunum gerne ausführlich erläutern.“ Nach Ansicht von Köring gibt es im Landkreis Wittmund mit seinen vielen Landschaftsschutz- und Naturschutzgebieten kaum noch Flächen für neue Windparks. „Wir produzieren jetzt schon mehr regenerative Energie als wir selbst verbrauchen können.“ Die Verdichtung mit Anlagen sei schon sehr groß. Vorstellen könne er sich, dass durch Repowering viele kleine durch größere, leistungsstärkere Windkraftanlagen ersetzt werden. Köring: „Das würde dann auch der Verspargelung der Landschaft entgegenwirken.“

Anzeiger für Harlingerland, Wittmund/NDS, S. 2, 19. April 2014

Kommentar:

ZUM ENDE DER WOCHE

Ende 2003 hat der niedersächsische Landtag festgestellt, dass die Windenergie einerseits ein wichtiger wirtschaftlicher Faktor ist und tausende Arbeitspläne sichert, andererseits aber das Landschaftsbild mit vielen Anlagen stark dominiert. Auf dem Festland sei ein Sättigungsgrad erreicht. Repowering – leistungsstärkere Anlagen ersetzen kleinere – soll die Energieausbeute erhöhen und die Zahl der Windkraftanlagen reduzieren.

Dieses Ziel wird offensichtlich in den Gemeinden unterschiedlich interpretiert. Sehr gut umgesetzt wurde es in Werdum, wo 17 alte durch vier größere Anlagen ersetzt wurden. Es gibt aber andere Beispiele. In Stedesdorf sind trotz Repowering mehr Anlagen entstanden als vorher; ebenso in Holtgast, und es sollen noch mehr werden. Auch in Ochtersum sollen 17 Anlagen dazu kommen. Im Nachbarkreis Aurich werden mehr Anlagen genehmigt als abgebaut.

Und die Lärmbelästigung für Anwohner steigt mit, weil die größeren Anlagen lauter sind und Abstände zur Wohnbebauung oft nicht vergrößert werden. Verwunderlich ist, welche Blüten das Erneuerbare Energien Gesetz treibt. Wegen der Rendite auf 20 Jahre beim Betrieb von Windkraftanlagen versuchen Gemeinderäte, ein Stück vom Kuchen abzubekommen. Die Kritik wächst. Vor allem, wenn Kommunalpolitiker Windpark-Gesellschaften gründen und als Kommanditisten dieser Gesellschaften fungieren. Ein einträgliches und windiges Geschäft.

Auch wenn dieses Vorgehen rechtlich einwandfrei sein sollte – rein moralisch ist es zu verurteilen. Mit „Bürgerwindparks“ hat das Ganze nichts zu tun. @ Den Autor erreichen Sie unter mh@harlinger.de


Windenergiewirtschaft und Vogelschutz: der Staat als Beute

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Nonnengänse am Dollart, "Weltnaturerbe" Wattenmeer -im Hintergrund der Windpark "Wybelsumer Polder" bei Emden

Die Aufgabe der Staatlichen Vogelschutzwarten in den Bundesländern ist eigentlich, wie der Name schon deutlich sagt, der Schutz von wildlebenden Vögeln. Vogelschutzwarten (nicht zu verwechseln mit den wissenschaftlichen Vogelwarten Helgoland oder Radolfzell!) geben Handlungsempfehlungen an die Landesumweltministerien ab und weisen u.a. auf Missstände hin – eigentlich. Darauf wurde bereits 1996 am Beispiel der damaligen hochgelobten niedersächsischen Umweltministerin Monika Griefahn (SPD)  hingewiesen: Wie eine Landschaft unter die Windräder gekommen ist.

Nur sind die Vogelschutzwarten eben nicht unabhängig, sie sind nachgeordnete weisungsgebundene Behörden, an der kurzen Leine der Landespolitik. Und die Politik will Windkraft installieren, und da sind fachliche Empfehlungen im politischen- und Betreiberinteresse häufig lästig. Wie der politische Einfluss der Windenergiewirtschaft heute in der Praxis aussieht, hat die „Gesellschaft zur Erhaltung der Eulen e.V.“ (EGE) in einem Fachbeitrag deutlich herausgearbeitet. Wir danken den Eulenfreunden für die Überlassung des Beitrages:

Vogelschutzwarten, Umweltministerien und die Windenergiewirtschaft – April 2014

Schon 2012 hatte die Länder-Arbeitsgemeinschaft der Vogelschutzwarten (LAG-VSW) in Deutschland ihre “Abstandsempfehlungen für Windenergieanlagen zu bedeutenden Vogellebensräumen sowie Brutplätzen ausgewählter Vogelarten” aus dem Jahr 2007 fortschreiben wollen. Bis heute wird die LAG-VSW daran gehindert. Die LAG-VSW hatte die vorbereitete Fortschreibung in den artenschutzrechtlichen Zusammenhang des signifikant erhöhten Tötungsrisikos gestellt; der Schwelle, an der weitere Standortentscheidungen zugunsten der Windenergiewirtschaft scheitern können. Das rief die Länderumweltministerien auf den Plan, die seitdem die Fortschreibung blockieren. Die Vogelschutzwarten sind nämlich keineswegs in ihrem Handeln frei oder bloß der Sache des Vogelschutzes verpflichtet, sondern von der Politik kontrollierte nachgeordnete Einrichtungen.

Allerdings stellt sich die Frage, ob es sich überhaupt noch lohnt, sich eine Fortschreibung zu wünschen oder auf eine solche zu warten. Dem Vernehmen nach sind ursprünglich angestrebte Verbesserungen von den Vogelschutzwarten gestrichen worden. So jedenfalls die Öffnung der Empfehlungen zum Schutz solcher Vogelarten, die leicht mit Windenergieanlagen kollidieren können, aber nicht bereits auf der Roten Liste stehen. Eine solche Verknüpfung ist zwar rechtswidrig, scheint die verantwortlichen Personen in den Vogelschutzwarten aber nicht übermäßig zu kümmern, sondern sie liegt ganz auf der Erwartungslinie der Umweltministerien.

Die einzige noch realistische Verbesserung des Vogelschutzwarten-Papiers dürfte dem Rotmilan gelten: statt eines Abstandes von 1.000 m soll der Abstand auf 1.500 m erhöht werden. Der den Rotmilan betreffende aktualisierte Mindestabstand ist aber prinzipiell seit September 2012 bekannt und seitdem beispielsweise einer allgemein zugänglichen Veröffentlichung der rheinland-pfälzischen Landesnaturschutzverwaltung (pdf-Datei, ca. 1,17 MB) zu entnehmen. Darin wird der Abstand von 1.500 m zu Rotmilannestern ausdrücklich auf die vorbereiteten und dort als “im Druck” angegebenen überarbeiteten Abstandsempfehlungen der LAG-VSW gestützt:

Naturschutzfachlicher Rahmen zum Ausbau der Windenergienutzung in Rheinland-Pfalz Artenschutz (Vögel, Fledermäuse) und NATURA 2000-Gebiete” erstellt von Staatliche Vogelschutzwarte für Hessen, Rheinland-Pfalz und das Saarland & Landesamt für Umwelt, Wasserwirtschaft und Gewerbeaufsicht Rheinland-Pfalz im Auftrag des Ministeriums für Umwelt, Landwirtschaft, Verbraucherschutz, Weinbau und Forsten Rheinland-Pfalz.

Den Vorsitz der LAG-VSW hat derzeit die nordrhein-westfälische Vogelschutzwarte inne. Angesichts des von dieser Stelle mitherausgegebenen erschreckenden Erlasses zu Windenergie und Artenschutzrecht in Nordrhein-Westfalen wird man an eine substantiierte Fortschreibung des Papiers der Länderarbeitsgemeinschaft der Vogelschutzwarten keine hohen Erwartungen richten dürfen. Von einer Intervention der Umweltverbände oder des NABU Deutschland, die auf eine ungehinderte und den Belangen des Vogelschutzes angemessene Veröffentlichung drängen könnten, hat bis heute niemand gehört. Die Windenergiewirtschaft hat sich ein ganzes Land zu eigen gemacht – den Vogelschutz eingeschlossen.

Umweltminister Wenzel (Grüne) und die nasse Salzwiese auf Langeoog

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Screenshot-Bildzitat: Anzeiger für Harlingerland, Wittmund, online, 23. April 2014, Foto: Kremer - Niedersachsens Umweltminister Stefan Wenzel (mitte) und Bürgermeister Uwe Garrels (rechts daneben) vor der Rundtour um Langeoog, ganz rechts Uilke van der Meer (BUND), dritter von links Frank Thorenz (NLWKN), verdeckt hinter Minister Wenzel Carl-Wilhelm Bodenstein-Dresler, Landesgeschäftsführer des nds. BUND. Nicht auf dem Bild: Peter Südbeck, Nationalparkleiter

Der niedersächsische Umweltminister Stefan Wenzel (Bündnis 90/Die Grünen) bereiste die Küste und setze auch nach Langeoog über. Solche Veranstaltungen sind oft Anlass für Gespräche auf dem “kurzen”  Dienstweg,  angenehm abseits vom politischen Alltagsgeschäft und – fürs Volk- begleitet von einem größeren oder kleinen Pressetross. Man will ja gut rüberkommen. Aber das Positive vorweg: Es ist schon etwas Besonderes, wenn der Ortsbürgermeister einer Ferieninsel den Minister daran erinnert, „die personelle Ausstattung der Nationalparkranger zu verbessern“, das gab es bisher noch nicht. In der Tat: Im ganzen Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer gibt es auf 3.500 qkm Fläche nur sechs (!) hauptamtliche Dünenwärter als Nationalparkwarte, alle ohne Boote, Fahrzeuge und vor allem ohne jede Befugnisse, bei derzeit ca. 37 Millionen Tourismusübernachtungen von Cuxhaven bis Emden. Allein auf Langeoog beträgt die offizielle Übernachtungsrate mehr als 1,5 Millionen jährlich. Tatsächlich ist die Zahl aber höher: Erfasst werden nur die Häuser mit  über zehn Betten, dazu kommen hunderte Betten in Schwarzbauten.

Bei der Naturschutzvorzeigenummer der Salzwiesenvernässung im Osten der Insel wurde der radelnde Minister schamlos hinters Licht geführt. Mit dem grünen Umweltminister Wenzel aus dem fernen Hannover kann man es ja machen. Die Historie des Nationalparks Niedersächsisches Wattenmeer ist ihm offensichtlich noch fremd. Dafür wiederholte er brav die häufig gebrauchten, aber abgedroschenen Sprechblasen des -verfehlten – Wattenmeervergleichs mit dem Yellowstone Nationalpark in den USA oder dem Great Barrier Reef in Australien.

Wie gut also, dass es ein Archiv gibt.  Die hochgelobte Vorzeige-Salzwiesen-Renaturierungsmaßnahme auf Langeoog hat bereits vor 12 Jahren, also 2002 stattgefunden, und nur deshalb dort, weil die eigentlich vorgesehene Ersatzmaßnahme für die Gasleitung „Statoil-Europipe“ durch den Nationalpark mit der bereits planfestgestellten Wiedervernässung des Münsterpolders (Dornumersiel) mit der Öffnung des dortigen Sommerdeiches – nur für die trockenen Füße des Weideviehs vom Reichsarbeitsdienst gebaut – von den Deichverbänden und dem damaligen Landrat des LK Aurich, Theuerkauf (SPD), torpediert und verhindert wurde. Die Kompensationsmittel drohten zu verfallen.  So wurden die Naturschutzmittel von Statoil in Höhe von ca. 3,6 Millionen Euro von Dornumersiel nach Langeoog umgeleitet. Der Münsterpolder im Nationalpark Wattenmeer, am Eingriffsort der Europipe, ist nach wie vor eine trockene Viehweide.

Den größten Teil des Ersatzmaßnahmen-Geldes verschlang ein “Damm” zur Inselsicherung (“Deich” durfte das Küstenschutzbauwerk nicht genannt werden, das würde sich als Naturschutz-Ersatzmaßnahme ja auch schlecht machen) mit einem neuen breiten Weg obendrauf, der den Ostteil der Insel leichter für die Touristen erreichbar macht. Allein diese Küstenschutznahme des Niedersächsischen Landesbetriebs für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN, man beachte: das N für Naturschutz ist das Letzte im Namen!) hätte in einem Natura-2000-Gebiet eine Verträglichkeitsprüfung nach 34 des Bundesnaturschutzgesetzes erforderlich gemacht. Damit auch noch etwas für den Naturschutz übrig blieb, wurde auch ein alter Sommerdeich, der so flach war, dass man in kaum noch in der Landschaft sah, weit weniger aufwändig mit einem Bagger geöffnet und so die höhere Salzwiese durch das nun einströmende Hochwasser wiedervernässt. Trickreich, ohne Steuermittel anzuzapfen, wurde aus der fehlgeschlagenen Statoil-Naturschutz-”Ersatzmaßnahme” Münsterpolder am Festland zunächst eine Küstenschutzmaßnahme mit ein bisschen Vorzeige-Naturschutz auf Langeoog finanziert.

Mit von der radelnden Ministerpartie waren übrigens auch Carl-Wilhelm Bodenstein-Dresler, Geschäfsführer des BUND-Niedersachsens und BUND-Multifunktionär. Ebenfallls vom BUND dabei war Uilke van der Meer, Leiter des BUND-Nationalparkhauses in Dornumersiel (auch von Statoil mitfinanziert), der damals zu den heftigsten Kritikern der Ersatzmaßnahme auf Langeoog gehörte. Heute bietet das Nationalparkhaus Dornumersiel mit dessen Leiter Touristenführungen auf Langeoog gegen Bares an und ist längst Teil des Wattenmeer-Vermarktungsgeschäftes geworden. Vom BUND hört man kaum noch Kritisches zur wenig erfreulichen Entwicklung des Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer, aber wenn der Minister und der Pressetross rufen, ist man wieder dabei und hält seine vier Verbands-Buchstaben hoch. Mit den großen Hunden vor der Kamera Pippi machen zu dürfen ist auch gut fürs Geschäft und die PR eines Naturschutzverbandes. Immerhin ist auch der BUND Empfänger von Projektfördergeldern aus der Statoil-Wattenmeerstiftung, deren Mittel vom Umweltminister verwaltet und verteilt werden – Bodenstein-Dresler ist auch Mitglied im Beirat der Wattenmeerstiftung. Das Stiftungskapital beträgt 20 Millionen Euro. Es wurde je zur Hälfte von den Firmen Statoil und Ruhrgas zur Verfügung gestellt. Anlass der Gründung der Wattenmeer-Stiftung war der Bau der Erdgas-Leitung “Europipe” durch das niedersächsische Wattenmeer. Derzeit setzt sich der BUND (als Naturschutzverband!) für die Nutzung der Windenergie ein und betätigt sich als “Ökostrom”-Vermittler. Der Bundesvorsitzende Hubert Weiger malt auch schon mal zusammen mit der Windenergiewirtschaft den Klimatod an die Wand: Weltklimarat dringt auf Sofortmaßnahmen zur Minderung der CO2-Emissionen. Dem Herrn Umweltminister dürfte das gefallen: Er ist nicht nur Umwelt- , sondern auch Klimaschutzminister. In dieser Eigenschaft sorgt er sich mehr um das Klima als um den Naturschutz und will mehr Windkraftanlagen im Lande für eine höchst umstrittene „Energiewende“, die aber den Naturschutz unter die Windräder geraten lässt.

Link: BUND-Nationalparkhaus Dornumersiel: Hier schaut der Naturschutz in die (Gas-)Röhre

Anzeiger für Harlingerland, online, 23. April 2014

KÜSTENTOUR

Interessen weiter bündeln

Umweltminister Wenzel erkundet die Insel Langeoog per Fahrrad

LANGEOOG|

KRE/MH

Veröffentlicht: 23.04.2014

Niedersachsens Umweltminister Stefan Wenzel (vorne rechts) und Bürgermeister Uwe Garrels (vorne links) radelten vorweg bei der Rundtour um Langeoog Besondere Anlaufpunkte bei der Rundreise waren die Salzwiesen und die Öffnung der Sommerpolder.

Niedersachsens Umweltminister Stefan Wenzel (Grüne) hat sich am Mittwoch auf Langeoog über Natur- und Küstenschutzobjekte informiert. Per Fahrrad erkundete er gemeinsam mit Bürgermeister Uwe Garrels und einer großen Delegation unter anderem die Bereiche der Salzwiesen-Renaturierung und der Sommerpolder-Öffnung. Der frühere Sommerdeich der Insel war vor einigen Jahren geschleift worden, um die dahinter liegenden Salzwiesen wieder der Tide auszusetzen. Die begleitenden wissenschaftlichen Untersuchungen belegten, dass die Flora der Salzwiesen in diesem Bereich sehr schnell die natürlichen Randbedingungen wieder angenommen hat.

„Die Wattführung hat den Stellenwert des Wattenmeers in einer Reihe auf Augenhöhe mit dem Great Barrier Reef, dem Yellowstone Nationalpark und der Serengeti verdeutlicht.“ zeigte sich Wenzel anschließend beeindruckt vom Leben im Watt und von der Bedeutung im weltweiten Vogelzug. Beim Abschlussgespräch im „Seekrug“ betonte Wenzel das wichtige Ziel, die unterschiedlichen Herausforderungen Naturschutz, Tourismus und Küstenschutz gleichermaßen zu fördern. Eine wichtige Aufgabe übernähmen dabei die Wattenmeer-Partnerbetriebe, die Brücken bauten zwischen Ökologie und Ökonomie. Zudem gehe es darum, in den Verhandlungen mit dem Finanzministerium persönlich Argumente für die Bedeutung des großen Postens des Küstenschutzes zu sammeln. Garrels lobte die gute Zusammenarbeit der unterschiedliche Interessen vertretenden Organisationen Nationalparkverwaltung, NLWKN, BUND und Inselgemeinde, „ohne die es nicht gehen würde“. Von der Landesregierung wünschte er sich mehr Unterstützung bei der wichtigen Bildungsaufgabe, die vor Ort geleistet werde und weit über die Region hinaus von Bedeutung sei. Er regte darüber hinaus an, die personelle Ausstattung der Nationalparkranger zu verbessern.

Energiewende: die „Bekloppten Europas“

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Auch Wirtschaftsminister Gabriel (SPD) hat erkannt, dass diese „Energiewende“, basierend auf Wind- oder Solarstrom in einer Industriegesellschaft, die auf eine verlässliche und bezahlbare Stromversorgung angewiesen ist, nicht funktionieren kann. In hessischen Kassel sprach er Mitte April 2014 vor Mitarbeitern der SMA Solar Technology AG die bemerkenswerten Sätze zum Erneuerbare Energien Gesetz (EEG), zitiert in der Online-Zeitung „lokalo24.de“: „Die Energiewende steht kurz vor dem Aus. Für die meisten anderen Länder in Europa sind wir sowieso Bekloppte.“ Die Online-Zeitung schrieb weiter: „Eine ungekürzte Weiterzahlung der EEG-Förderung? Mit ihm nicht. Diese Aussage war ebenso kurz wie unbequem. Das SMA-Geschäftsmodell der gesicherten Förderung sei zwar schön, aber nicht mehr zeitgemäß. Sprach`s und verließ nach neunzig Minuten die gastliche Stätte, die sich weiter auf schlechte politische Rahmenbedingungen einstellen kann.“

Trotz Gabriels Worten geht aber die “Energiewende” derzeit vehement weiter, enorm teure Offshore-Anlagen und weitere Onshore-Anlagen sollen ans Netz gehen, gigantische neue Stromtrassen werden die Republik zerschneiden. Zwischen Gabriels kritischen Worten und der Realität klafft eine gewaltige Lücke. Seine vorher angekündigte “Entlastung für die Verbraucher” blieb im Sumpf der Lobbyisten stecken. Für die „politischen Rahmenbedingungen“ zahlt der deutsche Stromkunde durch die gesetzliche EEG-Vorgabe immer mehr: derzeit 7,7 ct (brutto) für jede verbrauchte Kilowattstunde (kWh) zusätzlich zum Strompreis. Für eine vierköpfige Familie mit ca. 5000 kWh Verbrauch im Jahr kommen dadurch noch einmal ca. 370 Euro jährlich als Zwangsabgabe aus dem EEG zu den Stromkosten hinzu, macht fast 31 Euro im Monat, für nichts, für kaputte Landschaften, neue Hochspannungsmasten und für das gute Klima auf den Betreiberkonten! Die Summe dieser erbrachten Subvention für die EEG-Profiteure betrug allein Jahre 2013 ca. 20 Milliarden Euro! Und diese steigende Strompreise gibt die produzierende Industrie an die Verbraucher weiter, die Lebenshaltungskosten steigen auch dadurch weiter an.

Langsam spricht sich das also herum, bis in die hohe Politik, die das Desaster „Energiewende“ verursacht hat. Wer Atomkraftwerke abschalten und diese ausgerechnet mit unstet einspeisenden Windkraftanlagen ersetzen will, muss in der Tat „bekloppt“ sein. Dagegen spricht die Physik. Wer Atomkraftwerke abschaltet, kann die Stromlücke eigentlich nur mit Kohle- und Gaskraftwerken ersetzen oder mehr Atomstrom aus den Nachbarländern Frankreich oder Tschechien importieren. Auch der bereits 1977 in Betrieb genommene Reaktor Fessenheim, der „Schrottreaktor“ an der Grenze in Frankreich, lieferte schon nach Deutschland, bis er nach einer erneuten Panne im April 2014 wieder stillgelegt wurde, 2016 soll er nun endgültig vom Netz gehen.

2004 verkündete der ehemalige Umweltminister Jürgen Trittin, für einen Durchschnittshaushalt werde das EEG monatlich nicht teurer als eine Kugel Eis. Der Speiseeispreis muss seitdem enorm angestiegen sein. Und Frau Merkel sprach als damalige CDU-Vorsitzende zum EEG den bemerkenswerten Satz im Kölner Hyatt-Hotel am 29. Oktober 2004 vor Managern der Deutschen Energiewirtschaft: “Auf die Dauer gibt es so viele Profiteure der Windenergie, dass Sie keine Mehrheiten mehr finden, um das noch einzuschränken“. Sigmar Gabriel hat die Zeichen der Zeit sehr viel später  erkannt, zur Reform des EEG sagte laut Welt am Sonntag vom 09.  Februar 2014: “In diesem Bereich sind unheimlich viele unterwegs, die ihr Eigeninteresse zum Gemeinwohl erklären.” Diese Profiteure sind mit Sicherheit nicht die „Bekloppten Europas“, es sind die kalkulierende Abzocker, deren unglaublich raffinierter Propagandaapparat, der bis in die Regierungsämter hineinreicht, der Bevölkerung weismachen will, ohne Wind- und Solarenergie drohe der Klimakollaps. Und das wird sogar geglaubt.

Neue Brennverordnung: Treibsel darf wieder verbrannt werden

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Treibsel (Teek) nach einer Sturmflut bei Dornumersiel

Am 31. März 2014 trat die bisherige Brennverordnung außer Kraft. Bisher konnten Gartenbesitzer ihre Gartenabfälle an „Brenntagen“, die von den Kommunen festgesetzt wurden, verbrennen. Die Verordnung soll nun neu gefasst werden, der komplizierte und für Laien kaum nachvollziehbare Entwurf der neuen Brennverordnung mit den Ausnahmeregelungen liegt vor: MU_BrennVO. Der Baum- oder Strauchschnitt muss – abgesehen von Einzelfällen – zukünftig aufwändig geschreddert oder auf PKW-Anhängern zum nächsten kommunalen Sammelplatz gefahren werden. Das soll gegen den Feinstaub helfen.

Aber es sind Ausnahmen vorgesehen, und die gelten u.a. für die Forstwirtschaft und den Treibselanfall an der Küste. Früher, bis zum Anfang der achtziger Jahre, wurde Teek nach jeder Sturmflut von den ostfriesischen Deichverbänden zusammengekarrt und im Deichvorland, in den Salzwiesen des Wattenmeeres, verbrannt. Das stank gewaltig und setze ebenso gewaltig Schadstoffe frei, da Teek keine homogene Pflanzenmasse, sondern salzgetränkt und mit Müllresten vermengt ist. Nun soll die Uhr auf Druck der Deichunterhaltungsverbände wieder zurückgedreht werden: Im (grünen!) Niedersächsischen Umweltministerium kursiert ein Verordnungsentwurf (Verordnung über die Beseitigung von pflanzlichen Abfällen), der pflanzliche Abfälle aus den Hausgärten und auch Treibsel erfasst. Demnach ist das Verbrennen von Treibsel auf Antrag, wenn auch „nachrangig“, am Ort des Entstehens zulässig, als „beste Umweltoption“.

Nicht genehmigte Teekdeponie der Deichacht Esens-Harlingerland an einem Landschaftsschutzgebiet in Westerbur/LK Aurich (Bildmitte, hinter dem Röhricht, 2004)

Bisher wurde Teek nach jeder Sturmflut in eigens dafür gebauten Kompostanlagen zur Verrottung gelagert, oder gehäckselt und wieder in den Nationalpark geblasen oder einfach verbuddelt. Teek fällt überwiegend im oder am Rande des Nationalparks Niedersächsisches Wattenmeer an. Durch die innigen Verflechtungen zwischen den Landkreisen, der Politik und den Deichverbänden wird man also in Zukunft regen Gebrauch von den Ausnahmeregelungen der kostengünstigen Verbrennungen von Teek machen. Es wäre bemerkenswert, wenn mit Hilfe des grünen Niedersächsischen Umweltministeriums in diesem Weltnaturerbe demnächst wieder die Teekhaufen qualmen würden.

Kitesurfer: Demo gegen Schließung eines Kitespots in Cuxhaven – Shitstorm bei Facebook

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Verbotswidriges Kiten in der strengsten Schutzzone des Nationalparks Niedersächsisches Wattenmeer im Dollart, "Weltnaturerbe"

Aus gegebenem Anlass: Die auf den Wattenrat-Seiten verwendeten Fotos unterliegen dem Copyright, die Verwendung der Fotos bei Facebook oder in Foren ist nicht zulässig! Bitte edit am Ende des Beitrages beachten.

Kitesurfer: Demo gegen Schließung eines Kitespots in Cuxhaven – Shitstorm bei Facebook

Den Outdoor-Freitzeitbewegten, seien es Geocacher oder Kitesurfer, ist kein Gebiet zu schade, um darin herumzutoben. Ihnen ist kaum zu vermitteln, dass ihre Sportart auch erhebliche Beeinträchtigungen, sprich Vertreibung von geschützten Tierarten, zur Folge haben kann. Wenn diese Sportarten in ausgewiesenen Naturschutzgebieten durchgeführt werden, kommt es noch schlimmer und ist dazu auch noch rechtswidrig. Bemerkenswerterweise fühlen sich viele Outdoor-Sportler schon deshalb als Naturschützer, weil sie ihren Sport in der Natur ausüben.

Der Fluch der bösen Tat ereilte die Verwaltung des Nationalparks Niedersächsisches Wattenmeer am 01. Mai 2014, als mehrere hundert Kitesurfer gegen die Schließung eines von zwei Kitespots – an der Kugelbake- in Cuxhaven demonstrierten, der im Rahmen der Genehmigungsverlängerungen bis 2018 nicht mehr zugelassen wurde. Am 17. April war Schluss mit lustig an der Kugelbake. Die Wasserschutzpolizei setzte  das dortige Kiteverbot durch. Ob die Schließung tatsächlich aus Naturschutzgründen, aus Gründen der Schiffssicherheit am vielbefahrenen Schifffahrtsweg oder aus optischen Gründen für die vielen Besucher des Wahrzeichens Kugelbake erfolgte, ist nicht bekannt. Insgesamt durfte seit einigen Jahren von Cuxhaven bis Emden an 17 Stellen der Zwischenzone des Nationalparks und an drei Stellen der Erholungszone -dort gibt es keinen Genehmigungsvorbehalt- der Kitesport ausgeübt werden, einer wurde nun gestrichen, die Gesamtfläche für den Kitesport im Nationalpark wurde reduziert. Alle Genehmigungen wurden unmittelbar nach der Ausweisung des Watttenmeeres als Unesco-Weltnaturerbe von der Nationalparkverwaltung in Wilhelmshaven erteilt.

Die Genehmigungsgrundlage aller Kitespots in den Zwischenzonen des  Nationalparks ist, obwohl die Verwendung von Drachen in den Ruhe- und Zwischenzonen laut Nationalparkgesetz verboten ist, die „Befreiung“ nach § 67 des Bundesnaturschutzgesetzes.  § 67 des Bundesnaturschutzgesetzes sagt aber eindeutig, dass eine Befreiung nur aus Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses zulässig ist, wenn diese zu unzumutbaren Belastungen führt und sie mit den Belangen von Naturschutz und Landschaftspflege vereinbar ist.

Diese Gründe treffen für die Freizeitgruppe der Kitesurfer in einem Großschutzgebiet wie einem Nationalpark eindeutig nicht zu, da es ausreichend Kitesurfflächen auch außerhalb des Schutzgebietes gibt. Das “überwiegende öffentliche Interesse” in einem Nationalpark ist der Naturschutz, nicht das Kitesurfen.  Allein die „Befreiung“ der Nationalparkverwaltung von den Vorschriften des Nationalparkgesetzes für alle Kitespots ist schon rechtswidrig. Für jede Fläche hätte vor der Genehmigung eine Verträglichkeitsprüfung nach § 34 des Bundesnaturschutzgesetzes erforderlich gemacht, stattdessen schob die Nationalparkverwaltung später, nach den öffentlichen Kritiken vor allem des Wattenrates, “passende” und naturschutzfachlich-methodisch angreifbare Gutachten für vier genehmigte Kitesurfgebiete nach; das übliche Vorgehen: Was nicht passt, wird passend gemacht!  Jeder versierte Vogelbeobachter sieht aber, dass Vögel des Wattenmeeres, ausgenommen die robusten Silber- und Heringsmöwen, Kitesurfflächen meiden und bei der Annäherung eines Zugsegels, je nach Vogelart, auch schon weiträumig die Flucht ergreifen. Besonders flatternde Segel oder das plötzliche Hochziehen veranlasst viele Arten zur panikartigen Flucht. Ein Mitarbeiter des Wattenrates hatte  in einer langen Beobachtungsreihe mit der Kamera bei Upleward/LK Aurich die häufigen Störungen von Wat- und Schwimmvögeln durch die Kiter dokumentiert.

Die Nationalparkverwaltung erfüllte mit den Genehmigungen der Flächen die Forderungen der Tourismusindustrie, die damit neue Zielgruppen erschließen will, aber gleichzeitig die “Einzigartigkeit des Weltnaturerbes” bewirbt, für noch mehr Tourismus.

Kitesurfer räumen Rastvögel von einem Hochwasserfluchtplatz im Nationalpark ab: Campen/Upleward, LK Aurich

Den Kitern sind diese gesetzlichen Feinheiten kaum zu vermitteln; dass sie streng geschützte Vogelarten mit ihren großen beweglichen Zugsegeln weiträumig von ihren Rastplätzen vertreiben oder Seehunde beunruhigen, ist ihnen nicht bewusst oder gar egal. Die verschiedenen Vogelarten des Wattenmeeres sind ihnen offensichtlich auch weitgehend unbekannt. Böse Zungen meinen gar, Kiter hätten nicht nur unter den Füßen ein Brett. Dafür machen die Kiter umsomehr TamTam für ihre Sportart in einem Schutzgebiet, sogar in sozialen Netzwerken, bar jeder Kenntnis der Naturschutzgesetze und des Artenschutzrechts (siehe edit oben) .

In völliger Unkenntnis der Rechtslage trugen die in Cuxhaven demonstrierenden Kiter T-Shirts mit dem Aufdruck „Kitesurfing ist not a crime“. Doch, das kann nach dem Bundesnaturschutzgesetz sehr wohl eine Straftat sein, wenn gewerbliche Kiteschulen geschützte Tierarten vertreiben.

Wo bleibt eigentlich der Gegenprotest der mittlerweile 15 „anerkannten“ Naturschutzverbände in Niedersachsen, von BUND, NABU, NVN, BSH und wie sie sonst noch alle heißen? Die klagebefugten Verbände hätten längst Rechtsmittel gegen alle Kitespots in den Zwischenzonen des Nationalparks Wattenmeer einlegen müssen. Und warum gelingt es der berichtenden Presse nicht, einfache naturschutzrechtliche Sachverhalte zu vermitteln?

Eine qualifizierte Aufsicht über die Einhaltung der Regeln in den zugelassenen Kitespots findet nicht statt. Kiter kontrollieren sich nach Absprache mit den Kurverwaltungen selber! Im gesamten Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer kontrollieren sechs (!) hauptamtliche Dünenwärter auf 3.500 qkm Fläche die Einhaltung der Schutzvorschriten, ohne Fahrzeuge, ohne Boote und ohne Kompetenzen, in einem “Weltnaturerbe” und EU-Vogelschutzgebiet.

edit 06. Mai 2014: Bei Facebook  (für registrierte Besucher, “Freies Kiten an der Kugelbake”) kann sich jeder selbst einen Eindruck über die “Qualität” der Aussagen einiger Kiter zum Naturschutz im Wattenmeer machen, aber auch ein Shitstorm (frei übersetzt Fäkal-Aufruhr) setzt Naturschutz- und Urheberrecht nicht außer Kraft. Eine Diskussion auf diesem Niveau erübrigt sich. Ein Kiter bei Facebook nimmt sogar “die freie Entfaltung der Persönlichkeit” laut Art. 2 GG für sich in Anspruch und meint vermutlich, damit EU- und nationales Naturschutzrecht aushebeln zu können. Andere wollen gegen die Schließung des Kitespots Cuxhaven “klagen”, was ausdrücklich vom Wattenrat begrüßt wird! Ein anderer User warnt vor der Verlinkung zu Wattenrat-Beiträgen, man solle Zitat “keine Bühne zu geben. Je mehr Berichte geteilt werden, destso mehr Aufmerksamkeit”. Es liegt die Vermutung nahe, dass die Wattenrat-Seiten zwar von einigen Facebook-Kitern gelesen, aber inhaltlich nicht verstanden werden, wobei wir in die bedenkliche Nähe zum funktionalen Analphabetismus kämen. Der Herr weiß nicht, dass die Wattenrat-Seiten täglich mehr als 1200 Besucher zählen, ganz ohne Kitesurfer. So deutlich und selbstbezogen hat sich bisher kaum eine andere  gut organisierte Freizeit-Nutzergruppe gegen Naturschutzvorgaben artikuliert, ausgenommen vielleicht die Freizeitjäger, die sogar “anerkannter” Naturschutzverband sind. Zudem wurden zwei Fotos des Wattenrates bei Facebook von Kitesurfern widerrechlich verwendet. Bereits 2009 wurde der Betreiber einer Surfschule in Upleward/LK Aurich am Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer vom Wattenrat kostenpflichtig abgemahnt. Er hatte ein Bild des Wattenrates auf seiner WebSeite verwendet und behauptet, das Bild sei gefälscht. Am 04. November 2009 unterzeichnete er eine anwaltliche Unterlassungserklärung und verpflichtete sich, nicht mehr zu behaupten, der Wattenrat habe ein “gefaktes” Foto verwendet. – Die aktuellen widerrechtlich geposteten Bilder wurde von der Facebook-Seite nach der sehr deutlichen Wattenrat-Aufforderung inzwischen entfernt.

Nach vorliegenden Informationen kämpft einer der Initiatoren der Kugelbake-Proteste namens Jogi, der ganz “uneigennützig” an der Spitze der Bewegung steht, um seine Kitesurfschule zu retten. Diese betrieb er seit 2001 ohne Rechtsgrundlage. Von Juni 2010 bis Oktober 2013  betrieb er die Kiteschule durch die “Befreiung” der Nationalparkverwaltung auf geltender, wenn auch fragwürdigen Rechtsgrundlage, dann wieder bis Ostern 2014  ohne – und nun protestiert er an vorderster Front! Es ist außerordentlich unterhaltsam, die Ausführungen der Kitebewegten auf Facebook mitzuverfolgen.

             Radio Bremen, online, 01. Mai 2014

Streit in Cuxhaven

1.000 Kitesurfer kämpfen für ihr Revier

Fast 1.000 Kitesurfer haben in Cuxhaven am Maifeiertag dafür demonstriert, damit sie ihren Sport weiterhin an der Kugelbake ausüben dürfen. “Bei Ostwind kann man in der gesamten Region nur dort kiten”, sagte der Vorsitzende des Vereins “Cuxkiters”, Sebastian Schlagmann. Hintergrund: Die Nationalparkverwaltung hat zuletzt Flächen für das Kitesurfen zusammengestrichen, um die Natur besser zu schützen.[...]

16. April 2014
Nationalparkverwaltung- Presseinformation

Klare Grenzen für Kitesurfer
Zugelassene Flächen wurden neu festgesetzt

(Wilhelmshaven). Das Wattenmeer ist durch die Wattenmeer-Nationalparke streng geschützt. Dieser Schutz war auch Voraussetzung für die hohe Auszeichnung als Weltnaturerbe durch die UNESCO. Kitesurfer haben hingegen in den letzten Jahren das niedersächsische Wattenmeer für sich entdeckt.
In vielen Bereichen waren Kitesurfer rechtswidrig unterwegs, denn in der Ruhe- und Zwischenzone des Nationalparks ist der Drachensport in jeglicher Form, dementsprechend auch das Kitensurfen, grundsätzlich verboten. Robben sowie Brut- und Rastvögel können durch die für sie bedrohlich wirkenden Drachen erheblich gestört werden. Durch Störungen verlieren Zugvögel dringend benötigte Fettreserven oder Brutvögel verlassen ihre Nester, so dass Gelege auskühlen und Jungvögel zeitweise ungeschützt verbleiben. So hat der Schutz der Natur im Nationalpark auch Vorrang. Trotzdem müssen laut Nationalparkgesetz regionale Belange, wie z. B. die touristische Entwicklung, berücksichtigt werden. Um dem gerecht zu werden und gleichzeitig den Sport so zu kanalisieren, dass die Natur des Nationalparks nicht beeinträchtigt wird, wurden in den vergangenen Jahren auf Antrag einiger Gemeinden in der Zwischenzone des Nationalparks Flächen für den Kitesport festgelegt. Die Befreiungen waren bis Ende letzten Jahres befristet. Damit wurde ein klarer Schnitt gemacht: Alle Gemeinden erhielten nun zeitgleich Gelegenheit, bis zum Herbst 2013, die Zulassung von Kitesurfflächen neu zu beantragen. So war es möglich, die Anträge gesamträumlich zu bewerten. 14 Küsten- und Inselgemeinden machten von der Möglichkeit Gebrauch. Beantragt wurden 17 Kitesurfzonen mit einer Gesamtfläche von rund 2.500 Hektar. Genehmigt wurden 14 Zonen mit einer Fläche von 1.318 Hektar. Rechtlich gesehen handelt es sich um eine Befreiung von den Verboten des Nationalpark-Gesetzes. Die Kitesurfflächen sind räumlich so zugeschnitten, dass ausreichend Abstand zu Brut- und Rastgebieten im Nationalpark verbleibt.

„Die zugelassenen Flächen für Kiter vor allem an der Küste mussten deshalb zum Schutz von Hochwasserrastplätzen, Zugvogelrouten und Robbenliegeplätzen außerhalb der Ruhezonen deutlich kleiner ausfallen als ursprünglich beantragt,“ erläutert Bernd Oltmanns, in der Nationalparkverwaltung für die Fachkonzeption zum Kitesurfen zuständig. Insgesamt wurde die für den Kitesurfsport zugelassene Fläche durch die neue Festsetzung um rund 1.200 ha reduziert. Außerhalb dieser Flächen wird das Kitesurfen wie bisher nicht geduldet.

 

Schmetterlinge im Kopf? Naturschutz banal!

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Admiral

Der Präsident des Deutschen Rates für Vogelschutz (DRV), Dr. von Lindeiner, schickte Anfang Mai eine Mail des NABU-Mitarbeiters Lars Lachmann (Referent für Ornithologie und Vogelschutz, Bird Conservation Officer) aus der Bundesgeschäftsstelle in Berlin in die Welt. Seine Post erreichte auch den Wattenrat:

Liebe DRV-Kollegen und Mitgliedsverbände,

wie bereits auf dem DRV-DDA-Workshop im vergangenen Oktober in Frankfurt berichtet, kümmert sich der NABU gemeinsam mit anderen BirdLife-Partnern in Europa in diesem und den kommenden Jahren insbesondere um die Verbesserung der Umsetzung von Natura 2000 und die Erhaltung der dafür maßgebenden EU-Richtlinien. Ein wichtiger Schritt dabei ist folgende aktuelle Aktion, bei der bis 21. Mai 2014 (dem “Natura 2000-Tag”) alle mitmachen können:

Helft uns, dem NABU und unseren Naturschutzkollegen aus 17 weiteren EU-Ländern, den Schutz der verbliebenen Naturgebiete in ganz Europa zu sichern. Alles was hier zu tun ist: ein Foto von Euch oder anderen machen, und zwar wie Ihr einen Schmetterling mit den Händen formt (gerne auch kreative Abwandlungen – Inspirationen auf der Website). Dann hochladen auf www.natura2000day.eu – und das ganze bitte bis zum 21. Mai spätestens. Wir brauchen mindestens 5000 Fotos. Das ist ein ganz wichtiger Baustein damit wir den Regierungen und dem neuen EU-Parlament klar machen können, dass auch die Natur eine Lobby hat – und nicht nur Banken und Agrarfabriken. Noch dazu werden pro Foto auch noch praktische Naturschutzmaßnahmen in einem spanischen Nationalpark realisiert…. Ach ja, und dann bitte weitersagen!

Der NABU kümmert sich in der Zwischenzeit darum, möglichst viele Kandidaten für das Europaparlament zum Mitmachen zu bewegen. Denn die zukünftigen Europaparlamentarier werden wichtige Worte bei der Umsetzung von Natura 2000 mitzureden haben.

Herzlichen Dank

Die Gesellschaft zur Erhaltung der Eulen (EGE) hat diesen wichtigen Beitrag zum europäischen Artenschutz ebenfalls erhalten – und ihn prompt glossiert. Wir danken den Eulenfreunden für die Überlassung.

Belanglose Einfalt – Mai 2014

Es ist wahr: Der Naturschutz hat in der Gesellschaft keinen hohen Stellenwert. Naturschutz wird marginalisiert und banalisiert. Das ist allerdings nicht allein den Gegnern des Naturschutzes anzulasten. Für die Banalisierung des Naturschutzes sind seine Akteure selbst verantwortlich. Sie meinen, die EGE übertreibt? Dann lesen Sie bitte folgenden Aufruf:

Helft uns, den Schutz der verbliebenen Naturgebiete in ganz Europa zu sichern. Alles was hier zu tun ist: ein Foto von Euch oder anderen machen, und zwar wie Ihr einen Schmetterling mit den Händen formt. Dann hochladen auf www.natura2000day.eu. Wir brauchen mindestens 5.000 Fotos. Das ist ein ganz wichtiger Baustein, damit wir den Regierungen und dem neuen EU-Parlament klarmachen können, dass auch die Natur eine Lobby hat.

Diese “Mitmachaktion für Natura 2000″ ist nicht die gut gemeinte Idee eines Waldorfkindergartens, sondern eine von Spitzenorganisationen des Naturschutzes ersonnene und beworbene Aktion. Belang-, inhalts- und folgenloser kann Naturschutz nicht sein.

Vielleicht müssen wir die berühmte Merkel-Raute aber auch ganz anders deuten als bisher. Nämlich als Schmetterling und mithin als Bekenntnis der Bundeskanzlerin zum Schutz des Europäischen ökologischen Netzes Natura 2000. Man kann Schmetterlinge im Bauch, Grillen im Kopf, Hummeln im Hintern oder auch einen Vogel haben. Den Initiatoren der Aktion sollte man denselben zeigen.

Die mit gesetzlichen Mitwirkungs- und Klagerechten ausgestatteten Naturschutzvereinigungen verspielen ihre gesellschaftspolitische Rolle mit absurdem Theater. Vielleicht sollte man dieses Befundes wegen die Hände nicht zum Schmetterling falten, sondern zum Gebet.

Jade-Weser-Park: OVG Lüneburg watscht Landkreise Wittmund und Friesland ab

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Sie durften nicht mitmischen beim vermeintlich günstigen Landeinkauf für den Jade-Weser-Park, gefördert von der EU: Der Landrat des Landkreis Wittmund, Matthias Köring (parteilos) und der Landrat des Landkreises Friesland, Sven Ambrosy (SPD), wurden vom Oberverwaltungsgericht Lüneburg abgewatscht. Für ein „interkommunales Gewerbegebiet“ nördlich von Wilhelmshaven, als Ergänzung zum bisher nicht annähernd ausgelasteten Jade-Weser-Port,  sollte ein Zweckverband Flächen requirieren, kostengünstig selbstverständlich. Diesem Zweckverband gehören auch die Landkreise Wittmund und Friesland an. Die Satzung dieses Zweckverbandes wurde vom OVG Lüneburg für unwirksam erklärt (die ausführliche Pressemitteilung des Gerichts können Sie weiter unten nachlesen). „Die vorgesehenen Flächen stehen zu ca. 80 % noch im Privateigentum und werden im Wesentlichen landwirtschaftlich genutzt. Der Zweckverband wollte sich das Eigentum an ihnen verschaffen und so eine einheitliche Vermarktung ermöglichen.[...] Der Zweckverband hat den Eigentümern eine Entschädigung auf der Basis eines Drittels von 15,00 €/m² für Gewerbebauland (also rund 5,00 €/m²) angeboten, seiner eigenen Finanzierungsplanung hingegen Erlöse von 25,00 €/m² zugrunde gelegt. Dagegen hatte zwei Landeigentümer erfolgreich geklagt. Da fragt man sich doch, was Landräte so unter Ausschluss der Öffentlichkeit noch alles regeln. Sven Ambrosy ist neben seiner Tätigkeit als Landrat auch Vorsitzender des Tourismusverbandes Nordsee e.V. (seit 2004) und des Tourismusverbandes Niedersachsen e.V. (seit 2006) und damit exponierter Vermarkter des „Weltnaturerbes Wattenmeer“, auch als Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer bekannt. Bemerkenswert: Die Lokalpresse hatte über die Gerichtsentscheidung zwar berichtet, verzichtete auf eine vertiefende Berichterstattung und Stellungnahmen der Landräte. Der dominierende Zeitungsverlag der Region Wilhelmshaven, Friesland und Wittmund ist die Brune-Mettcker Druck- und Verlagsgesellschaft mbH.

Der Landrat des Landrates Wittmund kam bereits 2013 und 2014 als verantwortlicher Hauptverwaltungsbeamter des Landkreises, der auch die Kommunalaufsicht inne hat, in die Bredouille. Sowohl das OVG Lüneburg als auch das Bundesverwaltungsgericht erklärten die Bebauungspläne für die Umgehungstrasse in Bensersiel/Stadt Esens für unwirksam. Die Straße wurde verbotswidrig in einem EU-Vogelschutzgebiet (damals faktisches Vogelschutzgebiet) geplant und gebaut, der Landeigentümer wurde enteignet und bis heute nicht entschädigt. Auch hier wollte die Stadt Esens an die Straße angrenzende Flächen (ebenfalls im Vogelschutzgebiet) billig über die Enteignung erwerben und später teuer als Bauland für Bauwillige verkaufen. Im Beteiligungsverfahren wurden die Stadt Esens und der Landkreis auch vom Wattenrat Ostfriesland auf die Rechtswidrigkeit der Planungen und des Baus der Straße hingewiesen, alle vorgebrachten Bedenken wurden ignoriert und “weggewogen”; der Landkreis als Aufsichtsbehörde schritt nicht ein.

Wie schrieben Günter Handlögten und Henning Venske schon 1983 in Ihrem Buch „Dreckiger Sumpf“ am Beispiel Wilhelmshavens: „Top Beziehungen zwischen Verwaltung und Industrie, kaum durchdringbarer Filz zwischen Administration und Kapital, zu Hampelmännern degradierte Kommunalpolitiker und ahnungslos verschaukelte Bürger.“ Seitdem hat sich offensichtlich wenig geändert, auch nicht in den benachbarten Landkreisen!

OVG-Lüneburg, Pressemitteilung, 09. Mai 2014

Zweckverband JadeWeserPark darf nicht planen

Mit zwei Urteilen vom heutigen Tage (Az. 1 KN 102/11 und 1 KN 19/12) hat der 1. Senat des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts die im November 2010 beschlossene Satzung des Zweckverbands JadeWeserPark zu einer gleichnamigen städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme (sog. Entwicklungssatzung) für unwirksam erklärt. Mit dieser Satzung sollte ein interkommunales Industrie- und Gewerbegebiet nordöstlich des Autobahnkreuzes Wilhelmshaven entwickelt werden, um die Flächennachfrage zu befriedigen, welche der Zweckverband als Folge der seinerzeit bevorstehenden Eröffnung des Jade-Weser-Ports insbesondere durch Logistikunternehmen erwartete. Die vorgesehenen Flächen stehen zu ca. 80 % noch im Privateigentum und werden im Wesentlichen landwirtschaftlich genutzt. Der Zweckverband wollte sich das Eigentum an ihnen verschaffen und so eine einheitliche Vermarktung ermöglichen. Die Entwicklungssatzung wäre dabei von Vorteil gewesen, weil sie eine Enteignung erleichtert hätte.

Dem Antrag zweier Eigentümer, die den gebotenen Preis für ihre Grundstücke für zu gering hielten, hat das Oberverwaltungsgericht stattgegeben. Maßgeblich sind dafür drei Gründe. Erstens: Der Zweckverband ist fehlerhaft gebildet worden, weil die Landkreise Friesland und Wittmund an ihm beteiligt sind. Die Mitglieder eines Zweckverbandes müssen auf der gleichen Planungsebene stehen, was bei Landkreisen und Gemeinden nicht gewährleistet ist, weil sie auf unterschiedlichen Ebenen agieren. Infolgedessen sind alle Planungsakte des Zweckverbandes unwirksam. Zweitens hätte der angestrebte Zweck auch mit den „normalen” Instrumenten des Baugesetzbuches (z. B. Angebotsbebauungsplan, Enteignung für Straßenflächen, Umlegung für Baugrundstücke etc.) erreicht werden können. Drittens: Der Zweckverband hat den Eigentümern eine Entschädigung auf der Basis eines Drittels von 15,00 €/m² für Gewerbebauland (also rund 5,00 €/m²) angeboten, seiner eigenen Finanzierungsplanung hingegen Erlöse von 25,00 €/m² zugrunde gelegt.

Die Revision zum Bundesverwaltungsgericht hat der Senat nicht zugelassen.

Anzeiger für Harlingerland, Wittmund, S. 1. 10. Mai 2014

Zweckverband prüft Beschwerde

GEWERBE

Jade-Weser-Park will Wirtschaftsregion stärken – Böhling: Im Sinne der Steuerzahler gehandelt

Erst einmal wird die schriftliche Begründung des Urteils abgewartet.

Gang vor das Bundesverwaltungsgericht nicht ausgeschlossen.

ROFFHAUSEN/M

Dieser juristische Schlag gegen das interkommunale Industrie- und Gewerbegebiet Jade-Weser-Park hat gesessen. Das Oberverwaltungsgericht hat aus drei Gründen die Satzung für unwirksam erklärt, unsere Zeitung berichtete. […] Schortens’ Bürgermeister Gerhard Böhling, der als Vorsitzender des Zweckverbandes die Interessen der kommunalen Anteilseigner vertritt, bezeichnete die Entscheidung des Gerichts schon als „bitter“. Der Zweckverband habe im Interesse der Steuerzahler versucht, die Grundstücke günstig zu erwerben. Böhling will die schriftliche Begründung des Urteils abwarten und dann mit dem Juristen des Zweckverbandes weitere Schritte beraten: „Wir werden prüfen, ob wir Beschwerde dagegen einlegen, dass der 1. Senat des Oberverwaltungsgerichts in Lüneburg keine Revision zugelassen hat.“ [...]


Kitesurfen in Cuxhaven wieder erlaubt: Nationalparkverwaltung beugt sich dem Druck der Straße

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Kitesurfer am verbotenen Ort: Insel Spiekeroog, Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer. Dieser Sportsfreund vertrieb mit seinem luftigen Gezappel sogar die sonst sehr robusten Silber- und Heringsmöwen vom Strand

Nach der Schließung des Kitespots an der Kugelbake in Cuxhaven – ein weiterer befindet sich nur wenige Kilometer weiter in Sahlenburg- durch die Nationalparkverwaltung in Wilhelmshaven darf dort nun weitergesurft werden, eine Demo und ein Shit-Storm mit wüsten Beschimpfungen, Beleidigungen und – durchaus justiziablen persönlichen Herabwürdigungen bei Facebook – machen es möglich. Das Verwaltungshandeln im Naturschutz orientiert sich nun am Druck der Straße und nicht mehr an den gesetzlichen Naturschutzvorgaben. Geht doch: Die Kiter hatten die Unterstützung durch die Stadt Cuxhaven, vertreten durch den Oberbürgermeister Cuxhavens und der damit verbandelten Tourismus GmbH. Nichts macht deutlicher, wer bestimmt, wohin die Reise in diesem Großschutzgebiet „Nationalpark“ mit dem – deutlich sauren Sahnehäubchen – „Weltnaturerbe“ geht ! Die Nationalparkverwaltung ist eingeknickt, ein „Kompromiss“ wurde „am Runden Tisch“ ausgehandelt. „Die Nationalparkverwaltung hat entschieden: Unter veränderten Rahmenbedingungen darf zukünftig an den Standorten Kugelbake und Sahlenburg gekitet werden“, so die Pressemitteilung der Nationalparkverwaltung vom 13. Mai 2014. „Um den Schutz der Nationalpark-Ruhezone Duhner Anwachs weiter zu verbessern, werden beide Surfstandorte in ihrer Größe verkleinert. Im Winter steht nur der Standort Sahlenburg für die Ausübung des Sports zur Verfügung. Der Standort Kugelbake bleibt aus Gründen des Vogelzuges dann jeweils vom 1.11. bis zum 31.3. geschlossen.[...] Die Nationalparkverwaltung hat jedoch die Möglichkeit, von grundsätzlichen Verboten Befreiungen auszusprechen, wenn regionale Belange davon betroffen sind. In diesem Sinne wurden seit 2007 auf Antrag der Kommunen sukzessive Flächen in der Zwischenzone des Nationalparks zum Kitesurfen freigegeben. Nachdem die befristeten Befreiungen im letzten Herbst ausliefen, konnten alle interessierten Kommunen 2013 neue Anträge stellen und in der Gesamtbetrachtung wurden die Spots in Anzahl und Fläche so bemessen, dass der Schutz des Nationalparks und Weltnaturerbes gewährleistet bleibt, in diesen Regionen aber die Kiter auch die Möglichkeit haben, auf´s Wasser zu kommen.“

So, weit so schlecht. Die Nationalparkverwaltung interpretiert den § 67 des Bundesnaturschutzgesetzes, nach dem „Befreiungen“ von Verboten erteilt werden können, sehr eigenwillig. Diese Befreiungen dürfen aber nur dann erteilt werden, wenn ein „überwiegendes öffentliches Interesse“ vorliegt, oder „die Durchführung der Vorschriften im Einzelfall zu einer unzumutbaren Belastung führen würde und die Abweichung mit den Belangen von Naturschutz und Landschaftspflege vereinbar ist“. Das alles triff im Nationalpark und EU-Vogelschutzgebiet nicht zu. Ein öffentliches Interesse wird zudem nicht durch Masse, Lautstärke oder dummdreiste Pöbeleien herbeigeführt. Das überwiegende öffentliche Interesse ist hier der Naturschutz mit dem Nationalparkgesetz, dass die Verwendung von Drachen in den Zwischen- und Ruhezonen verbietet, nicht aber tourismuswirtschaftliche Erwägungen.

Kitesurfer im Watt vor Dornumersiel/LK Aurich, 2009 - damals verboten, heute legalisiert.

Das Verschlechterungsverbot für Arten und Flächen in den europäischen Natura-2000-Richtlinien wird bei allen 17 Kitespots (einschließlich der Schulungsflächen im trockengefallenen Wattenmeer) völlig ausgeblendet: Der Europäische Gerichtshof hat vor Inkrafttreten der FFH-Richtlinie (1992) hierzu entschieden, dass die EU-Vogelschutzgebiete nur verkleinert oder nachteilig verändert werden dürfen, wenn außerordentliche Gründe des Gemeinwohls vorliegen, die Vorrang vor den Belangen des Vogelschutzes haben. Dazu zählen nur Belange zum Schutz der menschlichen Gesundheit und der öffentlichen Sicherheit (Das „Leybucht-Urteil“ v. 28.02.1991 – C 57/89: Kommission ./. Deutschland – „Leybucht“).

Darüber hinaus hat die Nationalparkverwaltung versäumt, VOR den Befreiungen für jeden Kitespot eine gesetzlich vorgeschriebene Verträglichkeitsprüfung nach § 34 Bundesnaturschutzgesetz durchführen zu lassen. Das wurde erst später nach den Befreiungen, nach öffentlichen Protesten aus Ostfriesland, für wenige Kitespots nachgeholt, mit unterschiedlichen Ergebnissen.

Links: Gutachten zum Kite-Spot Dornumersiel/LK Aurich

              Schutzzonen für Kitesurfer: Rechtsbeugung im “Weltnaturerbe” Wattenmeer

Diese Vorgaben sind in der Nationalparkverwaltung und im Umweltministerium mit einem „grünen“ Umweltminister bekannt, werden aber ignoriert, Stichwort: Rechtsbeugung für eine lautstarke Minderheit der Kitesurfer. Dass Kitesurfer mit den riesigen Zugdrachen Vögel vertreiben ist eine Binsenweisheit, die eigentlich nicht noch durch Gutachten bestätigt werden muss. Genauso könnte man begutachten, wie sich eine Wasserflasche im freien Fall aus zwei Metern Höhe auf einen Betonboden verhält, stets eindeutig….Und man stelle sich den umgekehrten Weg vor: Ein Naturschutzverein beantragt die Einrichtung eines Amphibienbiotops auf der Grünfläche eines Sportstadions,  die Stadt X macht dies mit einer “Befreiung” schließlich möglich; wie wäre da wohl die öffentliche Reaktion?

„Tatsächlich ist das Kitesurfen im Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer grundsätzlich verboten. Rechtsgrundlage ist das vom Niedersächsischen Landtag beschlossene Nationalpark-Gesetz, fachliche Grundlage die Tatsache, dass Kites jeder Art eine weiträumige Scheuchwirkung auf Brut- und Zugvögel haben – sie nehmen die beweglichen Silhouetten am Himmel instinktiv als Greifvögel wahr“, so die Nationalparkverwaltung in ihrer nachstehenden Pressemitteilung.

Ein Nationalpark, der einen smarten und anpassungsfähigen Leiter wie Peter Südbeck hat, ist für alles gut, bedauerlicherweise nicht für den Naturschutz. Die Nationalparkverwaltung hat sich mit diesem “Kompromiss” selbst einen Bärendienst erwiesen. Man darf die naturschutzfachliche Qualität dieser Behörde durchaus in Zweifel ziehen.

Gelegentlich hört man den Einwand, die Flächen für die Kitesurfer betrügen ohnehin nur vernachlässigbare “1 Prozent” der Nationalparkfläche. Vergessen wird bei dieser zunächst gering erscheinenden Zahl, dass die nutzbaren Flächen  für Wat- und Schwimmvögel an den Brut- und Hochwasserrastplätzen auch nur begrenzt sind. Die Strandflächen auf den Tourismusinseln fallen fast völlig aus, die Salzwiesen sind vielerorts durch die zu starke Entwässerung und völlige Aufgabe der Beweidung mit Quecke überwuchert und wenig attraktiv für die Vögel. Viele ehemalige Rastflächen im angrenzenen Binnenland wurden mit riesigen Windparks überbaut, deren weiträumige Scheuchwirkungen diese Flächen für viele Rastvogelarten ebenfalls ausfallen lässt. Es ist also eng geworden im “Weltnaturerbe”; nicht nur Vögel, auch Seehunde leiden unter dem Tourismusstress.

Dr. Peter Lienau, Leiter der Seehundaufzuchtstation in Nordeich, vor der Kreisjägerschaft Wittmund:

Anzeiger für Harlingerland, Wittmund, S. 5, 12. Mai 2014 [...] „Der natürliche Feind des Seehunds ist der Tourist“, referierte der Stationsleiter [Dr. Lienau, Norden] weiter. Ständig würden die Tiere auf den Sandbänken gestört werden, dabei suchten sie hier nach einer dringenden Erholung von ihren oft mehrtägigen Beutezügen oder benutzten den Ort zum Stillen des Nachwuchses. Lienau zu den Beobachtungsergebnissen einer zu wissenschaftlichen Zwecken aufgebauten Webcam: „Rekord war bei uns, dass ein Seehunderudel während eines Tages 17-mal von seiner Sandbank vertrieben wurde. [...]“

Der Naturschutz hat also keine Flächen mehr an irgendwelche Nutzergruppen zu “verschenken”, die Zeit der ewigen Kompromisse zu Lasten der Natur ist seit langem vorbei.

Den Kitesurfern indes genügt der vermeintlicher Sieg in Cuxhaven nicht, ganz mutig und ermutigt wird nun bei Facebook eine Klage für das ganzjährige Kiten im Nationalpark diskutiert, bar aller Kenntnise des Naturschutzrechts und des Artenschutzes. Man kann diesen egomanischen Outdoor-Sportsfreunden nur empfehlen, tatsächlich den Rechtsweg zu beschreiten. Den hätten die klagebefugten Naturschutzverbände in Niedersachsen, inzwischen 15 an der Zahl, schon längst gewählt haben müssen, gegen die fragwürdigen Befreiungen aller Kitespots im Natura-2000-Gebiet und Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer!

Kitesurfer am (verbotenen) Ostende Baltrums, Ruhezone (strengste Schutzzone)

Pressemitteilung der Nationalparkverwaltung vom 13. Mai 2014

Lösung für Kitesurf-Spots Cuxhaven gefunden

Am „Runden Tisch“ erörterten Vertreter der Nationalparkverwaltung Niedersächsisches Wattenmeer, der Stadt Cuxhaven, der Nordseeheilbad Cuxhaven GmbH, der Kitesurfer und der Umweltverbände die Zukunft des Kitesurfens in der Stadt Cuxhaven. Die Nationalparkverwaltung hat entschieden: Unter veränderten Rahmenbedingungen darf zukünftig an den Standorten Kugelbake und Sahlenburg gekitet werden.

Seit Ostern herrschte in der Cuxhavener Kiterszene mit überregionalem Echo große Aufregung: Der Antrag zur Verlängerung der Befreiung von den Bestimmungen des Nationalparkgesetzes in zwei Kite-Gebieten – Sahlenburg und Kugelbake – konnte bis dahin nicht genehmigt werden. Es bedurfte vielfältiger Gespräche, um den Sachverhalt vor Ort zu erklären und auf die Probleme, die mit dem Kite-Surfen im Weltnaturerbegebiet und Nationalpark bestehen, hinzuweisen. Insbesondere war der ursprüngliche Antrag auf zwei Ausnahmegebiete nicht ausreichend begründet, so dass zunächst die Befreiung nur für den Standort Sahlenburg, der ersten Priorität der Antragsteller, ausgesprochen werden konnte.

Um zu einem direkten Meinungsaustausch zu kommen und das offensichtliche Informationsdefizit zu beheben, aber auch den Beteiligten die Möglichkeit zu geben, neue bislang nicht vorgelegte Argumente auszutauschen, trafen sich am Montag auf Initiative des Oberbürgermeisters von Cuxhaven, Dr. Ulrich Getsch, und des Leiters der Nationalparkverwaltung, Peter Südbeck, Vertreter der Nordseeheilbad Cuxhaven GmbH, ein Repräsentant der Kitesurfer Cuxhavens, des Umweltverbandes BUND, der Stadt sowie der Nationalparkverwaltung in Wilhelmshaven am „Runden Tisch“, um im direkten sachlichen Gespräch einer Lösung des Streits näher zu kommen.

Dabei trugen die Stadt Cuxhaven, die Nordseeheilbad GmbH und ein Vertreter der Kitesurf-Schulen neue Sachverhalte und Begründungen für die Beibehaltung beider Surfstandorte – neben Sahlenburg auch der an der Kugelbake – vor, die im bisherigen Verfahren nicht bekannt waren und somit von der Nationalparkverwaltung nicht berücksichtigt werden konnten. Gleichzeitig wurde der Nationalparkverwaltung ein Kompromissvorschlag zur Neuabgrenzung und zur verbesserten Kontrolle beider Surfareale im Stadtgebiet unterbreitet. Die Vertreter der örtlichen BUND-Gruppe brachten vor allem die Schutzbelange des Nationalparks ein, hier ging es um die Bedeutung des Standortes Kugelbake für überwinternde Eiderenten und Zugvögel, die zwischen Herbst und Frühjahr direkt über die Fläche hinwegziehen.

Der Vertreter der Kitesurfer schilderten die Ausübung des Kitesports, insbesondere vor dem Hintergrund wechselnder Windverhältnisse, erläuterten aber auch die durchgeführten und beabsichtigen Überwachungsmechanismen in Zusammenarbeit mit der Nordseeheilbad und der Stadt Cuxhaven sowie der Wasserschutzpolizei.

Angesichts der neu vorgetragenen Sachverhalte hat die Nationalparkverwaltung nun entschieden, dass auch zukünftig an den beiden Cuxhavener Standorten, Sahlenburg und Kugelbake, gekitet werden darf, allerdings unter veränderten Rahmenbedingungen. Um den Schutz der Nationalpark-Ruhezone Duhner Anwachs weiter zu verbessern, werden beide Surfstandorte in ihrer Größe verkleinert. Im Winter steht nur der Standort Sahlenburg für die Ausübung des Sports zur Verfügung. Der Standort Kugelbake bleibt aus Gründen des Vogelzuges dann jeweils vom 1.11. bis zum 31.3. geschlossen. Stadt und Nordseeheilbad GmbH werden überdies zu einer weiter verbesserten Kennzeichnung und Aufsicht der Standorte verpflichtet, ebenso zu einer vertieften Information gegenüber den Kitesurfern über die Grenzen und Möglichkeiten des Kitesurfsports und dessen Auswirkungen auf die Natur im Nationalpark und Weltnaturerbegebiet Wattenmeer. Diese Regelung wird bereits heute in Kraft gesetzt.

„Wir sind davon überzeugt, mit der nun gefundenen Lösung den Schutz des Nationalparks und Weltnaturerbegebietes sicherstellen zu können, gleichzeitig aber auch den regionalen Belangen Cuxhavens als Sport- und Tourismusstandort Rechnung getragen zu haben. Die Ergebnisse am „Runden Tisch“ haben mir gezeigt, dass mit dieser Lösung Naturschutz und Sport gleichermaßen zufrieden sein können. Darüber hinaus haben wir vereinbart, mit der Stadt Cuxhaven und der Nordseeheilbad GmbH eine Kooperation einzugehen, die den Schutz der Natur und die Stärkung eines enger an den Prinzipien der Nachhaltigkeit ausgerichteten Tourismus in Cuxhaven zum Ziel hat, wie es jüngst in der nachhaltigen Tourismus-Strategie zum UNESCO-Weltnaturerbegebiet Wattenmeer zwischen den Wattenmeerstaaten niedergelegt wurde. Dann gelingt es, aus diesem schwierigen Verfahren heraus zu einer in Zukunft verbesserten Art und Weise der Kooperation im Weltnaturerbegebiet und im Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer zu kommen“ fasst Nationalparkleiter Peter Südbeck das Verfahren zusammen.

Hintergrund-Info:

Die Nationalparkverwaltung trifft ihre Entscheidungen nicht im freien Ermessen. Tatsächlich ist das Kitesurfen im Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer grundsätzlich verboten. Rechtsgrundlage ist das vom Niedersächsischen Landtag beschlossene Nationalpark-Gesetz, fachliche Grundlage die Tatsache, dass Kites jeder Art eine weiträumige Scheuchwirkung auf Brut- und Zugvögel haben – sie nehmen die beweglichen Silhouetten am Himmel instinktiv als Greifvögel wahr.

Die Nationalparkverwaltung hat jedoch die Möglichkeit, von grundsätzlichen Verboten Befreiungen auszusprechen, wenn regionale Belange davon betroffen sind. In diesem Sinne wurden seit 2007 auf Antrag der Kommunen sukzessive Flächen in der Zwischenzone des Nationalparks zum Kitesurfen freigegeben. Nachdem die befristeten Befreiungen im letzten Herbst ausliefen, konnten alle interessierten Kommunen 2013 neue Anträge stellen und in der Gesamtbetrachtung wurden die Spots in Anzahl und Fläche so bemessen, dass der Schutz des Nationalparks und Weltnaturerbes gewährleistet bleibt, in diesen Regionen aber die Kiter auch die Möglichkeit haben, auf´s Wasser zu kommen.

Grünland und Grassilage: “Stummer Frühling” durch Intensivlandwirtschaft

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NSG Emsauen bei Nüttermoor, EU-Vogelschutzgebiet, 18. MAi 2014

In Ostfriesland wird derzeit Gras geschnitten, Silagefutter für die Massentierhaltung. Nicht für einen Schnitt, sondern vier- bis fünf Mal fahren die schweren Trecker, die auch die Straßen kaputtfahren, mit den Kreiselmähern und die Ladewagen im Frühjahr bis in den Sommer über die Grünlandflächen und mähen. Das überlebt kein Tier. Nach der Mahd sieht man häufig Krähen auf den gemähten Flächen sitzen, die das “Geschnetzelte” auflesen und fressen. Bekannt sind vor allem die häufigen Tötungen oder Verstümmelungen von Rehkitzen oder Feldhasen, die unter die scharfen rotierenden Messer geraten, aber auch Insekten, Spinnen, Amphibien und Mäuse kommen flächendeckend unter die Räder und Messer. Die ehemals vertrauten Wiesenvögel, von der Lerche bis zum Kiebitz, sind durch diese Intensivlandwirtschaft längst weitgehend aus der Landschaft verschwunden. Aber auch ohne die häufige Mahd wären die Brutbiotope im Grünland wenig attraktiv für Limikolen wie Kiebitz, Uferschnepfe oder Rotschenkel. Was sich heute Grünland nennt, hat mit dem ehemals weit verbreiteten grünen Gras- und Wiesenflächen – als Bauern noch Landschaftspfleger waren – wenig zu tun, noch nicht einmal die Farbe stimmt mehr. Das entwässerte, mit Herbiziden vereinheitlichte und völlig gülle-überdüngte blau-grüne Grünland ist nur noch eine Monokultur weniger ausgewählter Ackergräser zur Futtergewinnung. Auf diesen toten Grasteppichen grasen dann nach der Mahd die Rinder und garnieren sie mit Kuhfladen. Der Städter hält es für „Natur“.

Hammrich Woltersterborg, Ems, 18. Mai 2014

Die Flächen, auf denen Wiesenschaumkraut, Sumpfdotterblumen oder Binsen als sog. „Zeigerpflanzen“ wachsen, sind selten geworden. Nur diese feuchten Grünlandflächen sind der bevorzugte Lebensraum der Limikolen, landläufig Schnepfenvögel genannt. Sogar in ausgewiesenen Vogelschutzgebieten wie an der Ems wird früh mit der Mahd begonnen, auch hier: kein Vogelnachwuchs. Die Zugvögel, Gänse und Enten, werden im Herbst in diesen Schutzgebieten von Freizeitjägern bejagt, die nicht jagdbaren Arten ständig durch Jäger vertrieben.

Trotz der häufigen ertragreichen Grasmahd beklagen einige Bauernfunktionäre den angeblichen „Gänsefraß“ und die Verkotung des Grünlandes durch Gänse; dass die ausgebrachten Güllemengen erheblich höher sind – und zudem das Grundwasser belasten -, wird ausgeblendet. Nehmen die Bauern am Vertragsnaturschutz teil, werden sie pro Hektar und Jahr mit 250 Euro entschädigt, egal ob Gänsefraß aufgetreten ist oder nicht. Bei einem 100-Hektar-Betrieb fließen so zusätzlich 25.000 Euro jährlich in Bauers Kasse, 5,7 Millionen Euro kostet das den niedersächsischen Steuerzahler jährlich, und die nimmersatten Bauernfunktionäre wollen noch mehr. Offensichtlich ist der “Vertragsnaturschutz” das falsche Instrument im Lande: Verträge können gekündigt werden. Naturschutz ist aber eine staatliche, hoheitliche Aufgabe und ist nicht den jeweiligen Befindlichkeiten irgendwelcher Bauernfunktionäre und deren Propagandaorganen unterworfen. Vertragsnaturschutz kann das gebotene hoheitliche Handeln nicht ersetzen! Wenn der Vertragsnaturschutz dem geforderten Erhaltungszustand der Naturschutz- und EU-Vogelschutzgebiete zuwiderläuft, müsste der Staat handeln, eigentlich.

Bereits die Unteren Naturschutzbehörden der Landkreise könnten dem gallopierenden Vogelartenschwund, hervorgerufen durch die Intensivlandwirtschaft, mit gesetzlich gebotenen Maßnahmen nach § 44 (4) Bundesnaturschutzgesetz entgegenwirken. Dazu muss die betroffene Landfläche noch nicht einmal ein Schutzgebiet sein! Der Erhaltungszustand vieler dieser Arten hat sich deutlich wahrnehmbar verschlechtert, viele Arten sind kaum noch in der Fläche anzutreffen. Rachel Carsons „Stummer Frühling“ ist längst Wirklichkeit geworden, durch eine hochsubventionierte, von Steuerzahlern alimentierte Landwirtschaft. Nur wenden die Behörden das geltende Naturschutzrecht kaum jemals an.

§ 44 (4) BNatSchG: Entspricht die land-, forst- und fischereiwirtschaftliche Bodennutzung und die Verwertung der dabei gewonnenen Erzeugnisse den in § 5 Absatz 2 bis 4 dieses Gesetzes genannten Anforderungen sowie den sich aus § 17 Absatz 2 des Bundes-Bodenschutzgesetzes und dem Recht der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft ergebenden Anforderungen an die gute fachliche Praxis, verstößt sie nicht gegen die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote. Sind in Anhang IV der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführte Arten, europäische Vogelarten oder solche Arten, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 aufgeführt sind, betroffen, gilt dies nur, soweit sich der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art durch die Bewirtschaftung nicht verschlechtert. Soweit dies nicht durch anderweitige Schutzmaßnahmen, insbesondere durch Maßnahmen des Gebietsschutzes, Artenschutzprogramme, vertragliche Vereinbarungen oder gezielte Aufklärung sichergestellt ist, ordnet die zuständige Behörde gegenüber den verursachenden Land-, Forst- oder Fischwirten die erforderlichen Bewirtschaftungsvorgaben an. Befugnisse nach Landesrecht zur Anordnung oder zum Erlass entsprechender Vorgaben durch Allgemeinverfügung oder Rechtsverordnung bleiben unberührt.

Vor dem Mähen wird geschleppt und gewalzt, damit der Boden für die Mahd eben ist.

Grünlandumbruch

Der Dauergrünlandumbruch ist in Niedersachsen nur mit Auflagen  zulässig; wenn Grünland zu Ackerland umgewandelt werden soll, muss es an anderer Stelle qualitativ gleichwertig ersetzt werden. Auf Bundesbene wird ein Pflugverbot für Grünland in Natura-2000-Gebieten vorbereitet, gegen das Landwirtschaftsfunktionäre Sturm laufen. Um den Umbruch zur Neuansaat zu umgehen, gibt es bereits landwirtschaftliche Geräte zur “Grünlanderneuerung”, die Rotorfräse. Auch Grünland unterliegt nach landwirtschaftlicher Lesart schon “Leistungserwartungen”, als Lebensraum für wildlebende Tiere wird es schon nicht mehr wahrgenommen. Grün ist eben nicht gleich grün!

Landwirtschaftskammer Niedersachsen: Grünlanderneuerung ordnungsgemäß und effizient durchführen

Wenn die Grünlandbestände den Leistungsansprüchen nicht mehr gerecht werden, muss über eine Verbesserung nachgedacht werden. Oft liegt der Schlüssel zum Erfolg in der Grünlanderneuerung, allerdings ist dabei häufig auch ein erhöhtes Risiko durch Witterungs- und Standortbedingungen gegeben. Mit etwa 700.000 Hektar hat das Dauergrünland hinsichtlich landwirtschaftlicher Nutzungen die größte Flächenpräsenz in Niedersachsen. Die Ansprüche an die pflanzenbaulichen Leistungen vom Grünland variieren, je nach Verwertungsrichtung und Produktionsziel der landwirtschaftlichen Betriebe. Wenn die Grünlandbestände den Leistungsansprüchen nicht mehr gerecht werden, muss über eine Verbesserung nachgedacht werden. Oft liegt der Schlüssel zum Erfolg in der Grünlanderneuerung, allerdings ist dabei häufig auch ein erhöhtes Risiko durch Witterungs- und Standortbedingungen gegeben. Die Grünlanderneuerung durch Neuansaat stellt auch auf absolutem Grünland eine Maßnahme im Rahmen der ordnungsgemäßen Grünlandbewirtschaftung dar, die jedoch nur unter bestimmten Voraussetzungen und unter Abwägung der Erfolgsaussichten und Kosten vorgenommen werden sollte. Die turnusmäßige Erneuerung von Dauergrünland auf absoluten Grünlandstandorten ist aus ökologischen und ökonomischen Gründen grundsätzlich kritisch zu bewerten. Zu den absoluten Grünlandstandorten zählen in Niedersachsen vor allem die landwirtschaftlich genutzten Hoch- und Niedermoore sowie Überschwemmungsgrünland und sonstige Feuchtgrünlandstandorte (Gleye, Pseudogleye). In intensiv genutzten und für die Milchviehfütterung vorgesehenen Beständen ist bald der dritte Aufwuchs schnittreif. Für Grünlanderneuerungen sollte der Zeitraum entweder nach dem dritten Silageschnitt oder nach der zweiten Heuwerbung ab Mitte Juli bis Ende August genutzt werden, um die notwendigen Arbeiten zeitgerecht durchzuführen. [...]

Anzeiger für Harlingerland, Wittmund/NDS, online, 02. Mai 2014

Frühe Grasmahd beginnt
Durch warmes Wetter erfolgt der erste Schnitt zwei Wochen eher
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Von HEIDI HINRICHS

Vier bis fünf Mal wird in diesem Jahr gemäht. Landvolk beklagt Gänsefraßspuren.

Zwei Wochen eher als in den Vorjahren haben die Landwirte im Harlingerland in den vergangenen Tagen mit dem ersten Grasschnitt fürdie Gras-Silage begonnen. Hohe Temperaturen und ausreichend Niederschlag haben den Graswuchs vorangebracht. „Die Erträge werden gut. Für die nächste Woche ist gutes Wetter angesagt, die Ernte kann starten, die Ländereien sind nicht zu nass“, so Kreislandvolkvorsitzender Manfred Tannen. Er seijedoch erschrocken, wie viele Schäden durch Gänsefraß auch auf dem Grünland festzustellen sei. Er selbst habe auf seinen Ländereien inKüstennähe noch nie so große Fraßschäden gehabt. Er hoffe, dass die Politik künftig Lösungen für diese Verluste der Landwirte finde.

Vier bis fünf Mal werden die Weiden inzwischen in der Saison gemäht. „Da es immer weniger Unternehmen gibt, muss der einzelne Betrieb immermehr leisten und das natürlich auch in der gleichen Zeit“, gibt er zu bedenken. Deshalb seien auch immer größere Landmaschinen auf den Straßen unterwegs, deren ausklappbare Mähwerke große Flächen in kurzer Zeit schneiden können. Die Lohnunternehmen haben einen vollenTerminkalender. Sechs Wochen werden zwischen dem ersten und zweiten Schnitt liegen, so Tannen. Gezielte Düngung sorge für zügiges Wachstum. Die Zeit derersten Mahd ist auch die Zeit, in der die Landwirte sich mit den Jägern absprechen bevor sie mähen, um Rehkitze zu schützen, erklärt Tannen weiter. [...]

edit 22. Mai 2014: Der NABU-Niedersachsen verfasste am 22. Mai 2014 eine Pressemitteilung zum Wiesenvogelschutz:

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NABU Niedersachsen – P R E S S E D I E N S T  — 22. Mai 2014
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Vögel / Landwirtschaft

NABU kritisiert regionale Strategie beim Schutz von nordischen Gastvögeln und Wiesenvögeln
Dr. Buschmann: “Bankrotterklärung beim Wiesenvogelschutz in Niedersachsen?”

Hannover, Leer – Der NABU Niedersachsen sieht die gestern verkündete regionale Strategie beim Schutz von nordischen Gastvögeln und Wiesenvögeln in Ostfriesland sehr skeptisch. In den Gebieten, die gleichzeitig auch Schwerpunktraum für den Wiesenvogelschutz sind, werden in Ostfriesland zwei Fördervarianten für die dortigen Dauergrünlandflächen angeboten: sowohl mit als auch ohne Wiesenvogelschutzkoppelung. Während zuerst in der Diskussion war, die Koppelung zwangsweise dort einzuführen, wo auch Wiesenvogelbestände sind, soll dies nun auf freiwilliger Basis geschehen.

Dazu erklärte Dr. Holger Buschmann, NABU-Landesvorsitzender Niedersachsen, heute in Hannover: “Der sinnvolle Ansatz einer zwangsweisen Koppelung von beiden Schutzprogrammen wurde fallengelassen. Nur mit einer Koppelung beider Fördervarianten lässtsich allerdings sicherstellen, dass die Steuergelder effektiv eingesetzt werden. Die regional orientierte Strategie kommt daher aus unserer Sicht einer Bankrotterklärung des Niedersächsischen Umweltministeriums für den niedersächsischen Wiesenvogelschutz gleich.”

Dazu muss man wissen, dass derzeit über 20.000 Hektar über den Vertragsnaturschutz für die Duldung von nordischen Gastvögeln mit 5,7 Millionen Euro jährlich bezuschusst werden. Auf einem Teil der Flächen kommen gleichzeitig Wiesenvögel vor. Die Wirkung der subventionierten Maßnahmen ist allerdings so gering, dass Wiesenvögel nicht profitieren, sondern im Gegenteil weiterhin durch Schleppen, Walzen, Überdüngung und Verarmung der Vegetation, zu frühe Mahd und zu niedrige Wasserstände dramatisch zurückgehen. Das heißt, dass viele Gelder für die Nordischen Gastvögel ausgegeben werden, auf den gleichen Flächen aber die Wiesenvögel dezimiert werden.

Der NABU hat diesbezüglich eine EU-Beschwerde eingereicht, da Deutschland und insbesondere Niedersachsen den EU-rechtlich vorgeschriebenen Wiesenvogelschutz damit in eklatanter Weise vernachlässigen und zu wenig für den Erhalt besonders geschützter Lebensräume und Vogelarten tun.

Etwa die Hälfte der 42 Vogelarten der überwiegend landwirtschaftlich genutzten Landschaften, wie zum Beispiel Kiebitz, Braunkehlchen und Feldlerche ist nach Angaben im aktuellen Brutvogelatlas Niedersachsen im Bestand rückläufig. Niedersachsen ist für Wiesenvögel so bedeutend wie kein zweites Bundesland innerhalb Deutschlands. Hier brüten etwa zwei Drittel aller Uferschnepfen, die Hälfte der Großen Brachvögel und jeder dritte Kiebitz. Um den gefährdeten Wiesenvögeln wie Kiebitz, Uferschnepfe und Bekassine, die alle drei einen Bestandsrückgang in Niedersachsen von mehr als 50 Prozent aufweisen, eine erfolgreiche Brut und Aufzucht der Jungen zu ermöglichen, braucht es in Niedersachsen extensiv genutzte Grünlandflächen.

Gerade die Wiesenvögel sollten durch die Kopplung des Wiesenvogelschutzes an den Gänseschutz endlich gestützt werden. Bisher nahmen nur wenige Landwirte die Wiesenvogelverträge auf und so wurden in Niedersachsen ca. 70 Hektar zeitweise gesichert. Dies ist angesichts der großen Flächen, die von Wiesenvögeln als Brutgebiet genutzt werden, ein Armutszeugnis. Insgesamt sind knapp 300.000 Hektar als Wiesenvogelschutzgebiete in der Gesamtkulisse der niedersächsischen Vogelschutzgebiete ausgewiesen. Nach Meinung des NABU müssten landesweit mindestens 4.000 Hektar speziell für Wiesenvögel bewirtschaftet werden, um das Aussterben von Uferschnepfe, Kiebitz und Großem Brachvogel in Niedersachsen zu verhindern. Insofern wäre es gut zu wissen, wie hoch der im Rahmen der regionalen Strategie in Ostfriesland versprochene Anteil für die ‘freiwilligen  Teilnahmebereitschaft’ bei der Koppelung beider Förderprogramme sein soll. Zudem ist fraglich, ob die Landwirte der Empfehlung ihres Verbandes überhaupt folgen wollen.

Erfolge für den Wiesenvogelschutz zeigen sich dort, wo auf privaten Flächen Vertragsnaturschutz mit entsprechenden Maßnahmen stattfindet. Dabei erhalten Landwirte Ausgleichszahlungen für spätere Mähtermine, erhöhte Wasserstandshaltung im Frühjahr, verringerte Beweidungsdichten oder für den Verzicht auf Düngung. Je mehr Flächen in einer Region unter Vertrag stehen, desto besser greift der Wiesenvogelschutz. Dazu wäre es gut zu wissen, wie die Ziele, die Nutzungsintensität, die Nutzungsform (Beweidung und/oder Mahd) und die Zeitpunkte der maschinellen Bodenbearbeitung denn wiesenvogelgerecht umgesetzt werden sollen.

Bundesverband Windenergie: Blasphemie im Dienste des Profits

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Windpark Utgast/LK Wittmund/NDS: Ganz profan von einer Windkraftanlage (Enercon-70) halbierter Mäusebussard. Fundzeit: 18. Mai 2014. Wenn der Bussard Brutvogel war (und darauf deutet einiges hin), ist die Brut verloren.

Wer es noch nicht gemerkt haben sollte: Die Nutzung der Windenergie wird zur Religion erhoben. Als deren Priester geriert sich Weltenretter Hermann Albers, Präsident des Bundesverbandes Windenergie (BWE), der mit seiner profitablen Branche sogar um nichts weniger als den „Erhalt der Erde“ kämpft. Die “Erneuerbaren”- Akt- und Profiteure des BWE fühlen sich derzeit, so Hermann Albers, wie weiland die von den Römern verfolgten Juden. Ursache dieser Anmaßung ist die aktuelle Politik der Bundesregierung – die „Römer“ – zur Eindämmung der horrenden Kosten der „Energiewende“ und des „Erneuerbare Energien Gesetzes“ (EEG). Das EEG ist die Grundlage des windigen Profits – die Akteure fühlen sich von der aktuellen Politik verfolgt und wähnen sich gar auf dem Weg „in Richtung Golgatha“, wo die Energiewende „gekreuzigt“ werden soll. Geht´s auch ein paar Nummern kleiner, Herr Albers? Man muss nicht einmal Christ sein, um Hermann Albers Wortwahl als grotesk zu empfinden. Wer das alles nicht glauben mag, lese doch einfach das Editorial des besagten Herrn aus Schleswig-Holstein in der Verkündigungsschrift „neue energie“, Ausgabe Mai 2014.

Hier eine Leseprobe:

[...] Vor über 2000 Jahren wurde Christus über die Via Dolorosa getrieben, von den Römern und seinem eigenen Volk mit Spott überhäuft. Ich möchte nicht so weit gehen und den Sohn Gottes mit den erneuerbaren Energien vergleichen. Doch Christus ist durch die biblische Überlieferung zum Sinbild geworden – für all jene, die verspottet und verachtet werden. Genau das geschieht derzeit mit uns Energiewende-Akteuren, die vor Jahrzehnten mit viel Idealismus angetreten sind, um für eine nachhaltige Energieerzeugung und damit den Erhalt der Erde zu kämpfen.

Getrieben von Feinden, mit Spott überhäuft: Den Platz der Römer nimmt mehr und mehr die Bundesregierung ein. Ihr Spott ist, die Erneuerbaren für zu teuer zu erklären, für nicht marktfähig, ja sogar für unsozial. Also unchristlich!? So schleppt sich die Branche in Richtung Golgatha. Kann die deutsche Politik das wollen? Die Nägel, mit denen die Energiewende „gekreuzigt“ wird, hat die Politik geschmiedet. Es sind fatale Fehler gemacht worden. Aber es ist nicht zu spät, diese Fehler zu korrigieren. […] Noch ist Golgatha, der Berg der Kreuzigung, nicht erreicht. Die Volksvertretung, das Parlament, hat nun die Aufgabe der politischen Gestaltung. Beseitigen Sie, liebe Abgeordnete, die Nägel einer unsäglichen Kreuzigung.[...]

Das vollständige Editorial aus der “neuen energie” (5/2014, S.2) können Sie hier nachlesen: bwe_albers_neue_energie-

Hermann Albers versteht diese schon blasphemischen Äußerungen als Aufruf für seine Jünger zur Teilnahme an der Energiewende-Demo, die am 10. Mai in Berlin stattfand. Die Windenergiebranche sieht sich inzwischen gottähnlich, entpuppt sich bei näherer Betrachtung aber nur als profitorientierte Sekte.  Alle Stromkunden wurden allein im Jahr 2013 mit dreiundzwanzig Milliarden Euro Zwangsbeiträgen aus dem Erneuerbare Energie Gesetz zusätzlich zur Stromrechnung zur Kasse gebeten – bei einem tatsächlichen Marktwert des Stroms aus „Erneuerbaren“ von 2 Milliarden Euro.

“Wolf nein danke”?

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Gesehen im Mai 2014, BAB zwischen Walsrode und Verden (Foto: Dr. Helmut Kruckenberg)

Seit 1998 werden wieder wildlebende Wölfe in Deutschland beobachtet. Vor mehr als 150 Jahren waren sie ausgerottet worden. Inzwischen haben die ersten Paare oder Einzelgänger auch Niedersachsen erreicht. Für die heimische Natur ist das Vorkommen der Wölfe sicher eine Bereicherung, nur rufen diese Tiere sofort auch Gegner auf den Plan. Liest man aufmerksam die Jagdforen, wird der Ruf nach Abschüssen laut, der Wolf ist Jagdkonkurrent der Freizeitjäger. In der Tat gab es auch schon mehrere Fehlabschüsse durch Jäger, weil die Wölfe vorgeblich für Hunde gehalten wurden. Der Abschuss eines Wolfes ist eine Straftat und kann mit Freiheitsstrafe geahndet werden. Auch Viehalter, besonders Schafhalter, befürchten Schäden durch Wölfe, die aber -noch- mit staatlichen Mitteln ersetzt werden. Dennoch kann man auch von Schafhaltern erwarten, dass sie ihre Herden z.B. durch Elektrozäune und gut ausgebildete Hütehunde schützen. Jeder Hühnerhalter weiß um die Gefahren durch Marder und Füchse und trifft entschädigungslos Vorkehrungen, damit Fressfeinde keinen Zugang zum Hühnerstall haben.

Bei aller Euphorie des Naturschutzes: Wird der Wolf erst wieder in größeren Rudeln auftreten, werden sicher auch die Probleme im menschlichen Umfeld zunehmen, das ist nicht wegzudiskutieren. In der Regel gehen Wölfe Menschen aus dem Wege, in der Regel. Dennoch ist es ein Märchen, dass Wölfe für Menschen völlig ungefährlich sind. In Europa wurden in einem Zeitraum von achthundert Jahren (von 1200 bis 1920) 7.600 tödliche Wolfsattacken dokumentiert, in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts fielen in Europa und Russland acht Menschen Wölfen zum Opfer. Im Süden Asiens (überwiegend Indien) waren es 200, in Nordamerika soll es in diesem Zeitraum keine bekannten Wolfsattacken gegeben haben, obwohl dies hier angezweifelt wird: Wolf attacks on humans in North America. Erst 2010 wurde eine Joggerin in Alaska tot mit Bisswunden inmitten von Wolfsspuren aufgefunden. Falls in Zukunft ein Kind in Deutschland von einem Wolf auch nur am Po geritzt wird oder  in Winternächten ein Rudel an Aussiedlerhöfen heult, wird auch der Aufschrei nach der Verfolgung der Wölfe wieder aufflammen.

Die Ursachen für Wolfsattacken können vielfältig sein: Tollwut, starke Gewöhnung und Verlust der Scheu vor Menschen z.B. in Nationalparks, Territorialverhalten, Schutz der Welpen, menschliches distanzloses aggressives Verhalten  gegenüber Wölfen oder einfach nur Hunger, der auch den Menschen zur Beute machen kann. Nach einer weltweiten norwegischen Studie aus 2002 waren die häufigsten Opfer bei den Jagdangriffen Kinder, besonders die unter 10 Jahren.

Weitere Quelle (Wikipedia): Wolf attacks on humans

Das sollte aber nicht verhindern, dass auch für Wölfe wieder ein Platz in Deutschland frei wird. Hier tut Aufklärung Not, nicht aber wieder die gnadenlose dumpfe Dämonisierung und Verfolgung. Andere Nationen leben seit Jahrhunderten mit Pumas, Bären, Krokodilen oder Giftschlangen, um nur einige für Menschen nicht ungefährliche Arten zu nennen. Der Wolf trifft hier zudem auf ein dicht besiedeltes, von vielen Straßen und Schienenwegen durchzogenes Land, d.h. er wird zunächst selbst Opfer des Straßenverkehrs werden, genau wie ca. 4.000 Menschen, die jährlich in Deutschland im Straßenverkehr umkommen. Und dieser Gefahr setzen wir uns im Land der Raser täglich völlig diskussionslos aus!

Zwergseeschwalben: Vandalismus auf Norderney

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Nein, nicht nur Gorillas, Nashörner oder Pandabären irgendwo „ganz weit weg“ sind höchst bedrohte Tierarten, auch direkt vor unserer Haustür spielen sich die Dramen ab, die selten gewordenen und streng geschützten Tierarten durch menschliche Verfolgung, Ignoranz oder schlichte Dummheit den Garaus machen. Auf Langeoog wurden schon mal in einer Möwenkolonie sämtliche Eier abgesammelt oder in gut beschilderten Brutarealen der selten gewordenen Sand- und Seeregenpfeifer an der Emsmündung mit Quads oder Motorrädern gespielt. Nun wüteten auf Norderney in einem Brutgebiet der sehr rar gewordenen Zwergseeschwalbe (Sterna albifrons) irgendwelche Vandalen. Sie rissen ein Hinweisschild ab, zwei von vier Gelegen sind verschwunden.

Alles das ist nur die Spitze eines Eisberges, es ist Alltag: In diesem Nationalpark und „Weltnaturerbe“ haben Brutvogelarten auf den touristisch genutzten Inseln vor allem den Menschen  zu fürchten, inklusive seiner freilaufenden Haustiere wie Hunde, Katzen oder entlaufene Frettchen. Eine qualifizierte Aufsicht findet kaum statt: 6 hauptamtliche Dünenwärter des Niedersächsischen Landesbetriebes für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NWLKN) sind gleichzeitig neben ihrer Küstenschutzarbeit auch „Ranger“ auf den Inseln, unterstützt von ehrenamtlichen Landschaftswarten und Mitgliedern des Bundesfreiwilligendienstes, angestellt beim NLWKN. Alle Genannten haben keine hoheitlichen Befugnisse, d.h. sie dürfen nur auf Fehlverhalten in der Fläche hinweisen, keine Platzverweise erteilen und vor allem auch keine Bußgelder kassieren. Bei abertausenden Touristen auf den kilometerlangen Inseln ist die Aufsicht ohnehin ein mühseliges Unterfangen. Verloren haben jetzt schon die in der Öffentlichkeit völlig unbekannten Strandbrüter wie Zwergseeeschwalben, Sand- oder Seeregenpfeifer in ihrem europäischen Vogelschutzgebiet, Nationalpark und Weltnaturerbe! Da hilft kein Lamento wie in der nachfolgenden Pressemitteilung der Nationalparkverwaltung, sondern nur eine bessere und intensivere Aufsicht, die nicht zum Nulltarif zu haben ist!

Fliegende Pinguine statt Strandbrüter: Norderney

Pressemitteilung der Nationalparkverwaltung Niedersächsisches Wattenmeer vom 03. Juni 2014

Zwergseeschwalben brauchen ungestörte Kinderstuben

Mobile Zäune und Schilder kennzeichnen die Brutkolonien – Unbekannte zerstörten Absperrung und durchquerten Brutgebiet auf Norderney

(Norderney / Wilhelmshaven) Mit 20 cm Länge und 45 g Gewicht sind Zwergseeschwalben die kleinsten Seeschwalben der Welt. Im Frühjahr brüten sie an Stränden der Küsten und Flüsse, ab August fliegen sie tausende Kilometer bis Westafrika, wo sie den Winter verbringen. Zwergseeschwalben sind elegante Flieger und geschickte Fischer, ihre blitzschnellen Stoßtauch-Manöver sind faszinierend anzuschauen. Doch leider stehen sie weit oben auf den Roten Listen der bedrohten Tierarten.

Auch in Deutschland sind Zwergseeschwalben vom Aussterben bedroht. Der Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer ist eines der letzten Refugien für eine erfolgreiche Brut und somit Erhaltung der Art. Geeignete Kinderstuben sind nahezu unbewachsene, offene Sandflächen in Wassernähe. In eine einfache Bodenmulde werden drei Eier gelegt. Beide Eltern betreiben die Brutpflege. Nach drei Wochen schlüpfen die Küken und laufen sofort umher. Nach weiteren drei Wochen sind sie flügge, brauchen aber noch einige Zeit, bis sie das Fischen erlernt haben.

„Wir sind froh über jedes Seeschwalbenpaar, das sich zur Brut niederlässt“ erklärt Bernd Oltmanns, Ornithologe und Inselbetreuer bei der Nationalparkverwaltung. „Die Tiere suchen sich von Jahr zu Jahr neue Brutplätze, wir müssen schnell und flexibel reagieren, um die Flächen gegen Störungen abzuschirmen“. In diesem Jahr haben sich vier Paare am Strand nördlich des Ostheller-Parkplatzes niedergelassen. Seeschwalben sind während der Brut- und Aufzuchtzeit sehr störungsempfindlich. Die Eier und Küken sind winzig und farblich gut getarnt, so dass sie leicht übersehen und zertreten werden. Ein mobiler Steckzaun und Hinweisschilder sollen dafür sorgen, dass die Fläche in dieser Zeit nicht betreten wird.

Am vergangenen Wochenende kam es zu einem sehr unerfreulichen Vorfall in der Brutkolonie nördlich des Ostheller-Parkplatzes. Unbekannte haben ein Schild, das den Brutplatz der Zwergseeschwalben markiert, mit roher Gewalt abgerissen und sind durch das Brutgebiet gelaufen. Am nächsten Tag waren zwei der vier Brutpaare verschwunden.

„Den Fußspuren nach zu urteilen kamen 2 bis 3 Personen durch die Dünen gelaufen, haben im Sichtschutz eben dieser Dünen das Schild abgerissen und ihren Weg dann unbehelligt fortgesetzt“, berichtet Nico Erdmann, der sich als Mitarbeiter der Nationalparkverwaltung auf Norderney um den Schutz bedrohter Arten kümmert. „Wie weit sie tatsächlich in die Kolonie gelaufen sind, kann ich nicht sagen. Ich bin den Fußspuren nicht gefolgt, um eine weitere Störung zu vermeiden. Tatsache ist, dass nach diesem Vorfall nur noch zwei der zuvor vier ansässigen Brutpaare auf der Fläche auszumachen sind.“

Kopfschüttelnd kommentiert Oltmanns den traurigen Vorfall auf Norderney: „Gäste und Einheimische haben hier im Nationalpark und Weltnaturerbe riesige Flächen und ausgedehnte Wegenetze, um die einmalige Natur zu erleben. Nur bei Bedarf sperren wir für wenige Wochen vergleichsweise winzige Teilgebiete, bis die Küken flügge sind. Wir wissen nicht, wem die Vandalen mit ihrer Aktion schaden wollten. Geschadet haben sie jedenfalls hilflosen Tieren und allen kleinen und großen Menschen, die sich an diesen hübschen, seltenen Vögeln erfreuen.“ Die Nationalpark-Wacht wird in den kommenden Wochen noch häufiger am Seeschwalben-Brutplatz präsent sein.

BUND und Windenergie: ein Januskopf

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Kein Eingriff in die Landschaft? Windpark Utgast, Gemeinde Holtgast, LK Wittmund/NDS

Zweimal der BUND-Bayern: einmal zur „enormen Landschaftseingriffen“ durch Straßen und ein Gewerbegebiet, und ein anderes Mal zur Energiewende, die ausdrücklich befürwortet wird. Nur ist die „Energiewende“ zweifellos ebenfalls mit Landschaftseingriffen durch monströse Windkraftanlagen in vorher unbebauten Landschaftsteilen verbunden, zusätzlich sollen mehrere tausend Kilometer neue Höchstspannungsleitungen in Deutschland errichtet werden.

Einmal beklagt Richard Mergner, Landesbeauftragter des Bund Naturschutz in Bayern, diese Landschaftseingriffe durch Verkehrswege, ein anderes Mal beklagt der BUND aber die Anstrengung des bayrischen Ministerpräsidenten zu einer Abstandsregelung für Windkraftanlagen mit 10 facher Bauhöhe zur Wohnbebauung, die die Anlieger vom Lärm und Schattenwurf bewahren soll. Der BUND als „anerkannter Naturschutzverband“ stellt weiter die hohen Schlagopferzahlen für Vögel und Fledermäuse durch Windkraftanlagen in Frage und wirbt zusammen mit dem Bundesverband Windenergie und einer Liste von WKA-Projektierern und Betreibern für den weiteren Ausbau und die „Energiewende“. Der Bundesverband Windenergie und der BUND-Bayern fordern gemeinsam für die Windenergie den „Abbau administrativer Hemmnisse“!

Die Landschaftseingriffe durch Windkraftanlagen, in der neuesten Generation über 180m hoch, werden vom BUND ausgeblendet. Das sind wohl die „guten“ Eingriffe, wogegen Straßen und Gewerbegebiete die „bösen“ sind. Es gibt offenbar Wahrnehmungsstörungen beim BUND, hervorgerufen durch die überaus starke “Energiefraktion” im Verband, die sich deshalb als “Umweltschützer” wähnt, weil sie – auch als Anlagenbetreiber – die Ökostromerzeugung als “umweltfreundlich” wahrnimmt.

Der BUND entlarvt sich wieder einmal als überaus janusköpfige Umweltorganisation mit einem blinden Fleck für die Auswirkungen der Windenergie, fachlicher Naturschutz führt nur noch ein Nischendasein. Der BUND ist als Naturschutzorganisation nicht mehr ernst zu nehmen. Wer die aus öffentlichen Quellen zugänglichen Informationen zum Landschaftsverbrauch der Windenergie, zur Anliegerbelastung, zur Entwertung von Vogelrastgebieten allein durch den Scheucheffekt, den Vogelschlag oder die enormen Fledermausopfer kleinredet oder ignoriert, hat allen Kredit als Naturschutzorganisation verspielt und sollte sich nur noch schämen!

1.) BUND Naturschutz in Bayern e.V.

Alles versucht und wenig falsch gemacht

Im Interview: Richard Mergner, Landesbeauftragter des Bund Naturschutz.

Trotz jahrelangem Widerstand konnte der Bau der A 73 durch den Gottesgarten nicht verhindert werden. Woran lag’s? [...]

Schmerzt diese Niederlage heute noch?

Natürlich. Es blutet mir jedes Mal das Herz, wenn ich die enormen Landschaftseingriffe sehe, egal ob im Gottesgarten oder im Lichtenfelser Forst, im Banzer Hügelland oder auf den Langen Bergen bei Coburg. Am schlimmsten ist es nördlich von Coburg, wo neben den gigantischen Viadukten der A 73 und B 4 auch ein Gewerbegebiet „Lauterer Höhe“ an den Autobahnanschluss geklotzt wurde. Dort ist das Land nicht mehr zu erkennen und erinnert an die hässlichsten Auswüchse US-amerikanischer Stadtränder. […]

2.) Von der WebSeite Bund Naturschutz in Bayern e.V., Kreisgruppe Schweinfurt

Aus für die Windkraft?

Vogelschlag“ bei Windenergieanlagen
Aus einem Schreiben von Kai Frobel vom 06. Juni2012 (geringfügig modifiziert)
Eine recht neutrale und ausgewogene Darstellung, die auch ebenso wie der BN den Tenor hat, dass sorgfältige Planung und Standortauswahl entscheidend für die Problemlösung ist, findet sich im Sonderheft „Vögel und Windkraft” von „Der Falke”. Wichtig auf S. 500 die Aussage von 3,8 Vogelopfern und 3,8 Fledermäusen im Schnitt pro Jahr (!) an sehr gut untersuchten WKA (also mindestens 50 Kontrollgängen, um zu gewährleisten, dass nahezu alle Schlagopfer erfasst werden – auch die die sonst von Fuchs/Krähe/Marder rasch entfernt werden).  [...]

(Siehe dazu: Windenergie und Vögel: Der blinde “Falke”, Wattenrat 05. Januar 2012)

Briefkopf:

Energiewende Oberland, BUND Naturschutz Bayern e.V., Rückenwind für Bayern, Bundesverband Windenergie

An die
CSU-Fraktion im Bayerischen Landtag
Herrn Fraktionsvorsitzenden MdL Thomas Kreuzer
Bildungszentrum Wildbad Kreuth
83708 Wildbad Kreuth
Wildbad Kreuth, 14. Januar 2014
Ja zu einer regenerativen und dezentralen Energiewende in Bayern! Ja zu einer Energiewende in Bürgerhand und mit Wertschöpfung im ländlichen Raum! Nicht die Windkraft, sondern eine unberechenbare Energiepolitik gefährdet unsere Versogungssicherheit
Sehr geehrter Herr Kreuzer, sehr geehrte Abgeordnete der CSU-Landtagsfraktion, nach einem hoffnungsvollen und engagierten Beginn der Energiewende in der Folge von Fukushima erleben wir seit rund einem halben Jahr, wie eine Minderheit von Windkraftwidersachern, Atomkraftbefürwortern und Klimaschutzgegnern dafür sorgt, dass die bayerische Staatsregierung an einem wesentlichen Standbein des Atomausstiegs sägt, nämlich an der Nutzung der Windenergie in Bayern. [...]

3.)  [...] Der BWE und der Bund Naturschutz halten bis 2020 die Erschließung von bis zu 2.000 Windenergiestandorten für möglich. WEA könnten dann gut ein Zehntel das Stromverbrauchs von 85.000 GWh decken und dabei 7,5 Millionen Tonnen CO2 jährlich vermeiden helfen. Dafür allerdings müsste der Freistaat seine Regionalplanung neu ausrichten und administrative Hemmnisse abbauen. [...]

„Gänse verdrängen die Wiesenbrüter“

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Frühlingserwachen auf dem Grünland: kein Platz mehr für Wiesenbrüter, ertränkt in Gülle, plattgewalzt und mehrfach gemäht

Nein, kein Ostfriesenwitz, aber bauernschlauer und dreister geht’s nimmer: „Gänse verdrängen die Wiesenbrüter“ tönte Klaus Borde, Vorsitzender des Landwirtschaftlichen Zweigvereins Niederrheiderland in der Ostfriesen Zeitung vom 03. März 2014: Gaense_Wiesenbrueter_OZ_13Maerz2014. Sie fräßen die Weiden kahl, dass Wiesenvögel keine Deckung mehr fänden; außerdem trockne der Boden aus, sodass die Wiesenbrüter nicht mehr nach Nahrung stochern könnten, die Küken fänden keine Insektennahrung mehr. Hieße dieser Landwirtschaftsfunktionär Pinocchio, hätte er die längste Nase der Welt!

Fakt ist, dass die Industrielandwirtschaft mehrfach im Jahr, schon im zeitigen Frühjahr bis in den Sommer, das Grünland mäht. Vorher wird geschleppt und gewalzt, zwischendurch Gülle in enormen Mengen aufgebracht. Das überlebt kein Gelege und keine Brut. Das Grünland wird zudem dräniert und mit Herbiziden behandelt.

Was den Gänsen angelastet wird, verursacht in Wirklichkeit die Landwirtschaft selbst, deren Funktionäre mit diesen erfundenen Horrorgeschichten sogar Politiker einzulullen versuchen, und die sich auch beschwatzen lassen! Hintergrund dieser Desinformation ist die Auflage für die Landwirte, die am Vertragsnaturschutz teilnehmen und dafür fast 6 Millionen Euro Steuergelder jährlich für tatsächliche oder gar keine Fraßschäden kassieren, dass nun auch mindestens auf einem Hektar Fläche pro zehn Hektar Fläche für den Vertragsnaturschutz nun auch Maßnahmen für den Wiesenvogelschutz getroffen werden müssen. Diese Koppelung ist den Bauern ein Dorn im Auge. Da müsste man ja tatsächlich gestalten und unter Verzicht tätig werden, statt nur die Hände aufzuhalten.

Starker Graswuchs trotz (oder wegen) Gänsen: Pufferzone NSG "Petkumer Deichvorland"- Ems, binnendeichs, 17. April 2014

Man kann es nicht oft genug wiederholen: Offensichtlich ist der “Vertragsnaturschutz” das falsche Instrument im Lande: Verträge können gekündigt werden. Naturschutz ist aber eine staatliche, hoheitliche Aufgabe und ist nicht den jeweiligen Befindlichkeiten irgendwelcher Bauernfunktionäre und deren Propagandaorganen unterworfen. Vertragsnaturschutz kann das gebotene hoheitliche Handeln nicht ersetzen! Wenn der Vertragsnaturschutz dem geforderten Erhaltungszustand der Naturschutz- und EU-Vogelschutzgebiete zuwiderläuft, müsste der Staat handeln, eigentlich. Das Bundesnaturschutzgesetz (§ 44, Abs. 4) bietet ganz ohne teure Kompensationsmaßnahmen die Möglichkeit für die Naturschutzbehörden, die nimmersatten Subventionsbauern per Anordnung zum Artenschutz zu zwingen, und zwar schon dann, wenn der Erhaltungsszustand der lokalen Population gefährdet ist! Nur werden diese einfachen gesetzlichen Maßnahmen in unserer Lobbyistenrepublik kaum angewendet. Warum eigentlich nicht?

Mähen und heuwenden im NSG Emsauen bei Nüttermoor/Ems, EU-Vogelschutzgebiet, 18. Mai 2014

§ 44 (4) BNatSchG: Entspricht die land-, forst- und fischereiwirtschaftliche Bodennutzung und die Verwertung der dabei gewonnenen Erzeugnisse den in § 5 Absatz 2 bis 4 dieses Gesetzes genannten Anforderungen sowie den sich aus § 17 Absatz 2 des Bundes-Bodenschutzgesetzes und dem Recht der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft ergebenden Anforderungen an die gute fachliche Praxis, verstößt sie nicht gegen die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote. Sind in Anhang IV der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführte Arten, europäische Vogelarten oder solche Arten, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 aufgeführt sind, betroffen, gilt dies nur, soweit sich der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art durch die Bewirtschaftung nicht verschlechtert. Soweit dies nicht durch anderweitige Schutzmaßnahmen, insbesondere durch Maßnahmen des Gebietsschutzes, Artenschutzprogramme, vertragliche Vereinbarungen oder gezielte Aufklärung sichergestellt ist, ordnet die zuständige Behörde gegenüber den verursachenden Land-, Forst- oder Fischwirten die erforderlichen Bewirtschaftungsvorgaben an. Befugnisse nach Landesrecht zur Anordnung oder zum Erlass entsprechender Vorgaben durch Allgemeinverfügung oder Rechtsverordnung bleiben unberührt.


Späte Einsicht: Nationalparkverwaltung lehnt Kitespot im Watt von Juist ab

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Rückseitenwatt Norderney "Riffgat": Hier wurde jahrelang die illegale Kiteschulung geduldet und dann schließlich von der Nationalparkverwaltung legalisiert. Was ist hier anders als am beantragten, aber aus Naturschutzgründen abgelehnten Kitespot im Rückseitenwatt von Juist? Durch diese Aktionen im Watt werden im Umkreis von mehreren hundert Metern störungsempfindliche Watvogelarten von ihren Nahrungsplätzen vertrieben. Auch "Riffgat" hätte nie genehmigt werden dürfen!

Am 30. September 2013 beantragte die Inselgemeinde Juist eine Kitesurffläche südlich der Insel in einer Schutzzone (Zwischenzone) des Nationalparks im Rückseitenwatt. Mit Schreiben vom 27. Mai 2014 lehnte die Nationalparkverwaltung in Wilhelmshaven den Antrag der Gemeinde kostenpflichtig ab.

Vor dem Hintergrund von bereits 21 durch eine „Befreiung“ genehmigten Kitespots im Wattenmeer-Nationalpark von Cuxhaven bis Emden ist die Begründung der Ablehnung bemerkenswert, die eigentlich so oder ähnlich auch für alle anderen genehmigten Kitespots im Nationalpark zuträfe. Die Verwendung von Drachen ist sowohl in den Zwischen- als auch in den Ruhezonen nach dem Nationalparkgesetz (§§ 6 und 12) verboten.

Die Nationalparkverwaltung schreibt: „Ein gegenüber den Belangen des Naturschutzes überwiegendes öffentliches Interesse liegt nicht vor. Deshalb wird eine Befreiung für das Kitesurfen im südlichen Wattenbereich (Rückseitenwatt) der Insel Juist nicht erteilt. Gemäß § 67 Absatz 1 Nr 1 BNatSchG kann von den Verboten des Kitesurfens (§ 6 Abs 2 NWattNPG) eine Befreiung erteilt werden, wenn diese aus Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesse, einschließlich solcher sozialer und wirtschaftlicher Art, notwendig ist. Als öffentliches Interesse hat die Antragstellerin die Interessen der Einwohner Ihrer Gemeinde an der Sicherung und Entwicklung ihrer Lebens- und Arbeitsbedingungen sowie Belange der wirtschaftlichen Entwicklung und Sicherung der Gemeinde einschließlich des Tourismus geltend gemacht. Dieses Interesse ist als öffentliches Interesse im Sinne des Gesetzes anerkannt. Dies wird zusätzlich durch den § 25 NWattNPG verstärkt, wonach die dort genannten Belange der regionalen Entwicklung, der gewerblichen Wirtschaft und des Tourismus zu berücksichtigen hat. Voraussetzung für die Gewährung einer Befreiung ist allerdings, dass dieses öffentliche Interesse die Belange des Naturschutzes überwiegt und die Befreiung notwendig macht. Dies ist in diesem Falle zu verneinen. […] Drachen und somit Kitesurfer können – u.a. belegt durch die von der Nationalparkverwaltung in Auftrag gegebenen Gutachten – negative Auswirkungen auf Brut- und Rastvögel haben. Daher kann das Kitesurfen abseits vom gesetzlichen Verbot im Einzelfall auf Antrag nur zugelassen werden, soweit es der Schutzzweck erlaubt.[...]

Der Ablehnungsbescheid erwähnt die „hohe Bedeutung als Nahrungsraum“ für Vögel und die Nähe zu Brutplätzen und die damit verbundenen Vorsorgeaspekte. Die Nationalparkverwaltung stellt weiter fest, dass das Kitesurfen am Nordstrand von Juist in der Erholungszone ausgeübt wird.

Und weiter: „Befreiungen können zudem nur dann erteilt werden, wenn es der Schutzzweck des Nationalpark erlaubt. Erhebliche Beeinträchtigungen wertgebender Vogelarten und des küsten- und inselnahen Vogelzuges können bei einer allgemeinen Befreiung der Flächen für das Kitesurfen jedoch nicht sicher ausgeschlossen werden. In wie weit diese bezüglich wertgebender Vogelarten gem. Art 4, Abs. 1 und 2 der EU-Vogelschutzrichtlinie für das Vogelschutzgebiet V10 relevant ist, wäre im Rahmen einer FFH-Verträglichkeitsprüfung des Vorhabens zu beurteilen, die im vorliegenden Fall nicht vorliegt.“

Ein „überwiegendes öffentliches Interesse“ in den ausgewiesenen Schutzzonen des Nationalparks, gleichzeitig FFH- und EU-Vogelschutzgebiet, kann auch nicht für die bereits genehmigten Kitesurfflächen herbeibegründet werden, das ist naturschutzfachlich absurd. Das “überwiegende öffentliche Interesse” in den Schutzzonen des Nationalparks – im Nationalparkgesetz festgeschrieben- ist der Natur- und Artenschutz, nichts anderes! Für alle bisher genehmigten Kitesurfflächen wurde es zudem versäumt, vor der „Befreiung“ eine vorgeschriebene FFH-Verträglichkeitsprüfung nach § 34 Bundesnaturschutzgesetz durchzuführen. Für einige Kitespots wurden erst nach der Genehmigung Gutachten unterschiedlicher Qualität nachgereicht. Das ist aber genehmigungsrechtlich unzulässig. Offensichtlich musste sich die Nationalparkverwaltung damals den touristischen Begehrlichkeiten in Verbindung mit den – verfehlten -  tourismuspolitischen Vorgaben der CDU-FDP-Vorgängerregierung mit Umweltminister Sander (FDP) und dem notorischen, inzwischen pensionierten Ministerialrat Bernd-Karl Hoffmann beugen. Kann es sein, dass das der Nationalparkverwaltung vorgesetzte Umweltministerium unter “grüner” Leitung dem Nationalparkleiter Peter Südbeck am aktuellen Beispiel Juist bedeutet hat, der Tourismusindustrie weniger Entgegenkommen zu zeigen und sich nun eng an die gesetzlichen Vorgaben zu halten, um Negativschlagzeilen zu vermeiden? An den Stränden der Erholungszonen  ist das Kitesurfen übrigens genehmigungsfrei, kann aber – im wahrsten Sinne des Wortes – mit den Erholungssuchenden kollidieren.

Die Inselgemeinde Juist kann gegen den Ablehnungsbescheid Widerspruch einlegen. Hoffentlich tut sie dies auch, damit in einem evtl. nachfolgenden Gerichtsverfahren die gesamte höchst widersprüchliche Genehmigungspraxis der Nationalparkverwaltung für Kitesurfer in den Schutzzonen des Großschutzgebietes auf den gerichtlichen Prüfstand kommt. Denn nach der o.a. Begründung treffen diese gegenüber der Gemeinde Juist formulierten Bedenken der Nationalparkverwaltung  für alle bereits genehmigten Flächen in den Zwischenzonen des Nationalparks zu.

Link: Karte der genehmigten Kitespots im Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer

Gesucht: die richtige Maschenweite für den Krabbenfang

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Crannet-Projekt: Foto (C): Thünen-Institut

Die Küstenfischerei auf Krabben ist nicht “umweltfreundlich” oder gar “nachhaltig”; auch im Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer und “Weltnaturerbe” werden jährlich tonnenweise Garnelen (Crangon crangon) gefischt. Allein im Jahr 2005 wurden in  Deutschland 35.000 Tonnen Nordseekrabben vermarktet, ungefähr die gleiche Menge kleiner – nicht marktfähiger- Krabben wurde beim Fang oder bei der Verarbeitung getötet und zu Möwenfutter, ebenso werden tonnenweise Kleinfische, Seesterne oder andere Meerestiere als unerwünschter Beifang verletzt oder getötet. Ursache ist die Maschenweite der Netze. Vor allem auf den “Steert” kommt es an, das Ende des Netzes, in dem sich der Fang sammelt. Diesen “Steert” kann man hinsichtlich der Maschenweite und der Maschenform optimieren.Das Thünen-Institut für Seefischerei in Hamburg führte in den vergangenen Tagen im Bereich Westeraccumersiel/LK Aurich im “Crannet-Projekt” umfangreiche Versuchsreihen durch. Das Johann Heinrich von Thünen-Institut wurde zum 1. Januar 2008 eingerichtet. Es ist eines von vier Bundesforschungsinstituten, die im Zuge der Neustrukturierung des damaligen Bundesministerums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten entstanden ist.

Fischereifreie Referenzzonen gibt es im niedersächsischen Wattenmeer-Großschutzgebiet nicht, die wären aber als Vergleichsflächen von befischten und unbefischten Flächen notwendig. Auch die Regierungspartei der Grünen in Niedersachsen lehnt diese Referenzflächen ab.

Link: WWF- Nicht nur Krabben im Netz

Pressemitteilung vom 23.11.2013, Thünen-Institut für Seefischerei, Hamburg


Neue Netze braucht die Krabben-Fischerei

Forschungsprojekt CRANNET zeigt: Selektiverer Krabbenfang ist möglich

Neue Netze braucht die Krabbenfischerei – das meinen jedenfalls Wissenschaftler des Thünen-Instituts in Hamburg und Rostock. Gemeinsam mit der Universität Hamburg arbeiten sie seit Januar 2013 an dem Projekt „CRANNET – Optimierte Netz-Steerte für eine ökologisch und ökonomisch nachhaltige Garnelenfischerei in der Nordsee“. Dort untersuchen sie, wie sich Maschenformen und Maschenweiten auf die Fangzusammensetzung in Krabbennetzen auswirken. Über erste Ergebnisse berichten die Wissenschaftler auf einer Sitzung am 26. November.

Mit größeren Maschenweiten als bislang üblich sollen nicht nur die Rückwürfe an kleineren Krabben (Nordseegarnelen) deutlich verringert werden. Die Wissenschaftler erwarten auch geringere Beifänge an kleinen Fischen und Wirbellosen aller Art. Damit würden die Fischer den Forderungen nach verbesserter Nachhaltigkeit bei den Krabbenbeständen wie auch nach einer hohen Umweltverträglichkeit nachkommen.

Die Fischerei hat ein großes Interesse an den Ergebnissen. Sie stellt daher neue Netze und 2014 auch Fischkutter für das Forschungsprojekt bereit. Mit 1,1 Millionen Euro unterstützen auch der Europäische Fischereifonds sowie die Küstenländer Niedersachsen und Schleswig-Holstein das Projekt.

An Bord des Fischereiforschungsschiffes SOLEA müssen die Wissenschaftler zunächst aber Hunderte von Fängen aufarbeiten. Dazu wiegen, zählen und messen sie die gefangenen Fische und Garnelen. An Land werden die Fänge dann im Detail mit elektronischer Bildverarbeitung vermessen. Das ist notwendig, um auch feine Unterschiede zwischen Maschenweiten und -typen herauszuarbeiten. Die Mühe lohnt sich: Erste Datensätze zeigen bereits den Schoneffekt von unkonventionellen Maschentypen und größeren Maschenöffnungen bei kleinen Fischen und vor allem kleinen Krabben.
Den Abschluss der Forschungsarbeiten bilden praxisnahe Tests an Bord von kommerziellen Kuttern im Jahr 2014. Im Mai 2015 wird das Thünen-Institut für Seefischerei in Hamburg die Ergebnisse vorstellen.

Ansprechpartner:
Dr. Thomas Neudecker
Thünen-Institut für Seefischerei, Hamburg
E-Mail: thomas.neudecker@ti.bund.de,Tel.: 040 38905-172

“Masterplan 2050″ für die Ems: Luftbuchungen auf die Zukunft

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Der "Gelbe Fluss": Die Ems bei Gandersum mit Ems-Stauwerk. Der starke Schlickeintrag ist die Ursache der Trübung

An der Ems bewegt sich wieder etwas, zumindest auf dem Papier: Ein „Masterplan“ soll bis 2050 (!) die Ems sanieren. Hintergrund ist die seit 2000 geltende Wasserrahmenrichtlinie der Europäischen Union, die Qualitätsziele für Oberflächengewässer wie Flüsse und Flusseinzugsgebiete vorgibt. Diese Ziele werden für die Ems nicht erreicht: Die Ems verschlickt, der Sauerstoffgehalt ist in bestimmten Bereichen zu niedrig, der Salzgehalt zu hoch, die ökologische Qualität ist im Oberlauf katastrophal. Ursache sind die ständigen Unterhaltungsbaggerungen und das Emsstauwerk für die großen Kreuzfahrtschiff der Meyer Werft im binnenländischen Papenburg, deren Schiffe nur mit technischen Hilfsmitteln in den Fluss zur Überführung an das seeschifftiefe Wasser der Nordsee passen. Die Politik hat es versäumt, die Wasserrahmenrichtlinie an der Ems umzusetzen, die EU droht nun mit Strafzahlungen. Nur diese Strafandrohungen haben Bewegung in den politischen Apparat gebracht, als erstes Ergebnis wurde eine am 16. Juni 2014 unterzeichnete „Absichtserklärung“ auf den Weg gebracht.

„Absichtserklärung“

Die von den Umweltverbänden, der Meyer Werft (Bernard Meyer höchstselbst) , den Landkreisen, der Staatskanzlei und der Generaldirektion Wasserstraßen unterzeichnete Absichtserklärung (pdf: Ems – Absichtserklaerung) für einen “Masterplan 2050″ kommt also nur unter dem Druck der EU-Kommission zustande, die Wasserqualität der Ems zu verbessern. Das hat die Politik pflichtwidrig seit Jahren versäumt. Nun werden die großen Umweltverbände mit ins Boot geholt, die damit ihre schärfste Waffe aus der Hand geben: das Verbandsklagerecht. Dafür dürfen die Verbände BUND und NABU weiter an den Tropf der Projektfördergelder des Landes (z.B. Wattenmeerstiftung oder BINGO-Mittel). Diese Gelder sichern gleichzeitig Funktionärsposten in den Umweltverbänden. 2050 werden die meisten Akteure des “Masterplans” entweder den Weg alles Irdischen gegangen oder in Rente sein. Es handelt sich also um reine Luftbuchungen auf die Zukunft!

„Generationenvertrag“: Adolf-Hitler-Kanal reloaded

Bisher flossen schon zweistelliger Millionenbeträge zur Verbesserung der ökologischen Qualität, weiter 4 Millionen wurden nun in Aussicht gestellt. Sichtbar ist davon nichts an der Ems. (Link: Die Ems und die Spur des Geldes). Die identischen Funktionäre einschließlich Staatskanzlei haben schon einmal einen fragwürdigen Kanal (“Adolf-Hitler-Kanal” reloaded!) parallel zur Ems gefordert, um die Ems zu entlasten. Die Vertreter der Naturschutzverbände hatten 2009 einen “Generationenvertrag” mit der Meyer Werft, der Verursacherin allen Ems-Übels, geschlossen, dem Sommerstau in einem EU-Vogelschutzgebiet zugestimmt und auf alle weiteren Klagen verzichtet. Nur kennt den Inhalt dieses Vertrages kaum jemand, es wurde “Stillschweigen” vereinbart. Die unsinnige Kanal-Posse entwickelte sich zur Lachnummer, das Ansehen der Naturschutzverbände ging in der Region gegen null. Die Stichtage für die Emssanierung, zunächst ein “Generationenvertrag” auf 30 Jahre mit der inzwischen aufgegebenen Schnapsidee des Kanals parallel zur Ems, nun ein “Masterplan” bis 2050, werden immer weiter hinausgeschoben.

Baggerschiff hält die Ems auf Tiefe, Höhe Stauwerk, NSG "Petkumer Deichvorland", EU-Vogelschutzgebiet

Lebensaufgabe für Naturschutzfunktionäre

Die (bisher vergebliche) Sanierung der Ems ist offenbar zur lebenslangen Aufgabe von Funktionären einiger Naturschutzverbände geworden, ganz vorne dabei auch wieder der BUND-Multifunktionär und Geschäftsführer des BUND-Niedersachsen, Bodenstein-Dresler, der gekonnt mit “Klageverzicht” zum Wohle seines Verbandes jongliert. Das letzte bekannte Beispiel: Klageverzicht gegen den Nearshore-Windpark Nordergründe im Wattenmeer zwischen Cuxhaven und Wangerooge.

Mit der Meyer Werft und dem Land schließt man als Naturschutzverband keine Verträge, man klopft deren Tun auf Rechtmäßigkeit ab und begibt sich dann ggf. auf den Rechtsweg, alles andere ist Mitgliederbetrug. Kritik kommt aus der Region, von der Initiativen „De Dyklopers“ und „Rettet die Ems” und vom NABU-Rheiderland (pdf: NABU_Rheiderland_ 2014-06-17_Ems_ Anschreiben zur Tagung Lenkungsruppe): “Einem solchen Manöver sollten die beteiligten Naturschutzverbände in gar keinem Fall zustimmen, sondern dann die Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens zur Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie durch die EU zu forcieren, um deren sofortigen Umsetzungsbeginn, sowie einen geeigneten, zeitlich festgelegten Maßnahmenkatalog, seitens der Bundesrepublik Deutschland zu erzwingen.”

Meyer-Kreuzfahrtschiffe passen nur mit Baggerungen in die Ems

Versuchspolder

Zunächst soll geprüft werden, so das Umweltministerium, ob für einen Versuchspolder als Tidespeicherbecken am Altarm der Ems bei Vellage ein Planfeststellungsverfahren durchzuführen ist. Dieses Gebiet befindet sich in Landesbesitz und liegt oberhalb von Papenburg, für diesen Polder werden rund 20 bis 30 Hektar Fläche benötigt. Weitere Polder sollen in der Zukunft folgen. Bis 2050 sollen ca. 700 Hektar Fläche als Entlastungspolder renaturiert werden. Dagegen hat der Landwirtschaftliche Hauptverein Leer wegen der Flächenverluste bereits Bedenken angemeldet. In Petkum an der Ems – und nicht nur da – wurde bereits eine Fläche am Naturschutzgebiet „Petkumer Deichvorland“ aufgespült, aber als Schlickdeponie:  Wie Natur an der Ems gezielt kaputt gemacht wird: von Rebhühnern, Behörden und lästigem Emsschlick

Es liegt also die Vermutung nahe, das es sich bei den Poldern lediglich um Sammel- und Entsorgungsflächen für den ständig anfallenden lästigen Emsschlick handeln wird, die sich kaum zu den erhofften „Auwäldern“ oder zu Wiesenvogelbrutgebieten entwickeln können. Die Deichvorländereien der Ems sind größtenteils bereits Natura-2000- und Naturschutzgebiete, die Industrielandwirtschaft lässt aber durch die Bewirtschaftung keine Wiesenbrüter hochkommen, da braucht es keinen “Masterplan”, sondern nur die konsequente Anwendung des Naturschutzrechts.

Die Grünen

Vor der Landtagswahl 2013 hatten sich die Grünen in Niedersachsen für eine Verlegung der Meyer Werft an die Küste ausgesprochen, nur das kann die Ems “nachhaltig” entlasten, weil dann nicht mehr ständig auf Kreuzfahrtschiffstiefe gebaggert werden müsste, auch ein Stauwerk wäre dann entbehrlich. Nach der Wahl ist davon bei den Grünen, die jetzt Regierungspartei sind, nicht mehr die Rede, auch nicht im Umweltministerium unter grüner Leitung.

Wenn die Meyer Werft mit der Produktion ihrer Kreuzfahrtschiffen – deren Schiffssektionen ohnehin in Rostock an der Ostsee vorfabriziert werden – tatsächlich nach Finnland gehen sollte (pdf: Flyer-Turku) und stattdessen ihre flachen Flusskreuzfahrtschiffe in Papenburg baute (die jetzt überwiegend am seeschifftiefen Wasser in Rostock gebaut werden!), wäre das der Beginn einer Lösung für die Ems, ganz ohne “Masterplan”!

Weltnaturerbe Wattenmeer: Flächen erweitert, Etikettennaturschutz

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Willkommen im Weltnaturerbe: Norderney

Das UNESCO-”Weltnaturerbe Wattenmeer” in Deutschland wird erweitert. Die Entscheidung fiel am 23. Juni 2014 durch das Welterbe-Komitee im Wüstenstaat Katar. Das Weltnaturerbe wird auch an die Grenzen des Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer mit den Wasserflächen vor den Ostfriesischen Inseln angepasst. Der Nationalpark wurde 2010 von 2800 Quadratkilometern auf ca. 3500 Quadratkilometer erweitert, es handelt sich aber überwiegend um große Wasserflächen vor den Ostfriesischen Inseln.

2001 wurden jedoch von der damaligen niedersächsischen SPD-Landesregierung unter Ministerpräsident Gabriel im Rahmen der Novellierung des Nationalparkgesetzes sehr wertvolle Naturflächen des Nationalparks Wattenmeer auf den Inseln und auf dem Festland aus dem Nationalpark herausgenommen oder in der Zonierung herabgestuft und der touristischen Nutzung zugeführt. Dagegen hatte sich der Wattenrat vergeblich bei der EU-Kommission gewehrt.

Eine Erweiterung des Weltnaturerbes um die Wasserflächen des Nationalparks wird aber die Schutzinhalte des Nationalparks nicht ansatzweise verbessern. Die Nationalparkverwaltung hat z.B. nach der Ausweisung als Weltnaturerbe 2009 mehr als 20 Kitesurfflächen von Cuxhaven bis Emden mit rechtlich fragwürdigen “Befreiungen” vom Nationalparkgesetz in den Zwischenzonen genehmigt; die Verwendung von Drachen ist in den Ruhe- und Zwischenzonen laut Nationalparkgesetz verboten. Die großen beweglichen Zugdrachen vertreiben weiträumig Vögel. Zudem sind einige Watvogelarten im Nationalpark stark rückläufig, die strandbrütenden Arten wie Zwergseeschwalbe oder Seeregenpfeifer drohen auszusterben. Strände sind heute fest in der Hand des Tourismus. Seehunde und Kegelrobben leiden enorm unter den Störungen an den Ruheplätzen durch Wattwanderer oder Bootsbesatzungen. Die Aufsicht im Nationalpark ist desolat: Nur sechs hauptamtliche Dünenwärter versehen neben ihrem regulären Dienst für den Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) die Aufgaben als Nationalparkwarte. Sie haben keine Kompetenzen und Boote. Das Etikett “Weltnaturerbe” wird ausschließlich von der Tourismusindustrie zur Steigerung des Fremdenverkehrs an der Küste benutzt, der Natur hat dieses Etikett bisher nicht genützt.

Borkum: Strand ohne Strandbrüter

Der Niedersächsische Umweltmister Wenzel begrüßte die Erweiterung u.a mit den Worten: „Das Ökosystem Wattenmeer braucht eine gemeinsame Strategie zum Schutz und zur Entwicklung dieser weltweit einzigartigen Naturlandschaft.” Von dieser Strategie ist allerdings bisher nichts zu bemerken. Grundlage des Naturschutzes im Nationalparks ist das Nationalparkgesetz, nicht aber das Weltnaturerbe-Etikett. Die Pressemitteilung des MU-Niedersachsen ist hier nachzulesen.

Nüchtern betrachtet müsste dem Wattenmeer der Welterbe-Titel umgehend aberkannt werden, zu viele Nutzungen sind in diesem Naturraum erlaubt: Baggergutverklappungen, Salzwiesenentwässerung,  Jagd auf Wasservögel, intensive Fischerei, Ölbohrungen vor der Küste Schleswig-Holsteins oder Massentourismus ohne wirksame Kontrolle durch Ranger gefährden den Nationalpark. In plattester PR-Manier werden diese Beeinträchtigungen für ein werbewirksames UNESCO-Etikett ignoriert und der Naturraum politisch schöngeredet. Dresden wurde 2009 von der UNESCO der Weltkulturerbe-Titel wegen einer einzigen Brücke, der Waldschlösschenbrücke,  aberkannt. Wie viele “Brücken” stehen allein im Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer?

K+S-Salzabwässer mit einer Pipeline in das Wattenmeer?

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K+S, Diesellader im Grubenbetrieb, Rohsalzförderung für Düngemittel und andere Industrieprodukte, Foto (C): K+S, Presse

Die K+S AG, früher Kali und Salz AG, mit Sitz in Kassel ist ein börsennotiertes Bergbauunternehmen mit den Schwerpunkten Kali- und Salzförderung u.a. zur Düngemittelherstellung für die Landwirtschaft und Streusalzgewinnung für die winterlichen Straßen. Motto auf der WebSeite: “Wir holen das Beste für Sie aus der Erde”. Die salzhaltigen Produktionsabfälle von K+S müssen aber entsorgt werden. Bisher wurden Werra und Weser mit einer enormen Salzfracht durch diese Abwässer belastet, das soll sich ändern. Nun ist eine Pipeline, die die Salzfracht direkt in die Nordsee entleeren soll, im Gespräch. Möglicher Einleitungsort: bei Wilhelmshaven. Genauer: südlich vom Küstenbadeort Hooksiel, haarscharf an der Grenze zum Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer, nur wenige Kilometer entfernt vom Jadebusen. Diese Meeresbucht  gehört größtenteils zum Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer, ist FFH-Gebiet und UNESCO-”Weltnaturerbe”. Das zusätzliche Salz wird aber durch Ebbe und Flut an der Nationalparkgrenze nicht haltmachen.

Die neue Bundesumweltministerin Dr. Barbara Hendricks (SPD) ist besorgt, nicht um das Wattenmeer, das die konzentrierte Salzfracht ggf. aufnehmen müsste, sondern um den Tourismus. Das sagte sie am 10. Juni 2014 anlässlich eines Besuches in der Stadt Wilhelmshaven. Solebäder können zwar durchaus eine Bereicherung für die Tourismuswirtschaft sein, sind es aber nicht für die Bodenfauna des Wattenmeeres. Der Salzgehalt im Watt ist geringer als in der Nordsee, am geringsten im Bereich der Flussmündungen, Niederschläge verursachen eine Aussüßung der oberflächennahen Watts. Durch die küstennahe konzentrierte Einleitung der Salzfracht aus Hessen käme es sicherlich im Umfeld der Einleitung zu einer drastischen Erhöhung der Salinität zum Schaden der bodenbewohnenden Organismen im Wattenmeer. Würde die Salzbrühe, die nicht identisch mit der Zusammensetzung des Meersalzes der Nordsee ist, in den Jadebusen eingeleitet, bliebe sie durch den verminderten Wasseraustausch mit der Nordsee dort lange im System. Das, und nicht der Tourismus, sollte die Umweltministerin bedenklich stimmen.

Nicht näher spezifizierte „Umweltschützer“ der Werra-Weser-Anrainer (WWA), so die Regionalpresse, wurden da am 20. Juni anlässlich einer Küstenkonferenz in Wilhelmshaven schon deutlicher: Die EU-Wasserrahmenrichtlinie verbietet – eigentlich – die Verschlechterung der Wasserqualität, die Konferenzteilnehmer forderten das Ende der Versalzung der Flüsse Werra und Weser. Die salzhaltigen Abfälle müssten direkt beim Verursacher aufbereitet werden. Dafür seien technische Verfahren vorhanden, die das Umweltbundesamt derzeit prüfe. K+S sieht die Abwasserleitung lediglich als „Alternative“ für mögliche andere Verfahren. Der Vorsitzende der Nordsee-Tourismusverbände und Landrat des Landkreises Friesland, Sven Ambrosy (SPD), hatte anlässlich der Konferenz ebenfalls nur die Beeinträchtigungen für den Tourismus auf dem Schirm. Ambrosy ist ein Exponent der touristischen Vermarktung des „Weltnaturerbes“ Wattenmeer, ohne sich aber für die Schutzinhalte des Naturraumes einzusetzen. Bemerkenswerterweise haben sich der Naturschutzverband BUND und und die Grünen in Hessen für eine Leitung in die Nordsee zur Schonung der Flüsse ausgesprochen….

Link: taz, 26. Juni 2014: Kali-Müll in der Nordsee – Eine problematische Lösung

Jeversches Wochenblatt, online (u.a.), 10. Juni 2014

POLITIK

„Ich verstehe die Sorgen der Bürger“

Bundesministerin Dr. Barbara Hendricks zu Besuch in Wilhelmshaven –

Nordseepipeline auch Thema

WILHELMSHAVEN|

Von EVA HANKEN

[...]

Die SPD-Politikerin will nach technischen Alternativen suchen.

Ob es die sogenannte Nordseepipeline tatsächlich geben wird, mochte die Bau- und Umweltministerin Dr. Barbara Hendricks am Dienstag, 10. Juni weder verneinen noch bejahen. Sie war auf Einladung der Bundestagsabgeordneten Karin Evers-Meyer (SPD) in Wilhelmshaven zu Besuch und nahm unter anderem zu diesem Thema Stellung. [...] K+S sucht nach einer Alternative und plant nun eine Fernleitung in die Nordsee. „Ich verstehe die Sorgen der Bürger, insbesondere im Hinblick auf die Tourismus-Region“, sagte die SPD-Politikerin. Deshalb habe sie das Umweltbundesamt beauftragt, zu überprüfen, ob die Produktion von Salz nicht auf ein wirtschaftlich verträgliches Maß reduziert werden könne. Wenn es tatsächlich zu der Nordseepipeline kommen sollte, dürfte diese keinesfalls den Tourismus beeinträchtigen.  Das ist aber eine Möglichkeitsaussage und zuallererst müssen wir das Gutachten abwarten“, betonte Hendricks. [...]

—–

Nordwest Zeitung, Oldenburg, online, 21. Juni 2014

Küstenkonferenz In Wilhelmshaven

Gefahrenquelle Salzpipeline

[...]

Umweltschützer haben vor schweren Schäden im Ökosystem Wattenmeer durch eine Pipeline für Chemieabfälle zur Nordsee gewarnt. Der Plan einer Abwasserleitung für Laugen des hessischen Unternehmens Kali + Salz (K+S) zur Küste sei ökologisch und wirtschaftlich nicht zumutbar, sagten Teilnehmer der Konferenz der Werra-Weser-Anrainer (WWA). Die bis zu 450 Kilometer lange Pipeline könnte für den Kasseler Düngemittelhersteller das Entsorgungsproblem der Salzabwässer lösen. Da der Bau allerdings kostspielig wäre, würde K+S lieber weiter vor Ort entsorgen. […]

Das Pipeline-Projekt, dessen Kosten auf eine Milliarde Euro geschätzt werden, sei bisher nicht auf Alternativen untersucht worden und allein deshalb nicht genehmigungsfähig, sagte Konferenzleiter Walter Hölzel. K+S plane mit neuen Verklappungsstellen an der Oberweser oder zur Nordsee die Wasserrahmenrichtlinien der EU zu umgehen. Nach den EU-Vorgaben dürfe sich die Wasserqualität nicht verschlechtern.

K+S wies die Vorwürfe auf Anfrage zurück. Es soll nur geprüft werden,ob die unterirdisch verlaufenden Rohren aus dem Kali-Revier in Osthessen und Thüringen in die Nordsee nach Wilhelmshaven genehmigt würden oder nicht. „Erst wenn diese Entscheidung getroffen ist, beraten wir, ob wir investieren oder eine Alternative wählen können“, sagte K+S-Sprecher Michael Wudonig. Für das Kasseler Unternehmen, das bei seiner Produktion unter anderem Salzabwasser anhäuft, wäre die Nordsee-Pipeline die kostspieligste der drei Varianten, die geprüft werden. [...] Bei der Wilhelmshavener Konferenz verwies Frieslands Landrat Sven Ambrosy (SPD) auf den Schaden des Projekts für die Tourismusregion an der Küste. Ambrosy leitet die Tourismusverbände Nordsee und Niedersachsen. Natürliches Meersalz und industrielle Salzlaugen seien grundverschieden, rechnete zudem die Wilhelmshavener Meeresbiologin Gisela Gerdes vor. Die Einleitung von 20 000 Kubikmetern Chemieabwässer bei Wilhelmshaven mit den empfindlichen Öko-Gebieten Jadebusen und Wattenmeer sei ohne eine genaue Kenntnis der Folgen „sträflich“. Eine höhere Schadstoffbelastung bedeute für Meereslebewesen wie Garnelen, Muscheln und andere erheblichen Stress. Es drohe der Verlust von Arten, die Stabilität des Systems sei in Gefahr. [...]

Focus, online, 16. Juni 2014

Umweltverschmutzung

Plan für Salzpipeline schmeckt der Küste nicht

Ist eine Pipeline zur Nordsee für Salzabfälle aus der hessischen Kaliindustrie sinnvoll zur Entlastung der Weser? […] Naturschützer befürchten Nachteile für das Wattenmeer. Der Bund für Naturschutz Deutschland (BUND) und die Grünen in Hessen sind jedoch dafür. Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) hatte vorige Woche zugesagt, Alternativen zur Salzleitung in die Jade zu prüfen.

BUND-Niedersachsen, 14. September 2010

[…] Dieser Runde Tisch, bei dem neben Vertretern des Unternehmens und der Länder auch Vertreter des BUND mitgewirkt hatten, hat im Februar diesen Jahres nach zweijährigen Beratungen Empfehlungen für den Umgang mit den Salzabwässern abgegeben. Der Runde Tisch hatte im Auftrag der Landesregierungen von Hessen und Thüringen seit März 2008 getagt und stimmte mit großer Mehrheit für seine am 9. Februar 2010 veröffentlichten Empfehlungen. Die Mitwirkenden waren dabei in wichtigen Punkten den Vorschlägen des BUND gefolgt. Und die Landtage von Hessen und Thüringen haben diese Empfehlungen ausdrücklich begrüßt. Die Empfehlungen enthalten vor allem Maßnahmen zur Verminderung und Verwertung von Produktionsabfällen durch weitere Optimierung des Betriebs. Zudem hat sich der Runde Tisch – neben vielen weiteren Maßnahmen – für eine Pipeline zur Nordsee ausgesprochen. Dieser Pipeline steht das Land Niedersachsen allerdings ablehnend gegenüber.[...]

 

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