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Channel: Wattenrat Ostfriesland – mit der Wattenpresse – unabhängiger Naturschutz für die Küste
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Karbidschießen: nichts Genaues weiß man nicht

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Karbidschießen mit zwei „Geschützen“ am Emsdeich bei Pogum/LK Leer, in unmittelbarer Nähe der strengsten Schutzzone des Nationalparks Niedersächsisches Wattenmeer und des NSG „Unterems“, 31. Dez. 2018 – Foto: privat

Einen späten Nachhall hatte das vom Wattenrat angezeigte sehr laute Karbidschießen aus selbstgebastelten „Geschützen“ am Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer an Silvester 2018. Die Zeitung „Der Wecker“, die einmal wöchentlich im gesamten Landkreis Leer und in den Gemeinden Barßel und Saterland im Nordkreis Cloppenburg erscheint, griff das Thema ein Jahr später noch einmal auf (siehe unten). Nur hat sich in der Sache bisher wenig getan, sie ist sozusagen im Sande der Behörden verlaufen. So richtig zuständig fühlt sich nach einem Jahr der Anzeigenerstattung durch den Wattenrat wohl niemand.

Einer schiebt es auf den anderen. Der Landkreis Leer eiert. Die Polizei hatte Anfang des Jahres 2019 Zeugen befragt und „Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet“. Es sollte „intern geklärt werden“, wie die „Rechtsgrundlage“ sei (siehe Rheiderland Zeitung vom 21. Jan. 2019). Das müsste doch nun langsam geklärt worden sein, klingt aber nicht so. Es klingt mehr nach „ausgesessen“ als nach „geklärt“.

Das Waffengesetz führt aus:
Waffengesetz (WaffG), Anlage 2 (zu § 2 Abs. 2 bis 4)
Waffenliste
(Fundstelle: BGBl. I 2002, 3999 – 4002;
„Verbotene Waffen
Der Umgang mit folgenden Waffen und Munition ist verboten:
[…]
1.3.4
Gegenstände, bei denen leicht entflammbare Stoffe so verteilt und
entzündet werden, dass schlagartig ein Brand entstehen kann; oder in
denen unter Verwendung explosionsgefährlicher oder explosionsfähiger
Stoffe eine Explosion ausgelöst werden kann
[…]
1.5.5
Knallkartuschen, Reiz- und sonstige Wirkstoffmunition nach Tabelle 5 der Maßtafeln nach § 1 Abs. 3 Satz 3 der Dritten Verordnung zum Waffengesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. September 1991 (BGBl. I S. 1872), die zuletzt durch die Zweite Verordnung zur Änderung von waffenrechtlichen Verordnungen vom 24. Januar 2000 (BGBl.I S. 38) geändert wurde, in der jeweils geltenden Fassung (Maßtafeln), bei deren Verschießen in Entfernungen von mehr als 1,5 m vor der Mündung Verletzungen durch feste Bestandteile hervorgerufen werden können, ausgenommen Kartuschenmunition der Kaliber 16 und 12 mit einer Hülsenlänge von nicht mehr als 47 oder 49 mm;[…]“

Welche enorme Wucht beim Karbidschießen entstehen kann, zeigt das Video aus den Niederlanden: hier

Verstöße gegen das Waffengesetz sind eine Straftat. Es werden beim Karbidschießen feste Bestandteile in einer Entfernung von mehr als 1,5 Metern verschossen, und das aus sehr großen selbstgebauten Kalibern. Das Bundesnaturschutzgesetz verbietet das mutwillige Beunruhigen von Tieren (§39) als Ordnungswidrigkeit, egal ob Schutzgebiet oder nicht. Gerade Rastvögel reagieren sehr empfindlich auf plötzliche und laute Knallgeräusche mit panikartiger Flucht. Wo ist da die „Grauzone? Es fehlt wohl wieder einmal der Wille, Gesetze auch anzuwenden und vor allem gegen evtl. öffentliche Aufschreie durchzusetzen (nach dem Motto: „dat hebbt wie immer so makt, dat makt wi ok wieder so“). Das alte Lied des viel beklagten „Vollzugsdefizits“, gerade bei Verstößen gegen Naturschutzvogaben.

Der Wecker, Zeitungsgruppe Ostfriesland (ZGO), Leer, 28./29. Dez. 2019

Karbid-Schießen in Grauzone
Um böse Geister zu vertreiben, wird zu Silvester vielerorts geböllert und farbiges Feuerwerk entzündet. In Ostfriesland gibt es eine besonders laute Tradition: das Karbid-Schießen. Das ist sehr umstritten.

Von Doris Zuidema

LANDKREISE LEER/ CLOPPENBURG – In Deutschland wird zu Silvester fast überall geböllert. Mit farbigem Feuerwerk und lautem Geknalle sollen böse Geister vertrieben werden. Was das laute Geknalle angeht, gibt es in den Landkreisen Leer und Cloppenburg noch eine weitere Tradition: Das Karbid-Schießen. Dabei wird Karbid in Stahl-Milchkannen zur Explosion gebracht. Die aufgesteckten Kannendeckel werden dadurch mit lautem Knall in hohem Bogen bis zu 100 Meter weit geschleudert.

Doch dieser Brauch ist umstritten. So hatte es im vergangenen Jahr Ärger um diese Tradition, unter anderem in Backemoor (Gemeinde Rhauderfehn) und in Pogum (Gemeinde Jemgum) gegeben. In Backemoor hatten sich Anwohner über den Lärm beschwert, in Pogum hatte die Schießerei die Naturschützer auf den Plan gerufen.

In Backemoor ist das Karbid-Schießen in diesem Jahr abgesagt. Ortsbürgermeister Bernhard Bünnemeyer ist aber zuversichtlich, dass es Silvester 2020 wieder stattfinden kann. „Wir suchen einen neuen Platz dafür“, so Bünnemeyer.

Beim Karbid-Schießen in Pogum hatte Naturschützer Manfred Knake aus Holtgast (Landkreis Wittmund) vom Wattenrat Ostfriesland vor allem kritisiert, dass das Geschütz in Richtung Salzwiesen, der strengsten Schutzzone des Nationalparks Niedersächsisches Wattenmeer, ausgerichtet worden war. Er hatte sich sogar an die Polizei gewandt.

Die rechtliche Lage beim Karbid-Schießen bleibt aber nebulös.

Der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) in Norden wertet „das außerordentlich laute Karbid-Schießen in der Nähe eines Schutzgebietes als erhebliche Störung“. Allerdings sei es in der Verordnung für Naturschutzgebiete nicht ausdrücklich untersagt. „Jedes panische und unorganisierte Auffliegen verursacht bei Wildgänsen, Wildenten und Watvögeln einen Verlust von Energiereserven, die ja gerade in der Zeit der Überwinterung und Vorbereitung auf die nächste Zug-und Brutzeit von besonderer Bedeutung sind“, gab Heinrich Pegel von der NLWKN-eigenen Naturschutzstation Ems in Moormerland zu bedenken. Für konkrete behördliche Maßnahmen sei aber der Landkreis Leer zuständig, hieß es vonseiten des niedersächsischen Landesbetriebes.

Philipp Koenen, Sprecher des Landkreises Leer, erläuterte: „Ob das Karbid-Schießen rechtlich zulässig ist, hängt davon ab, wo es stattfindet. Dabei können das Naturschutzrecht oder das Deichrecht eine Rolle spielen.“ Das wiederum müsse von den Kommunen geprüft werden. „Da spezielle Regelungen – etwa nach dem Sprengstoff- und Waffengesetz – hier keine Anwendung finden, ist der Landkreis nicht zuständig“, so Koenen. Wie Jemgums Bürgermeister Hans-Peter Heikens mitteilte, liegt der Gemeinde Jemgum kein Antrag für ein Karbid-Schießen zu Silvester in Pogum vor. Allerdings sei bei der Gemeinde noch nie ein Antrag eingereicht und dementsprechend auch noch nie ein Karbid-Schießen genehmigt worden. „Bei dieser Linie werden wir bleiben“, so Heikens. Ob in Pogum ein Karbid-Schießen stattfindet, ist ungewiss.

Wer auf Kanonenschläge zu Silvester nicht verzichten mag, kann anderenorts dabei Zusehen, wie die bösen Geister mittels einer Stahl-Milchkanne oder einer Kanone vertrieben werden: In Filsum (Samtgemeinde Jümme) findet am Silvestertag das Karbid-Schießen auf dem Sportplatz in Filsum statt. Ausrichter ist der Bürgerverein. In Holtland (Gemeinde Hesel) gibt es am 31. Dezember zwischen 13 und 16 Uhr ein Karbid-Schießen bei der Mühle. In Wittensand (Kreis Cloppenburg) feuert der Heimat-und Böllerverein „Widerhall“ Punkt Mitternacht seine Böllerkanone mit einem Gas-Sauerstoff-Gemisch ab. Probleme habe es noch nie gegeben, sagte Vereinssprecher Andre Waden. „Wir schießen fünf, sechs Mal. Alle Anwohner sind dann beim Kreuz in Wittensand versammelt, trinken ein Gläschen Sekt, unterhalten sich noch etwas, und um halb eins ist das Spektakel dann wieder beendet.“

Der Beitrag Karbidschießen: nichts Genaues weiß man nicht erschien zuerst auf Wattenrat Ostfriesland.


Energiewende: Das Narrenschiff

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Narrenschiffe, Blatt 1: „Elegantes Wendemanöver”(C): Stefan Klinkigt

Nach vielfältiger fachlicher Meinung, belegt mit Fakten und Zahlen, ist die enorm teure „Energiewende“ längst gescheitert, sie wird nur noch politisch und in vielen Medien als „Erfolgsmodell“ verkauft. Das erinnert an die Durchhalteparolen aus unrühmlicher deutscher Geschichte. Erfreulich ist, dass zumindest in Satire und Karikatur dem Irrsinn einer „Energieversorgung“ Deutschlands mit wetterabhängigen Wind- und Subventionspropellern Paroli geboten wird.

Der Karikaturist Stefan Klinkigt aus Dresden hat das mit seiner Karikatur „Das Narrenschiff“ treffend deutlich gemacht. Wir veröffentlichen die Karikatur mit freundlicher Genehmigung des Autors.

Der Beitrag Energiewende: Das Narrenschiff erschien zuerst auf Wattenrat Ostfriesland.

Todesfalle Stacheldraht

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Tote Sumpfohreule im Stacheldraht © Matthias Schreiber

Tote Sumpfohreule im Stacheldraht – Foto (C): Dr. Matthias Schreiber

Stacheldraht als Einzäunung in Schutzgebieten, und nicht nur da, bedeutet eine erhebliche Gefahr für die freilebende Tierwelt. Häufig liest man von verendeten Rehen oder Hirschen, die sich an den Drähten verfangen und elend umkommen. Dazu kommen herumliegende Drahtreste, die aus Nachlässigkeit nicht ordentlich entsorgt und so zu Todesfallen werden. Weniger bekannt ist, dass auch Vögel in den Stacheldrahtzäunen verenden können. Gerade bei Starkwind kommt es vor, dass tieffliegende Vögel beim Überfliegen in die Drähte gedrückt werden, dort hängenbleiben, sich schwer verletzen oder sich qualvoll zu Tode zappeln.

So geraten überwinternde arktische Gänse immer wieder in die Drähte, verletzen sich an den Flügeln und bleiben so für immer flugunfähig, zusätzlich zu den durch die Gänsejagd angeschossenen Vögeln. Tagaktive Sumpfohreulen, die dicht über dem Boden jagen, werden ebenfalls Opfer des Stacheldrahts. Konsequent müssten in Schutzgebieten Stacheldrahtzäune durch glatte Walzdrahtzäune ersetzt werden. Einen Anfang hat die Verwaltung des Nationalparks Niedersächsisches Wattenmeer gemacht: Auf einigen Ostfriesischen Inseln wurde mit erheblichen Steuermitteln Stacheldraht gegen Walzdraht ausgewechselt. Völlig unverständlich ist es, warum Pferdehalter auf den Inseln den auch für Pferde gefährlichen Stacheldraht nicht auf eigenen Kosten gegen Walzdraht austauschen. Bei dem schleichenden Tempo, mit dem Stacheldraht gegen Walzdraht flächendeckend ausgetauscht wird, kann es noch Jahrzehnte dauern, bis der Nationalpark frei von Stacheldraht ist.

Der Beitrag Todesfalle Stacheldraht erschien zuerst auf Wattenrat Ostfriesland.

Umweltverbände: misslungener Spagat zwischen Windkraftausbau und Artenschutz

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Foto: Pixabay

Es ist unglaublich: Die großen deutschen Umweltverbände machen gemeinsame Sache mit der Windenergiewirtschaft und „fordern [den] beschleunigten naturverträglichen Ausbau der Windenergie“ in ihrer Pressemitteilung vom 30. Januar 2020 (s.u). Es gibt aber keinen „naturverträglichen Ausbau“, weder an Land noch auf See. Windparks auf See gefährden bei unsichtigem Wetter den Vogelzug, Schweinswale leiden unter dem Dauerlärm. Begründung der Verbände: „Klimaerhitzung“, was immer das auch sein soll. Es gibt bisher keine gesicherten Hinweise, dass irgendeine Tierart durch den Klimawandel mit leichtem Temperaturanstieg gefährdet ist, noch nicht einmal beim sonst alarmistischen IPCC.

Alpenstrandläufer im Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer, Dollart, Blickrichtung Emden – Foto (C): Eilert Voß

Mit wechselnden klimatischen Bedingungen leben viele Tierarten seit abertausenden Jahren. Die Ursache des Artenschwundes im Wasser und an Land sind die steigende Nutzungsintensität, von der Überfischung bis zur industriellen Landwirtschaft mit den damit verbundenen Lebensraumverlusten – auch durch riesige Windparks in ehemaligen Rastgebieten allein durch den weiträumigen Scheucheffekt -, nicht aber „das Klima“. Eine Mindestabstandsregelung zur Wohnbebauung wird von den Umweltverbänden abgelehnt, Menschenschutz vor gesundheitsgefährdendem tieffrequenten Schall wird ignoriert, man ist voll auf politischer und lobbygesteuerter Ausbaulinie.

Windkraft in Niedersachsen und im angrenzenden Küstenmeer. Quelle: Energieatlas Niedersachsen, https://energieatlas.niedersachsen.de/startseite/, abgerufen am 02. Febr. 2020

Naturschutzfachliche Empfehlungen zu Abständen von Vogellebensräumen gibt es längst, z.B. im „Helgoländer Papier“ der Länderarbeitsgemeinschaft der Vogelschutzwarten und in  der „Arbeitshilfe Naturschutz und Windenergie“ des Niedersächsischen Landkreistages (NLT-Papier). Und auch diese fachlichen Empfehlungen werden von Behörden missachtet, Beispiel der Windpark Utgast direkt an einem europäischen Vogelschutzgebiet im Landkreis Wittmund. Hier wurde nur in einem Abstand von ca. 200m- 300m zum Vogelschutzgebiet repowert, die fachliche Empfehlung lautet in diesem Falle 1.200m Abstand. Die Fachaufsichtsbeschwerde des Wattenrates verlief im Sande. Von den Naturschutzverbänden kamen keine Einwände.

Allerdings, ein bisschen Artenschutz ist auch in der Pressemitteilung der Umweltverbände mit drin: Bei artenschutzrechtlichen Ausnahmeerteilungen müsse die garantierte Nicht-Verschlechterung der betroffenen Population gewährleistet sein, eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Unterm Strich ist der Inhalt der Pressemitteilung der Verbände im Sinne des Natur- und Artenschutzes unprofessionell, sie enthält überwiegend das Gegenteil von den satzungsgemäßen Aufgaben, ein misslungener Spagat zwischen Windkraft und Artenschutz. Die großen Naturschutzverbände wie NABU oder BUND sind gesetzlich „anerkannte“ und damit klagebefugte Naturschutzverbände (!) und keine Windenergieförderungsverbände. Sie sind inhaltlich und moralisch am Ende. Als vorgebliche „Anwälte der Natur“ sind sie überflüssig geworden. Diese Umweltverbände sind keine Hilfe mehr, sondern ein Teil des Problems geworden. Meine Empfehlung: austreten!

Manfred Knake

Blick auf die Küste bei Bensersiel/LK Wittmund aus dem Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer („Weltnaturerbe“), Ausschnitt – Foto (C): Manfred Knake

Gemeinsame Pressemitteilung von Deutscher Naturschutzring (DNR), Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Deutsche Umwelthilfe (DUH), Germanwatch, Greenpeace, NABU und WWF

vom 30. Januar 2020

Umweltorganisationen fordern beschleunigten naturverträglichen Ausbau der Windenergie

Berlin. Die Umweltorganisationen BUND, DUH, Germanwatch, Greenpeace, NABU, WWF und der Umweltdachverband DNR haben ein gemeinsames Thesenpapier zur Beschleunigung eines naturverträglichen Ausbaus der Windenergie vorgelegt. Anlässlich des heutigen Bund-Länder-Treffens im Kanzleramt zur stockenden Entwicklung der Energiewende fordern die Verbände eine verbindliche Bund-Länder-Strategie, die bundesweite und länderspezifische Strommengenziele für erneuerbare Energien inklusive der dafür auf Länderebene notwendigen Flächen definiert. Um die gegenwärtigen Ausbauziele der Bundesregierung zu erreichen, sei aus Sicht der Organisationen ein Zubau von mindestens vier Gigawatt Windenergie an Land jährlich erforderlich.

„Klimaerhitzung und Verlust der biologischen Vielfalt sind eng miteinander verwoben. Der Erfolg der Energiewende ist dabei entscheidend für das Erreichen unserer Klimaziele, insbesondere des 1,5°C-Ziels, und damit auch wesentlich für den langfristigen Erhalt der biologischen Vielfalt“, so die gemeinsame Einschätzung der Umweltorganisationen.

Nach Überzeugung der Verbände darf die Diskussion um den dramatisch eingebrochenen Windenergieausbau nicht auf den Artenschutz verkürzt werden. Es gebe gewichtigere Herausforderungen, die konsequent angegangen werden müssen. Hierzu gehören insbesondere die unzureichende Regionalplanung und fehlendes Personal in den Vollzugsbehörden, kaum nachvollziehbare Restriktionen zur Flugsicherung oder ein EEG-Ausschreibungsdesign, das eine Akteursvielfalt und eine bessere Beteiligung von Kommunen und Anwohnern behindere.

Zudem sei zu befürchten, dass pauschale Mindestabstandsregelungen zur Wohnbebauung dazu führen, dass Windenergieanlagen vermehrt in bisher unzerschnittenen Räumen projektiert werden und verstärkend auf Konflikte mit dem Natur- und Artenschutz wirken. Die Verbände lehnen daher die aktuellen Vorschläge der Bundesregierung strikt ab, da damit weder mehr Akzeptanz, noch eine Erreichung der Klimaziele gewährleistet ist.

Die Umweltorganisationen weisen zugleich darauf hin, dass der Schutz von Populationen windenergiesensibler Tierarten vor den Auswirkungen der Windenergie nicht allein dadurch garantiert werden könne, dass artenschutzrechtliche Verbote bei einzelnen Genehmigungen eingehalten werden. Daher müsse künftig die artenschutzrechtliche Ausnahme nach dem Bundesnaturschutzgesetz verstärkt genutzt werden. „Die Voraussetzungen für die Erteilung einer Ausnahme sollten eindeutig geklärt werden, um eine rechtssichere Anwendung in der Praxis zu ermöglichen, die den Artenschutz sicherstellt. Hierzu gehören die gleichzeitige Absicherung durch öffentliche Artenschutzprogramme und staatliches Monitoring zur Wirkungskontrolle“, so die Empfehlung der Verbände.

Voraussetzung für die Ausnahmeerteilung müsse die garantierte Nicht- Verschlechterung der betroffenen Population sein. Im Rahmen der Artenschutzprogramme müssten geeignete Maßnahmen zur Sicherung des Erhaltungszustandes veranlasst werden, die auch weitere Faktoren wie intensive Landnutzung berücksichtigen.

„Auch aus Sicht des Naturschutzes gibt es Möglichkeiten, den Ausbau der Windenergie zu beschleunigen und gleichzeitig die Berücksichtigung des Artenschutzes und dessen Vollzug in den Regionen mit Windenergie zu verbessern. Eine gemeinsame Offensive für einen beschleunigten Ausbau der Windenergie im Einklang mit dem Natur- und Klimaschutz ist daher dringend überfällig“, so die Einschätzung der Verbände.

Der Beitrag Umweltverbände: misslungener Spagat zwischen Windkraftausbau und Artenschutz erschien zuerst auf Wattenrat Ostfriesland.

Verölte Vögel waschen?

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Verölte Trottellumme – Foto (C): Wattenrat Ostfriesland

Bei einer Schiffshavarie oder bei verbotenen und „kostengünstigen“ Tankwaschungen auf See können beträchtliche Mengen von Leicht- bis Schweröl ins Meer gelangen. Als sichtbare Opfer werden dann ölkontaminierte See- oder Küstenvögel angespült, die oft noch leben. Der Großteil der Vögel kommt bereits auf dem Meer um. Das Öl zerstört die schützende Fettschicht des Gefieders. Das Öl schädigt auch Wale, Fische oder Krebstiere, gelangt also in die Nahrungskette. Da liegt es aus Tierschutzgründen nahe, lebend aufgefundene verölte Vögel zunächst einzuteilen in „unrettbar“ oder „rettbar“ und letztere zu reinigen, um sie hinterher wieder auszusetzen.

Die nicht rettbaren Tiere werden sofort getötet. Sie müssen, so hart das klingt, als Sondermüll entsorgt werden. Derzeit wird wieder die Einrichtung einer Auffangstation für verletzte Tiere an der Küste, vor allem auch für verölte Vögel, angeregt. Der Vorschlag kommt vom Kreisveterinär des Veterinäramtes Jade-Weser, Dr. Norbert Heising. Unterstützt wird das Projekt vom niedersächsischen Umweltminister Olaf Lies (SPD). Bereits 1984 verfolgte die Stadt Esens im Landkreis Wittmund zusammen mit dem damaligen Tourismuschef die Einrichtung eines „Rehabilitationszentrum für verölte Vögel“ in Bensersiel, „Krüppelzoo“ für zahlende Touristen sagten damals die Kritiker. Die damalige niedersächsische Wirtschaftsministerin Birgit Breuel (CDU) stellte dafür 800.000 DM in Aussicht. Aus dem Projekt wurde nichts. Ein damaliger Fachvortrag in Esens, referiert von einer Fachwissenschaftlerin aus einem Ölopferprojekt und eines WWF- Mitarbeiters zur Vergeblichkeit des Vogelwaschens, war gut besucht, Presse und Rundfunk berichteten. Nur blieben die Rats- und Verwaltungsmitglieder der Veranstaltung fern.

Leicht verölter Tordalk, Totfund Nationalpark Nieders. Wattenmeer bei Dornumersiel/LK Aurich – Foto (C): Manfred Knake

Sauber ist nicht rein

Die Technik der Reinigung hat sich in den letzten Jahrzehnten erheblich verbessert. Nur wird dabei übersehen, dass die Haut der Vögel toxische Ölanteile aufnimmt und verölte Vögel sofort mit dem Gefiederputzen beginnen. Dadurch gelangen toxische Ölreste in den Magen-Darmtrakt und führen auch nach der oberflächlichen Gefiederreinigung in einer Auffangstation schleichend zum Tod. Durch das mechanische Waschen wird der Gefiederschluss der Vogelfedern zerstört, die Häkchen und Strahlen der Federn können sich nicht mehr zu einem dichten Federkleid zusammenschließen, der Vogelkörper wird nass und das Tier unterkühlt. Das Handhaben vom Einsammeln über den Transport bis zum Reinigen und der Zwangsfütterung ist enorm stressend und belastend für die Tiere. Auch wenn viele der gereinigten Tiere bei guter Pflege die Reinigung überleben, überlebt anschließend nur ein verschwindend geringer Prozentsatz der Vögel die spätere Auswilderung. Die „Erfolgsquote“ nach der Auswilderung liegt im unteren einstelligen Bereich, das wurde bereits mehrfach wissenschaftlich bestätigt. Der Versuch der Reinigung der Tiere ist daher kein Beitrag zum Artenschutz. Fachwissenschaftler lehnen das Waschen und Auswildern ab, die sofortige Tötung sei die bessere Lösung für kontaminierte Vögel. Kritiker weisen darauf hin, dass die Waschstationen als öffentlichkeitswirksame und tieremotionale PR-Projekte mehr dem Image der Helfer und der Auffangsstationen als den Vögel nützen, ein unnötiger und teurer Aktionismus, der anschließend in der Presse als (Schein-)erfolg gefeiert wird.

Windpark Nordergründe mit 18 Anlagen in der Außenweser am Hauptschiffahrtsweg und nur 560m vom Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer und „Weltnaturerbe“ – Foto (C): Ingrid Marquardt/Wattenrat Ostfriesland

Umweltminister Olaf Lies (SPD) unterstützt das Projekt

Umweltminister Olaf Lies, der das Projekt unterstützt, agiert sonst als politischer Lobbyist für den weiteren Windkraftausbau an Land und auf See, durch den ungezählte Vögel (und auch Fledermäuse) umkommen. Gerade Windparks auf See erhöhen das Kollisionsrisiko nicht nur für Zugvögel, sondern auch für Schiffe bis zum Großtanker und damit auch die Gefahr einer Ölverpestung der Küste. Dem Vernehmen nach arbeitet man in Olaf Lies Umweltministerium gerade an einem neuen Windenergieerlass, der der Windenergiewirtschaft weitere Ausbauerleichterungen unter Abbau des Artenschutzes ermöglichen soll. Auch die Jagd, also das gezielte Töten von bestimmten Zugvogelarten im Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer ist für einen begrenzten Zeitraum im Jahr erlaubt. Die hohen Finanzmittel für den Ausbau einer Auffangstation und umgerechnet tausende Euro für einen (!) vorläufig „geretteten“ Vogel sollten daher besser für tatsächlich wirksame Artenschutzprojekte an der Küste verwendet werden, wie z.B. die Wiedervernässung und Extensivierung von landeseigenen Flächen in den EU-Vogelschutzgebieten, die oft nur auf dem Papier so heißen. In Norddeich betreibt die Landesjägerschaft (früher Seehundjäger, jetzt Seehundschützer) bereits eine Auffangstation für Seehunde und nimmt auch verletzte Vögel auf. Die Station ist ein Touristenmagnet.

Weiterführende Links:
* Der Spiegel aus 2010: „Ölverschmutzte Vögel – Experten empfehlen Töten statt Putzen“

* 2007: Ölvögel: Wem hilft die Vogelwäsche?
Nach „Duncan Island“-Havarie laufen die „Rettungs“maßnahmen an – Landesjägerschaft Niedersachsen betreibt Pflegestation

* 2008: Rehazentrum für verölte Vögel geplant– Seehundaufzuchtstation Norddeich will „Rehabilitationsszentrum“ für verölte Vögel bauen. Kritik von Nationalpark-Hausleitern: sinnlose Verschwendung von Geld

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Sturmtief ´Sabine´ fegt über Ostfriesland – keine Zunahme von Sturmtiden

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Blick vom Deich: landunter in den Salzwiesen des Nationalparks Niedersächsisches Wattenmeer bei Dornumersiel/LK Aurich – Foto (C): Manfred Knake

Zwei Tage lang tobte sich das Sturmtief „Sabine“ auch über Ostfriesland aus. Die Schäden waren überschaubar. Das Foto vom 10. Februar 2020 zeigt den Blick vom Deich östlich von Dornumersiel/LK Aurich bei Hochwasser in Richtung Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer. Das Hochwasser lief ca. 2m höher als sonst auf, ohne die schützenden Deiche wäre das bewohnte Binnenland überflutet worden.

Löcher von Schermäusen am Deich, die untersten „Wohnetagen“ wurden überflutet  – Foto (C): Manfred Knake

Die dem Deich vorgelagerten Salzwiesen des Deichvorlandes sind überflutet, die Hochwasserrastplätze der Küstenvögel sind nicht nutzbar. Die Vögel haben sich binnendeichs Rastplätze gesucht. Nein, der Sturm ist nicht „Klima“, sondern Wetter, kein ungewöhnliches Ereignis, auch wenn die alarmistische Mainstreampresse das anders sieht. Die Sturmfluthäufigkeit hat zudem in den letzten Jahrzehnten abgenommen, nicht zugenommen, wie die Grafik des Niedersächsischen Landesbetriebes für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) deutlich zeigt.

 

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Krüger (NABU-Präsident) und Krischer (MdB, B90/Die Grünen): windige Brüder im Geiste?

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Man sollte gelegentlich doch noch den Spiegel lesen. Am 09. Februar 2020 erschien im Netz der Spiegel-Artikel „Artenschutz vs. Windkraft – Was heißt hier bitte Vogelschredder – Bei einem Waldspaziergang versuchen Deutschlands oberster Artenschützer und der größte Windkraftfan der Grünen den ewigen Streit zu schlichten.“ (Verlinkung ganz unten oder unter dem Foto)

Der Neue beim NABU

Der vorgeblich „oberste Artenschützer“ der Republik ist der neugewählte Präsident des Naturschutzbundes Deutschland (NABU) und Nachfolger von Olaf Tschimpke, Jörg-Andreas Krüger. Mit dem dem „größten Windkraftfan der Grünen“ ist der Bundestagsabgeordnete und stellvertretende Fraktionsvorsitzende Oliver Krischer von B90/Die Grünen, Jahrgang 1969, gemeint. Krüger, Jahrgang 1968, hat immerhin eine abgeschlossene Berufsausbildung, er ist Diplom-Ingenieur für Landschaftsarchitektur und ausgebildeter Verwaltungsbeamter, so die Enzyklopädie „Wikipedia“. Beide Windkraftafficionados trafen sich zu einem Waldspaziergang und sonderten dabei Sonderbares ab. O-Ton Krüger: „Es geht darum, den Artenschutz möglichst eng mit der Energiewende zu verzahnen. Die Erderhitzung ist eine riesige Bedrohung für viele Arten auf diesem Planeten. Die Energiewende ist eines der wichtigsten Mittel dagegen. Ohne Energiewende können wir uns allen Artenschutz auch gleich sparen.“ Abgesehen davon, dass die „Energiewende“ längst an der Grundvoraussetzung einer bedarfsgerechten und verlässlichen Stromversorgung gescheitert ist, ist dies eine steile These. Noch nicht einmal das alarmistische Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) als Organ der Vereinten Nation mag sich diesem Horrorszenario anschließen, wie man bereits 2014 aus dem Spiegel erfahren konnte: “Klimarat zweifelt an Prognosen zum Artensterben“.

Windpark Wybelsumer Polder bei Emden, Blick aus  dem Dollart/Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer („Weltnaturerbe“)  – Foto (C): Eilert Voß

Krüger als hauptamtlicher Artenschützer redet, genau wie die Windenergiewirtschaft und die damit verbandelte Politik, der Aufweichung des Bundesnaturschutzgesetztes das Wort: „Wenn die Populationen gefährdeter Arten insgesamt stabil bleiben, dann kann man aus meiner Sicht durchaus riskieren, dass ab und zu ein Mäusebussard in ein Windrad fliegt. […] Mit einem Populationsansatz könnten Artenschützer sich gezielt für geeignete regionale Ausgleichsflächen einsetzen, statt sich im Abwehrkampf gegen einzelne Anlagen zu verkämpfen.“ Das Bundesnaturschutzgesetz geht jedoch von einem Tötungsverbot aus, das auch für Individuen gilt, nicht nur für die Population. Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahmen sind bereits im Bundesnaturschutzgesetz als „Eingriffsregelung“ vorgesehen. Die Eingriffsregegelung soll negative Folgen von Eingriffen in Natur und Landschaft vermeiden oder minimieren. Sie ist ein wichtiges Instrument zur Durchsetzung des Naturschutzes, auch außerhalb von Naturschutzgebieten. Verschlechterung sollen damit vermieden oder abgemildert werden. Auch die Eingriffsregelung steht derzeit zur Disposition bei Politik und Windenergiewirtschaft, um den Ausbau beschleunigen zu können.

Blick aus dem Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer („Weltnaturerbe“) auf die Küste zwischen Bensersiel und Dornumersiel (Ausschnitt). Die Küste ist direkt an einem EU-Vogelschutzgebiet mit Windkraftanlagen abgeriegelt. – Foto (C): Manfred Knake

Oliver Krischer, „wissenschaftlicher“ Mitarbeiter ohne Wissenschaft und Mitglied des Bundestages

Krischer hingegen hat die nicht untypische Grünen-Vita: „vom Kreißsaal in den Hörsaal und dann in den Plenarsaal“, wie Spötter sagen. Beruf: abschlussloser Student der Biologie an der RWTH Aachen. Von 1997 bis 2002 war er Mitarbeiter von Michaele Hustedt (MdB von 1994 – 2005, B90/Die Grünen). Hustedt wurde als Funktionärin des Marxistischen Studentenbundes Spartakus auf einen mehrmonatigen Lehrgang in die Deutsche Demokratische Republik entsandt, wo sie an der „Jugendhochschule Wilhelm Pieck“ der Freien Deutschen Jugend (FDJ) eine Kaderschulung erhielt, so Wikipedia. Hustedt war als Mitglied des Bundestages maßgeblich an der Erarbeitung des Erneuerbare-Energien-Gesetz in der ersten Fassung von 2000 beteiligt. Krischer war weiter, ohne Berufsabschluss, von 2002 bis 2009 als „wissenschaftlicher“ Mitarbeiter der Grünen Landtagsfraktion in NRW im Bereich Energie und Landwirtschaft tätig. In jungen Jahren war Krischer Zivildienstleistender. In seiner Vita steht aber nicht, wo er ihn ableistete. Bemerkenswerterweise war Krischer Zivi bei der „Europäischen Gesellschaft zur Erhaltung der Eulen“ (EGE) und später sogar 1. Vorsitzender der Eulenschutzschutzvereinigung. Die EGE hat sich einen Namen mit der Auswilderung und Wiederansiedlung der fast ausgerotteten Uhus gemacht. 2002 kam es zum Eklat: Nur durch seinen Rücktritt kam er seiner Abwahl zuvor. Dem Vernehmen nach soll er den Windkraftausbau über den Uhuschutz gestellt haben. Uhus kollidieren nicht selten mit Windkraftanlagen. Krischer ist auch Mitglied im Rat der „Agora Energiewende“, dem Thinktank und politischem Einflüsterer der „Energiewende“.

Windpark Utgast/LK Wittmund/NDS, direkt am Vogelschutzgebiet V3 „Ostfriesische Seemarschen Norden bis Esens“, vor dem Repowering mit noch gößeren Anlagen. NABU-Proteste? Keine! Foto (C): Manfred Knake

Naturschutzverband NABU eiert bei der Windkraft

Eine kritische Distanz des NABU zur Windenergienutzung findet man nur noch in der oft gebrauchten Floskel „naturverträglicher Ausbau“, den es bei der enormen Zahl der Kollisionsopfer gerade bei Greifvögeln und Fledermäusen mit derzeit mehr als 30.000 Anlagen in Deutschland kaum geben kann. Auf See gefährden Windkraftanlagen den Vogelzug oder schädigen durch den Dauerlärm die Ortungsorgane der Wale, vor allem der kleinen Schweinswale. Immerhin, ab und zu hört man auch beim NABU dazu kritische Stimmen. Nur ist die Windkraftkritik beim NABU nicht durchgängig, es wird sowohl als auch, beliebig und immer wieder unklar argumentiert. Eine verbindliche Abstandsregelung zur Wohnbebauung zum Schutz der Anlieger lehnt der NABU ab. In Ostfriesland, einem Landstrich mit sehr hoher Windkraftdichte, äußerte sich der NABU am 19. Dez. 2019 in der Ostfriesen Zeitung so: „Nabu: Windenergie-Ausbau muss weitergehen – Naturschützer aus Aurich sehen die zahlreichen Auflagen für die Hersteller von Windenergieanlagen in Deutschland kritisch. Pauschale Regelungen, wie etwa der 1000-Meter-Abstand seien nicht zielführend“. In Aurich produziert der Windanlagenhersteller Enercon, da weiß man doch, woher der Wind weht…

Der Spiegel, 09.02.2020, 10:13 Uhr

Artenschutz vs. Windkraft „Was heißt hier bitte Vogelschredder?“ Windenergie und Artenschutz blockieren sich gegenseitig. Bei einem Waldspaziergang versuchen Deutschlands oberster Artenschützer und der größte Windkraftfan der Grünen den ewigen Streit zu schlichten.
Von Stefan Schultz
[….]

Der Beitrag Krüger (NABU-Präsident) und Krischer (MdB, B90/Die Grünen): windige Brüder im Geiste? erschien zuerst auf Wattenrat Ostfriesland.

Windenergie: `Naturschutzinitiative´ klagt erfolgreich: Ausnahme vom artenschutzrechtlichen Tötungsverbot rechtswidrig

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Von Windkraftanlage zur Brutzeit erschlagener Mäusebussard, Windpark Utgast/LK Wittmund/NDS, unmittelbar an einem EU-Vogelschutzgebiet, Foto (C): Manfred Knake

Durch die Enercon-Krise und den Ausbaurückgang der Windenergie steht durch massive wirtschaftliche und politische Lobbyarbeit die Aufweichung des gesetzlichen Artenschutzes im Raum. Vorgeschobenes Argument: „Klimaschutz“. Politischer Handlanger für einen geringeren Artenschutz im Sinne der Windenergiewirtschaft ist u.a. der niedersächsische Umweltminister Olaf Lies (SPD). Die beabsichtigten Ausnahmeregelungen vom Tötungsverbot (§44 Bundesnaturschutzgesetz) durch den Paragrafen 45 BNatSchG, praktiziert vom Regierungspräsidium Darmstadt, scheiterte an der Klage der „Naturschutzinitiative e.V.“ (NI).

Die Naturschutzinitiative wurde vom ehemaligen BUND-Landesvorsitzenden Rheinland-Pfalz, Harry Neumann, gegründet, der dem BUND wegen dessen engen Verflechtungen mit der Windenergiewirtschaft den Rücken kehrte und die Naturschutzinitiative gründete. NABU, BUND, WWF und DUH hatten unlängst den beschleunigten Ausbau der Windenergie und die verstärkte Nutzung von Ausnahmen nach dem Bundesnaturschutzgesetz gefordert, siehe auch Wattenrat vom 02. Febr. 2020: Umweltverbände: misslungener Spagat zwischen Windkraftausbau und Artenschutz
Zur Pressemitteilung der Naturschutzinitiative e.V. vom 10. Februar 2020 geht es hier. Das erstrittene Urteil des Verwaltungerichtes Gießen vom 07. Februar 2020 finden Sie im Wortlaut hier: Windenergie_Urteil VG Gießen

Die „Europäische Gesellschaft zur Erhaltung der Eulen“ (EGE) hat die Causa treffend kommentiert. Mit freundlicher Genehmigung der Eulenfreunde übernehmen wir deren Text vom Februar 2020:

Das Verwaltungsgericht Gießen ist am 22.01.2020 zu einem bemerkenswerten Urteil gelangt: Das Land Hessen habe eine Ausnahme vom artenschutzrechtlichen Tötungsverbot für den Betrieb von drei Windenergieanlagen zu Unrecht erteilt. Geklagt hatte die Naturschutzinitiative e. V. Das Gericht sah eine signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos für im Anlagenumfeld brütende Wespen- und Mäusebussarde als gegeben an. Die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Ausnahme vom Tötungsverbot lägen indessen nicht vor. Die Beklagte hatte die Ausnahme auf § 45 Abs. 7 Nr. 5 BNatSchG gestützt, d. h. mit zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses begründet. Das Gericht hält diesen Ausnahmegrund nicht für vereinbar mit Art. 9 Abs. 1 der EG-Vogelschutzrichtlinie und beruft sich dabei auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshof vom 26.01.2012 – C-192/11 gegen die Republik Polen. Auch eine Ausnahme nach § 45 Abs. 7 Nr. 4 BNatSchG käme nicht in Betracht. Mit einzelnen Windenergieanlagen werde die Situation der Umwelt nicht unmittelbar und konkret verbessert, so dass die Zulassung von Windenergieanlagen auch nicht unter den Ausnahmegrund des § 45 Abs. 7 Nr. 4 BNatSchG falle.
Für das Gericht sei auch nicht erkennbar, dass ohne Erteilung einer artenschutzrechtlichen Ausnahme die Versorgungssicherheit mit elektrischer Energie nicht mehr gewährleistet werden könne. Das beklagte Land habe dieses Argument zwar angeführt, ohne jedoch nachvollziehbare Ausführungen hierzu zu machen. In Anbetracht des Umstandes, dass in der Bundesrepublik Deutschland seit nahezu 20 Jahren eine Stromüberproduktion erfolge, sei eine solche Annahme auch mit Blick auf die absehbare Zukunft nicht zu befürchten. Deutschland habe im Jahr 2019 ca. 37 Milliarden Kilowattstunden Strom mehr exportiert, als es importierte. Es sei nicht ernsthaft zu befürchten, dass die Einhaltung der Europäischen Vogelschutzrichtlinie zu einem Energieversorgungsengpass in der Bundesrepublik Deutschland führe, so das Gericht. Denn die Einhaltung der Richtlinie bedeute lediglich, dass dort keine Windenergieanlagen errichtet werden dürften, wo dies zu einer signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos führen würde. Auch wenn dies die Standortwahl einschränke, bliebe die Gewinnung erneuerbarer Energien durch Windenenergieanlagen weiterhin möglich. Klimapolitische Zielsetzungen eines Mitgliedstaates müssten außer Betracht bleiben, soweit sie mit geltenden Rechtsvorschriften nicht im Einklang stünden.
In der Windenergiewirtschaft ist das Urteil mit Bestürzung aufgenommen worden. Man kann annehmen, dass das Land Hessen gegen das Urteil Berufung einlegen wird. Wie die Sache ausgeht, ist ungewiss. Vorhersehbar ist indessen zweierlei. Politik und Verwaltung werden noch mehr als bisher alles daransetzen, die Liste der an Windenergieanlagen kollisionsgefährdeten Vogelarten rigoros zusammenzustreichen und die Bedingungen für das Vorliegen eines signifikant erhöhten Tötungsrisikos so zu definieren, dass sie möglichst selten erfüllt sind. Zudem ist mit einem deutschen Vorstoß auf Gemeinschaftsebene zu rechnen, die Europäische Union solle das Gemeinschaftsrecht deutschen Vorstellungen anpassen. Die Deutschen könnten dafür ihre Ratspräsidentschaft nutzen, die sie im Juli 2020 antreten. Das Urteil ist auch für die deutschen Umweltvereinigungen unbequem, haben sie doch erst kürzlich ihre Zustimmung für den Weg in artenschutzrechtliche Ausnahmen für einen forcierten Ausbau der Windenergiewirtschaft erklärt.

Der Beitrag Windenergie: `Naturschutzinitiative´ klagt erfolgreich: Ausnahme vom artenschutzrechtlichen Tötungsverbot rechtswidrig erschien zuerst auf Wattenrat Ostfriesland.


Ems: und wieder eine Änderung des Planfeststellungsbeschlusses für die Meyer Werft

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Yellow River Ems mit Stauwerk: verschlickt und ohne Sauerstoff – Foto (C): Voß

Naturschutz ist wieder mal das Letzte für die Ems, und vermutlich auch beim Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN), wo das „N“ für Naturschutz ganz hinten angehängt ist. Es geht wieder einmal um die Meyer Werft im binnenländischen Papenburg, die viel zu große Schiffe an einem dafür viel zu kleinen Fluss baut. Von 1998 bis 2020 wurde für die Werft bereits das Ems-Stauwerk zur Erhöhung des Wasserstandes für Schiffsüberführungen gebaut, das aber offiziell „Ems-Sperrwerk“ genannt wird, also ein Bauwerk für den Küstenschutz. „Sperrwerk“ musste es heißen, damit die EU-Kommission nicht einschritt, weil das Stauwerk in einem Natura-2000-Gebiet (Flora-Fauna-Habitat- und Vogelschutzgebiet) gebaut wurde und Küstenschutz vor Naturschutz rangiert.

Die Ems wurde zusätzlich auf Tiefe gebaggert, ständig muss der Fluss mit Baggerschiffen auf Tiefe gehalten werden, das alles finanziert der Steuerzahler. Die Ems ist im Unterlauf daher bereits ein weitgehend toter Fluss: Schlickeinträge durch die Erhöhung der Fließgeschwindigkeit, Wassertrübungen, Sauerstoffzehrung und Erhöhung des Salzgehaltes haben den Fluss und das Leben darin kaputt gemacht; so wurde aus der Ems ein „Meyer-Kanal“. Bestehende Planfeststellungsbeschlüsse für das Schließen des Ems-Stauwerks sind wie Knetgummi und werden immer wieder im Sinne der Meyer Werft passend gemacht, siehe hier.

Baggerschiff „Hegemann I“ auf der Ems, im Vordergrund Pfeifenten, 18. Februar 2015 – Foto (C): Eilert Voß

Nun liegt wieder einen neuer Antrag des Landkreises Emsland vom 07. Februar 2020 zur „erneuten befristeten Änderung der Staufunktion“ vor (NLWKN, s.u.).: „Flexibilisierung der Staufunktion“ und „Verbesserung der regionalen Infrastruktur“ sind die Totschlagargumente gegen ein intaktes Flusssystem in einem europäischen Schutzgebiet. „Meyer an die Küste“ hieß einmal die begründete Forderung des Naturschutzes zur Schonung des Flusses. Die „anerkannten“ und damit klagebefugten Naturschutzverbände BUND, NABU und die Stiftung WWF wurden inzwischen mit eingebunden, oder „sediert“, wie Kritiker anmerken. Die Verbände schlossen 2009 mit dem Land Niedersachsen und der Meyer Werft einen „Generationenvertrag“ auf 30 Jahre, nichts anderes als ein Stillhalteabkommen. Zur Verbesserung der Emsökologie gibt es einen millionenschweren „Emsfond“ der „zweckgebunden zur Verbesserung der ökologischen Gesamtsituation in der Ems/Dollart-Region“ eingesetzt werden soll. Der Fond aus „Sondervermögen aus Mitteln des Landes Niedersachsen“ wird von der Niedersächsischen Bingo-Umweltstiftung verwaltet. Die „Gesamtsituation“ müsste ohnehin ohne Umwege über eine Stiftung verbessert werden, legte man die Natura-2000-Richtlinien der Europäischen Union als Maßstab zugrunde. Die Finanzierung der Stiftung erfolgt seit 2009 aus den Mitteln der Glückspielabgabe, ist also der Naturschutz an der Ems nur ein Glückspiel? Die fachliche Umsetzung der Natura-2000-Richtlinien (die nach dem Gemeinschaftsrecht Gesetzescharakter haben) ist immer noch staatliche Aufgabe und nicht die Aufgabe von Stiftungen und Verbänden. Dieser Fond half bisher nicht dem maroden Fluss, sichert aber auch Stellen bei der Stiftung und den Verbänden.

Technolandschaft im EU-Vogelschutzgebiet an der Ems: Ems-Stauwerk und Windpark „Wybelsumer Polder“ – Foto (C): Eilert Voß

FFH-Richtlinie der EU von 1992:
Artikel 2 (2): Die aufgrund dieser Richtlinie getroffenen Maßnahmen zielen darauf ab, einen günstigen Erhaltungszustand der natürlichen Lebensräume und wildlebenden Tier- und Pflanzenarten von gemeinschaftlichem Interesse zu bewahren oder wiederherzustellen.

Artikel 6 (2) Die Mitgliedstaaten treffen die geeigneten Maßnahmen, um inden besonderen Schutzgebieten die Verschlechterung der natürlichenLebensräume und der Habitate der Arten sowie Störungen von Arten, für die die Gebiete ausgewiesen worden sind, zu vermeiden, sofern solche Störungen sich im Hinblick auf die Ziele dieser Richtlinie erheblich auswirken könnten.

Passt, gerade. Überführung des Kreuzfahrtschiffes „Celebrity Silhouette“, 2012, Foto (C): Eilert Voß

Dann ist da noch der „Masterplan Ems“, der vorgibt: „Gemeinsam für einen schiffbaren und lebendigen Fluss. Wirtschaft und Natur bekommen an der Ems den gleichen Rang – auf diese Grundsätze haben sich die Vertragspartner des Masterplans Ems 2050 verpflichtet. Bund, Land, die Landkreise Emsland und Leer, die Stadt Emden, die Meyer Werft und die Umweltverbände BUND, NABU und WWF haben sich geeinigt, diese Ziele bis 2050 zu realisieren. Damit wurde ein seit Jahrzehnten schwelender Konflikt befriedet. Das bedeutet: EU-Richtlinien zum Natur-, Gewässer- und Meeresschutz werden erfüllt, Arbeitsplätze gesichert und geschaffen.“ Diese Sprüche sind ein Widerspruch in sich, der „schiffbare Fluss“ ist im Unterlauf schon lange nicht mehr „lebendig“, siehe Ems-Stauwerk und die ständigen Unterhaltungsbaggerungen. Nichts wurde „befriedet“, die Landwirtschaft wehrt sich vehement gegen Auflagen durch den „Masterplan“, der die an die Ems angrenzenden Ländereien mit einbezieht. Örtliche Naturschutzgruppen werfen den großen Umweltverbänden und deren ortsfernen Funktionären „Käuflichkeit“ und „Versagen“ vor. Wer weiß überhaupt, ob es die Meyer Werft, die Umweltverbände BUND, NABU und WWF bis 2050 noch geben wird. Die heutigen Verbandsfunktionäre, mitverantwortlich für den kaputten Fluss, dürften dann längst in Rente oder gar den Weg alles Irdischen gegangen sein.

Montage: Dyklopers

Die staatliche Aufgabe Naturschutz, also auch die Umsetzung der Natura-2000-Richtlinien in nationales Recht, wird in Niedersachsen von den Landkreisen in unterschiedlicher Qualität durch die Ausweisung und Formulierung von Schutzgebietsverordnungen wahrgenommen. Häufig werden Natura-2000-Gebiete nur als Landschaftsschutzgebiete (LSG) ausgewiesen, nur sind LSG in der Regel ungeeignet, um die gemeinschaftsrechtlichen Anforderungen an den Schutz der Natura-2000-Gebiete einzulösen. Wirksamer wären Naturschutzgebiete (NSG) mit strengeren Auflagen, die es auch an der Ems gibt. Nur wurden auch die Ems-NSG landwirtschafts- und jagdfreundlich mit Hilfe des NLWKN gestaltet und ältere, strengere Naturschutzverodnungen wie z.B. das NSG Petkumer Deichvorland, ab 2017 nachteilig verändert. Die Verordnungsentwürfe werden den Kreistagen zur Abstimmung vorgelegt und dort nicht selten verwässert. Davor waren die Bezirkregierungen für die Ausweisung von Naturschutzgebieten zuständig. Zum 1. Januar 2005 wurden die Bezirksregierungen während der Regierungszeit von Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) in Niedersachsen aufgelöst und die Aufgabe auf die Landkreise und damit in den kommunalen Klüngel hinuntergedrückt. Die Fachbehörde für Naturschutz, die beratende Funktion hatte, war das Niedersächsische Landesamt für Ökologie (NLÖ), das ebenfalls aufgelöst wurde. Dessen Aufgaben wurden vom NLWKN übernommen, als Naturschutz-Anhängsel und Wurmfortsatz der Wasserwirtschaft und des Küstenschutzes.

Foto (C): Eilert Voß

Zur Aufgabe des NLWKN gehört auch die Sicherung und Entwicklung eines günstigen Erhaltungszustandes der Natura 2000-Gebiete, es werden u. a. Bestandserfassungen sowie Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen koordiniert und abgewickelt. Nur darf angezweifelt werden, ob dies am Beispiel der Ems zutriftt oder ob nicht genau das Gegenteil von den Aufgaben im Sinne der Meyer Werft durchgeführt wird.

Niedersächsischer Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz vom 07. Februar 2020
Emssperrwerk: Landkreis beantragt erneut befristete Änderung der Staufunktion

Antrag des Landkreises Emsland zum Salzgehalt liegt ab 10. Februar in den Kommunen aus. Der Landkreis Emsland hat beim Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) beantragt, den Planfeststellungsbeschluss zum Emssperrwerk zu ändern. Der Antrag sieht vor, die den Einstau der Tideems beschränkende Nebenbestimmung zum Salzgehalt bis maximal 2029 bis zu dreimal auszusetzen, soweit dies für die Durchführung von Schiffsüberführungen zwingend erforderlich ist. Der Antrag ist Grundlage für ein wasserrechtliches Planfeststellungsverfahren mit einer umfassenden Beteiligung der Öffentlichkeit. Der NLWKN als zuständige Planfeststellungsbehörde hat daher für den Zeitraum 10. Februar bis einschließlich 9. März 2020 die Auslage der Antragsunterlagen in den Gemeinden Jemgum, Moormerland, Ostrhauderfehn, Rhauderfehn, Rhede (Ems) und Westoverledingen, den Samtgemeinden Dörpen und Jümme sowie den Städten Emden, Leer, Papenburg und Weener (Ems) veranlasst. Zu finden sind die Unterlagen in dieser Zeit auch im Internet unter https://www.nlwkn.niedersachsen.de und https://uvp.niedersachsen.de/.
Jeder, dessen Belange durch das Vorhaben berührt werden, kann sich bis einschließlich 9. April 2020 zu der Planung äußern. Des Weiteren werden die durch das Vorhaben in ihrem Aufgabenbereich berührten Behörden sowie die in Niedersachsen anerkannten Naturschutzvereinigungen beteiligt. Ein Erörterungstermin ist für den 3. Juni 2020 in Leer anberaumt.

Der Antrag des Landkreises Emsland knüpft an eine bereits per Planänderungsbeschluss vom 17.07.2015 befristet bis zum Jahr 2019 zugelassene Aussetzung der Nebenbestimmung zum Salzgehalt an. Diese war bei der Überführung der AIDAnova im Oktober 2018 aufgrund ungünstiger Verhältnisse zur Anwendung gekommen. Der Landkreis Emsland wertet daher die weitere befristete Flexibilisierung der Staufunktion und damit angestrebte Schaffung von Überführungssicherheit als notwendige Maßnahme zur Verbesserung der regionalen Infrastruktur und als teilweise Umsetzung des im Vertrag zum Masterplan Ems 2050 vereinbarten Ziels, den Standort der Meyer Werft in Papenburg zu sichern.

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Wandern in der Technolandschaft bei Emden

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Windpark „Wybelsumer Polder“ bei Emden – Foto (C): Eilert Voß

Ein Naturerlebnis der besonderen Art: Wandern in der Technolandschaft am Nordufer der Meeresbucht „Dollart“, Bestandteil des Nationalparks Niedersächsisches Wattenmeer und „Weltnaturerbe“.

Der Windpark steht im „Wybelsumer Polder“ bei Emden, mehr zum Windpark hier.

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Windkraft: 1000-Meter-Abstandsregel gekippt

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Leben auf dem Lande: Utarp im LK Wittmund – Foto (C): Manfred Knake

Kommentar: Der auf Bundesebene diskutierte 1000-Meter-Abstand von Windenergieanlagen zur Wohnbebauung wird in Niedersachsen nur von einem Bruchteil der Anlagen erreicht. Von 6431 Windrädern zwischen Nordseeküste und Harz stehen nach Presseberichten nur 854 Anlagen 1000 oder mehr Meter von Wohnhäusern entfernt. 1582 Anlagen halten noch nicht einmal 400 Meter Abstand ein. Die Proteste und Klagen der Anlieger nehmen zu, sie fühlen sich in ihrer Gesundheit durch den messbaren tieffrequenten Schall beeinträchtigt.

Bundeswirtschaftsminister Altmaier (CDU), der anfänglich in einem neuen Gesetzentwurf an einer 1000-Meter-Abstandsregelung festhalten wollte, knickte nach dem Druck aus Politik und Windenergiewirtschaft ein: Nun will Altmaier auf pauschale Abstände in einer beabsichtigten gesetzlichen Regelung für Windräder verzichten. Die Branche will dadurch auf mehr Standorte zugreifen können, Anliegerproteste und der im Grundgesetz verbriefte Schutz der körperlichen Unversehrtheit bleiben auf der Strecke. 1000 Meter Abstand zur Wohnbebauung sind bei der enormen Anlagenhöhe von 200 Metern und mehr ohnehin noch viel zu nah bemessen. In Niedersachsen regieren die ignoranten politischen Hardcore-Windkraftverfechter und Lobbyisten, an erster Stelle Umweltminister Olaf Lies (SPD) und Ministerpräsident Stephan Weil (SPD). Weil hatte schon vor Wochen erklärt, Niedersachsen werde sich nicht an eine 1000-Meter-Regelung halten und von der Öffnungsklausel im Gesetzentwurf Gebrauch machen. dpa zitierte Lies am 28. Februar 2020 so: „Eine pauschale Abstandsregelung von 1000 Metern ist falsch und führt dazu, dass wir weniger Windenergie ausbauen können, und führt zu weniger Klimaschutz“. Die Begründung ist hanebüchen, auch mehr als 30.000 Windkraftanlagen in Deutschland haben keinen Einfluss auf das Wetter oder in der Folge auf das Klima, weil sie nur wetterabhängig funktionieren und auf netzstabilisierende Wärmekraftwerke angewiesen sind. Auswirkungen gibt es allerdings auf das Mikroklima in den Windparks, nicht aber auf das großräumige Wettergeschehen. Wenn vorgebliche „soziale Demokraten“ sich zum Sprachrohr der nimmersatten und rücksichtslosen EEG-subventionsgemästeten Windkraftindustrie machen und berechtigte Bürgerproteste ignorieren, haben sie ihre parteipolitische Bezeichnung samt ihrer Zielrichtung verfehlt. An der Windkraftdiskussion lässt sich gut die funktionierende Lobbykratie in diesem Lande ablesen, meint Manfred Knake von der Wattenpresse.

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´Santorini`-Havarie und Murphy´s Law

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Die „Santorini“ treibt ruderlos in schwerer See vor Helgoland, 25. Feb. 2020 – Foto (C): Havariekommando

Am 25. Februar 2020 havarierte der unter der Flagge von Barbados registrierte Frachter „Santorini“ vor Helgoland in schwerer See. Das nicht beladene Schiff hatte das Ruder verloren und trieb manöverierunfähig in der Nordsee. Der Notschlepper „Nordic“ wurde von seiner Sturmposition zum Havaristen beordert. Es gelang, eine Notschleppverbindung herzustellen. Drei Feuerwehrleute der Feuerwehr Cuxhaven, darunter ein Notarzt, ein Einsatzleiter der Feuerwehr und ein Notfallsanitäter, wurden von einem Hubschrauber der Bundespolizei auf der „Santorini“ abgesetzt. Sie stellten die medizinische Versorgung sicher. Von den 23 Besatzungsmitgliedern an Bord waren 22 Personen unverletzt. Eine leichtverletzte Person wurde ambulant versorgt.

Am Abend des 26. Februar erreichte ein Schleppverband mit der „Santorini“die Wesermündung, gezogen vom Schlepper „Bugsier 30“, der „Bugsier 5“ und begleitet von der „Nordic“. Die „Santorini“ wurde nach Bremerhaven geschleppt, wo sie in die Werft ging. Bemerkenswert ist dieser Passus aus der Pressemitteilung Nr. 3 des Havariekommandos in Cuxhaven: „Durch das professionelle Handeln aller Beteiligten konnte verhindert werden, dass die SANTORINI in das Offshore-Windpark-Cluster 8 mit den Windparks Global Tech I, Albatros und Hohe See trieb. Die dort vorsorglich vorbereiteten Evakuierungen waren nicht notwendig.“

Die „Bugsier 30“ hat die „Santorini“ auf dem Haken, begleitet von der „Nordic“, 26. Feb. 2920 – Foto (C): Havariekommando

In diesen drei Windparks stehen insgesamt 167 Anlagen. Es ist also wieder einmal gutgegangen. Es bleibt zu hoffen, dass auch in Zukunft kein Havarist in ein Windturbinenfeld gerät. Einige Windparks wurden nicht weit vom viel befahrenen Verkehrstrennungsgebiet in der Deutschen Bucht ins Meer gestellt, die wie künstliche Riffe eine enorme Gefahr bei einer Kollision darstellen. Träfe ein steuerloser Havarist auf eine Offshore-Anlage, wäre nicht auszuschließen, dass sich die Rotorgondel beim Anprall lösen und den Schiffsrumpf durchschlagen würde. Träfe es einen vollbeladenen Tanker, wäre dies verheerend für die nahegelegeneKüste. Nach Murphy´s Law geht das irgendwann nicht mehr glimpflich ab: „Anything that can go wrong will go wrong“! Hier die vollständige Pressemitteilung des Havariekommandos in Cuxhaven.

Archivbild Wattenrat: Containerschiff vor Windpark „Riffgat“ (Ausschnitt) im Verkehrstrennungsgebiet vor Borkum – Foto (C): Eilert Voß

Havariekommando, PressemitteilungNr. 3, Datum: 26.02.2020

Schleppverbindung zur SANTORINI an Bergungsschlepper übergeben

Schleppverband auf dem Weg zur Wesermündung

Zwischen 2:20 Uhr und 3:00 konnte die Schleppverbindung zur SANTORINI vom Not-schlepper NORDIC an die Bergungsschlepper BUGSIER 30 übergeben werden. DieBUGSIER 30 hatteum 2:20 Uhr denSchleppverband erreicht; der Wechsel erfolgte planmäßig und dauerte nur 40 Minuten. Um 3:00 Uhr konnte sich der Schleppverband von BUGSIER 30 und SANTORINI in Begleitung der NORDIC in Bewegung setzen. Zurzeit läuft er mit etwa 5 Knoten (ca. 9km/h) in südöstliche Richtung zur Wesermündung. Dort wird er voraussichtlich gegen 21Uhr ankommen. Das Towing Assistance Team (TAT) überprüftregelmäßig die Stabilität der Schleppverbindung. Die drei Einsatzkräfte der Feuerwehr Cuxhavenwurden gestern Nachmittag vom Bundespolizeihubschrauber von Bord des Havaristen aufgewinscht, da keine weitere medizinische Versorgung notwendig war. Das Havariekommando hatte die Gesamteinsatzleitung in der Lage der manövrierunfähigen SANTORINI[L:159m, B: 26m, Flagge: Barbados] am Dienstagmorgen übernommen. Das nicht beladene Frachtschiff hatte westnordwestlich von Helgoland den Ausfall der Ruderanlagegemeldet. In der Lageerkundung wurde festgestellt, dass das Ruderblatt fehlt. Durch das professionelle Handeln aller Beteiligten konnte verhindert werden, dass die SANTORINI in dasOffshore-Windpark-Cluster 8 mit den Windparks Global Tech I, Albatros und Hohe See trieb. Die dort vorsorglich vorbereiteten Evakuierungen waren nicht notwendig. Dies bestätigt die Wirksamkeit der getroffenen Verbesserungen wie eine frühzeitige Übernahme der Gesamteinsatzleitung durch das Havariekommandound den Einsatz eines landgestützten TATs. So konnten die Einsatzkräfte des TATs trotz widriger Wetterverhältnisse ohne zeitliche Verzögerung auf dem Havaristen abgesetzt werden. * Ein Towing AssistanceTeam besteht in der Regel aus vier Seeleuten, die speziell für den Einsatz auf manövrierunfähigen und verlassenen Schiffen ausgebildet sind

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´Am weiteren Ausbau der Windenergie führt kein Weg vorbei´: NABU und BUND mit am ´Runden Tisch´

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Vorfahrt für Windenergie? Blick vom Küstenbadeort Bensersiel/LK Wittmund/NDS auf den Windpark Utgast, direkt am EU-Vogelschutzgebiet – Foto (C): Manfred Knake

Niedersachsens Umweltminister Olaf Lies (SPD) ist einer der politischen Lobbyisten für den weiteren Ausbau der Windenergie auf Landes- und Bundesebene, ein schon fanatisch zu nennender Windkraft-Hardliner, wie nicht wenige Kritiker sagen. Am 09. März 2019 fand ein „Runder Tisch“ in der Niedersächsischen Staatskanzlei in Hannover statt, der einigen Zündstoff bieten wird, für die betroffenen Windparkanwohner bis zur EU-Kommission. Die Absicht: Flächen für die Windkraftnutzung in Niedersachsen sollen verdoppelt und nun auch  Wälder für die Windkraftnutzung geöffnet werden. Die unten stehende Pressemitteilung des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz vom 09. März 2020 mit dem Titel „An weiterem Ausbau der Windenergie führt kein Weg vorbei – Runder Tisch zur Zukunft der Windenergie stellt wichtige Weichen“  hat es in sich.

Die „Abschlusserklärung“, mit BUND und NABU

Die dazugehörende „Abschlusserklärung“ des „Runden Tisches“ zur Zukunft der Windenergie finden Sie hier als .pdf-Datei: Abschlusserklaerung_Runder_Tisch_Zukunft_Windenergie. Unterzeichner sind u.a. Ministerpräsident Stepahn Weil (SPD), das Niedersächsische Umweltministerium, das Landwirtschaftsministerium, der Bundesverband Windenergie, Enercon, Vestas, die IG Metall und, man lese und staune, die offensichtlich politisch „eingebetteten“ Naturschutzverbände (!) NABU und BUND als Windkraft-„Weichensteller“, deren satzungsgemäße Aufgaben vor allem den Erhalt von Natur und Landschaft beinhalten. Der NABU als erklärter „mitgliederstärkster Naturschutzverband in Deutschland“ ist mal wieder beliebig in der „Abschlusserklärung“: „Der Naturschutzverband Nabu räumt der Windenergie ebenfalls eine bedeutende Rolle bei der Energiewende ein. Wichtig sei dabei aber auch, ´die Arten- und Naturschutzaspekte´ zu berücksichtigen“, so Niedersachsens Nabu-Chef Holger Buschmann.“ Also wieder das bekannte „wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass“ vom NABU. Der BUND hat sich längst in einen Energiewendeverband verwandelt. Der vor kurzem zurückgetretene BUND-Vorsitzende Prof. Hubert Weiger wollte laut Twitter-Statement des Bundesverbandes Windenergie bereits im Mai 2019 „die Energiewende entfesseln“. Der BUND erbt im Falle der Auflösung des Bundesverband Windenergie (BWE) das Vereinsvermögen des BWE. Das alles ist die Bankrotterklärung des Verbändenaturschutzes.

Blick auf die ostfriesische Küste bei Bensersiel – Aufnahmeort: Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer und „Weltnaturerbe“ , Langeoog Fahrwasser – Foto (C): Manfred Knake

Auszüge aus der „Abschlusserklärung“

„Pauschale Mindestabstände für Windenergieanlagen würden die Potentialfläche in Niedersachsen erheblich reduzieren und den Ausbau erneuerbarer Energien gefährden. Sofern dennoch der Bund eine solche Regelung einführt, ist für Niedersachsen eine abweichende Regelung vorgesehen. […] Die gezielte Beschleunigung von Genehmigungsverfahren ist dringend erforderlich, um den Ausbau der Windenergie an Land insgesamt zu verbessern. […] Eine Beteiligung der Kommunen an der Wertschöpfung in Höhe von 2 Prozent des aus den Windenergieanlagen erwirtschafteten Umsatzes – mindestens jedoch 10.000 Euro jährlich pro Anlage – muss an die Gemeinden gehen und dort ohne Anrechnung auf die Finanzkraft verbleiben. Die Entscheidung über die Verwendung dieser Mittel und einer möglichen Bürgerbeteiligung obliegt dem Rat.“

Kommunaler Windkraftklüngel dank unzureichendem „Mitwirkungsverbot“

Fakt ist, dass in einigen Kommunen Ratsmitglieder bereits Kommanditisten von Windkraftprojektierern sind und von deren Anlagen profitieren. Diese Ratsmitglieder hatten vorher in ihren Kommune über die Flächennutzungspläne für die Windkraftnutzung abgestimmt und wurden dann an den errichteten Anlagen vom Investor beteiligt. In Niedersachsen ist das legal. Das „Mitwirkungsverbot“ im Niedersächsischen Kommunalverfassungsgesetz (§ 41) verbietet nur dann die Abstimmung, wenn die Entscheidung einen unmittelbaren Vorteil oder Nachteil für das Ratsmitglied oder seiner Angehörigen bringen kann. Das Verbot gilt ausdrücklich nicht für die Beratung und Entscheidung über Rechtsnormen, also auch über die Entscheidung über Flächennutzungs- oder Bebauungspläne mit weitreichenden Folgen für die Anwohner und Natur und Landschaft. Ratsmitglieder überblicken oft nicht die Tragweite und Folgen ihrer Beschlüsse, werden aber mit lukrativen Beteiligungen an den Erträgen der späteren Windkraftanlagen von den Investoren geködert. Beispiel Samtgemeinde Holtriem im Landkreis Wittmund: „Im Nest der Windenergie: Samtgemeinde Holtriem in Westerholt/LK Wittmund: Klüngel und Filz lässt Windkraftanlagen sprießen“

Das „ruhige“ Leben auf dem Lande: Windpark Utgast/Gemeinde Holtgast/LK Wittmund/NDS – Foto (C): Manfred Knake

Naturschutzverbände ignorieren Anwohnerbelastungen

Klagen von Windparkanwohnern in Deutschland aus mehr als 1.100 Bürgerinitiativen werden von den Teilnehmern des „Runden Tisches“ einfach ignoriert; der unerträgliche tieffrequente Schall der Windkraftanlagen und die damit verbundenen gesundheitlichen Beeinträchtigungen sind kein Thema für die Verbände. Auch ein festgelegter 1000 Meter Abstand von Windkraftanlagen zur Wohnbebauung wäre wegen der Gesamthöhe der modernen Anlagen von über 200 Metern viel zu gering. Der tieffrequente Schall trägt über Boden (Biegungsschwingungen des Mastes) und die Luft (Rotoren) viele Kilometer weit und durchdringt Mauern und Dächer. Der auf Bundesebene diskutierte 1000-Meter-Abstand von Windenergieanlagen zur Wohnbebauung wird in Niedersachsen ohnehin nur von einem Bruchteil der Anlagen erreicht. Von derzeit 6431 Windrädern zwischen Nordseeküste und Harz stehen nur 854 Anlagen 1000 oder mehr Meter von Wohnhäusern entfernt. 1582 Anlagen halten noch nicht einmal 400 Meter Abstand ein. „Die gezielte Beschleunigung von Genehmigungsverfahren“ bedeutet in der Spätfolge nichts anderes als den Abbau von Klagebefugnissen für betroffene Anlieger und vielleicht sogar für die „anerkannten“ und damit klagebefugten Naturschutzverbände wie NABU und BUND – die damit ihrer eigenen Einspruchsmöglichkeiten beraubt werden könnten. Minister Olaf Lies, dem keine Nähe zum Natur- und Artenschutz nachgesagt wird, wird in dieser Richtung auf Bundesebene beharrlich weiterbohren.

Löffler und Graugänse im „Weltnaturerbe“ Wattenmeer“ vor Windkraftanlagen – Foto (C): Eilert Voß

Und dann noch das vom „Runden Tisch“:

“ Das Land entwickelt Artenschutzprogramme zur Bestandsverbesserung der von Windenergieanlagen besonders gefährdeten Arten. – Die Etablierung eines niedersächsischen Zentrums zur Koordinierung der Artenschutzmaßnahmen der Programme sowie zur Unterstützung der WEA-Planung wird geprüft.“

Mehr Windkraftanlagen bedeuten aber auch mehr tödliche Kollisionen mit Vögeln und Fledermäusen. Noch gilt das Tötungsverbot nach § 44 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG), das auch für Individuen gilt. Eine Ausnahme vom Tötungsverbot nach §45 darf nur zugelassen werden, wenn zumutbare Alternativen nicht gegeben sind und sich der Erhaltungszustand der Populationen einer Art nicht verschlechtert. Das ist durch noch mehr Windkraftanlagen nicht zu erwarten. Durch die Verdoppelung der Windkraftflächen in Niedersachsen werden noch mehr Greifvögel und Fledermäuse Opfer der Anlagen und die Kulturlandschaft noch weiter entstellt werden. Schon jetzt haben sich die ca. 30.000 Windkraftanlagen für einige Arten als bestandsgefährdend erwiesen. Die Frage ist, wer das etwaige „Niedersächsische Zentrum zur Koordinierung der Artenschutzmaßnahmen“ mit den Programmen zur Unterstützung der WEA-Planungen leiten soll. Etwa der NABU oder der BUND als willfährige Handlanger einer verfehlten Energiepolitik, die die Umsatzsteigerung der Windenergiewirtschaft unter dem Deckmantel des „Klimaschutzes“ verfolgt? Fachlicher Naturschutz ist zunächst immer noch staatliche Aufgabe und gehört daher in Fachbehördenhand, nicht aber in die Verantwortung von Naturschutzverbänden, die sich die „Energiewende“ mit allen Folgen für Natur und Landschaft auf die Fahnen geschrieben haben.

Schlussbemerkung:

Die niedersächsische Landesregierung plant ein „Klimagesetz“, der Ausbau der Windenergie soll helfen, imaginäre „Klimaziele“ zu erreichen. Nur funktioniert die Windenergie nur wetterabhängig und kann daher keinen Einfluss auf das großräumige Wettergeschehen oder in der Folge auf das Klima haben. Windenergie funktioniert zudem auch nur im Verbund mit netzstabilisierender Energie aus Wärmekraftwerken, die rund um die Uhr bedarfsgerecht – und nicht windabhängig – den Strom für eine Industriegesellschaft bereitstellen. Diese Kraftwerke sollen aber demnächst abgeschaltet werden. Windenergie ist nur eine Additiv- und keine versorgungssichernde Alternativenergie. Kritiker sehen daher in den Absichten des niedersächsischen Umweltministers, der Elektroingenieur ist, nichts anderes als ein „Lex Windenergie“ für die Windanlagenhersteller, deren Märkte durch fehlende Flächen im dicht besiedelten Deutschland und durch neue Ausschreibungsverfahren dramatisch eingebrochen sind.
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Pressemitteilung des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz vom 09. März 2020

Lies: „An weiterem Ausbau der Windenergie führt kein Weg vorbei“ – Runder Tisch zur Zukunft der Windenergie stellt wichtige Weichen – Einstimmiges Votum: Der Runde Tisch zur Zukunft der Windenergie in Niedersachsen, der in den letzten Wochen tagte, hat wichtige Weichen für das Land gestellt. Darin stimmte Niedersachsens Energieminister Olaf Lies auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit mehreren Entscheidungsträgern überein. „Unsere vierseitige gemeinsame Erklärung zeigt, dass es in den Ländern nicht nur Konflikte gibt, sondern dass gesellschaftliche Mehrheiten möglich sind, wenn alle Akteure zusammengeholt werden. An dem weiteren Ausbau der Windenergie in
Niedersachsen führt kein Weg vorbei“, sagte Lies. An dem letzten Treffen in der Staatskanzlei nahmen neben Ministerpräsident Stephan Weil, Umweltminister Lies und Wirtschaftsminister Bernd Althusmann auch das Landwirtschaftsministerium, kommunale Spitzenverbände, Gewerkschafter, Umwelt- und Naturschutzverbände sowie Windanlagenbauer und Wirtschaftsvertreter teil.

In dem gemeinsamen Papier der Akteure wird nicht nur der Bedarf nach mehr Fläche für Windenergie in Niedersachsen – derzeit sind es etwa 1,1 Prozent der Landesfläche – formuliert, sondern die behutsame Entwicklung der Windenergie im Wald ebenso gefordert wie das Repowering von Altanlagen. Pauschale Mindestabstände werden abgelehnt. Die Teilnehmer waren sich einig, dass Genehmigungsverfahren auf allen Ebenen in den verschiedenen Zuständigkeiten beschleunigt werden müssen. Notwendig sei dafür deutlich mehr Personal.

Umwelt- und Energieminister Lies setzt vor allem darauf, dass die Akzeptanz der Bürgerinnen und Bürger über finanzielle Beteiligungen der Kommunen gestärkt wird. Lies denkt dabei an eine „Wertschöpfung von zwei Prozent des aus den Windenergieanlagen erwirtschafteten Umsatzes“. Mit Blick auf die Bundesebene formulierte der Runde Tisch eine klare Erwartung: „Sollte es in absehbarer Zeit zu keiner Einigung auf Bundesebene zur Windenergie kommen, wird das Land kurzfristig eine landeseigene Regelung schaffen“, so Lies.

Für Landwirtschaftsminister Barbara Otte-Kinast ist klar, „dass Niedersachsen einen eigenen Beitrag zum Gelingen der Energiewende leisten muss“. Ergänzend fügte sie hinzu: „Die Maßnahmen in der Abschlusserklärung zur Förderung der Flächenverfügbarkeit, der Akzeptanz und zur Verfahrensbeschleunigung begrüße ich ausdrücklich. Die Landes- und Regionalplanung wird eine wichtige Rolle bei der Erschließung der Flächenpotenziale spielen. Den Ausbau von Wind im Wald werden wir sorgfältig prüfen. Es ist wichtig, einen Ausgleich zwischen Natur- und Klimaschutz zu finden. Nur dann kann die Energiewende gelingen.“

Der Hauptgeschäftsführer des Niedersächsischen Städtetags, Jan Arning, sieht auch die Kommunen in der Pflicht, „Verantwortung zu übernehmen“. Kommunale Beteiligung werde zur Akzeptanzsteigerung führen, ist Arning sicher. Der Bezirksleiter der IG Metall Küste, Daniel Friedrich, sieht vor allem positive Folgen für die Arbeitsplätze in der Branche, wenn es gelingt, der Windenergie einenSchub zu geben. Auf diesem Weg seien die Ergebnisse des Runden Tisches „ein wichtiger Schritt“. Der Landesverband der Erneuerbaren Energie (LEE) drängt auf eine schnelle Umsetzung der Vereinbarungen. „Besonderes Augenmerk müssen wir dabei auf die Anlagen werfen, die aus der Förderung herausgehen“, betonte LEE- Geschäftsführerin Silke Weyberg, die sich dabei für bundesweite Lösungen stark macht. Der Naturschutzverband Nabu räumt der Windenergie ebenfalls eine bedeutende Rolle bei der Energiewende ein. Wichtig sei dabei aber auch, „die Arten- und Naturschutzaspekte“ zu berücksichtigen“, so
Niedersachsens Nabu-Chef Holger Buschmann.

Der Beitrag ´Am weiteren Ausbau der Windenergie führt kein Weg vorbei´: NABU und BUND mit am ´Runden Tisch´ erschien zuerst auf Wattenrat Ostfriesland.

Corona-Pandemie: vorübergehendes Aus für Tourismus

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Der Tourismus kommt zum Erliegen, es wird ruhig an der Küste werden, auch zu Ostern. Das Corona- Virus ist die Ursache. Das Land Niedersachsen gab dazu am 18. März 2020 einen Erlass an alle Landkreise, die kreisfreien Städte und die Region Hannover heraus, der Näheres regelt (s.u.). So makaber es klingt: Profitieren von der Pandemie und den damit verbundenen Einschränkungen werden die vom Massentourismus gefährdeten Bodenbrüter im Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer: keine freilaufenden Hunde, keine Menschenmassen in oder an den Schutzgebieten; eine ungewohnte Ruhe wird im Großschutzgebiet einkehren. Natur Natur sein lassen, wer hätte noch vor kurzem gedacht, dass dies auf solch unerwartet-bizarre Weise Wirklichkeit würde…

Bleiben Sie also zuhause, nutzen Sie die Zwangspause zur Entschleunigung – und bleiben sie gesund, es wird nicht ewig dauern. Unser Titelfoto „Keep Calm And Carry On“ („Ruhe bewahren und weitermachen“) hat zwar keinen Bezug zur aktuellen Corona-Krise, kann aber als Motto in diesen schwierigen Zeiten gelten.

Nordwest Zeitung, Oldenburg, 19. März 2020

Land macht Küste dicht
CORONAVIRUS – Touristen und Ausflügler sollen Nordsee-Region verlassen

Es gibt einen Erlass: Hotels, Campingplätze und auch private Zimmervermittler dürfen seit Mittwoch nicht mehr an Touristen vermieten.
IM NORDWESTEN. Niedersachsen hat angesichts der Corona-Epidemie Touristen und Ausflügler aufgerufen, dem Bundesland und der Küste fernzubleiben. „Der Appell an Menschen in den Nachbar-Bundesländern und den Niederlanden ist, bleiben Sie zu Hause“, sagte der Leiter des Krisenstabs der Landesregierung, Heiger Scholz, am Mittwoch in Hannover. Ein förmliches Verbot sei dabei aber weder praktikabel noch erforderlich. […]

Hier geht es zum Erlass im Wortlaut, Auszüge:

Niedersächsisches Ministerium für
Soziales, Gesundheit und Gleichstellung, 18. März 2020

COVID-19 (Coronavirus SARS-CoV-2)
Maßnahmen nach § 28 Abs. 1 IfSG, Beschränkung von sozialen Kontakten im öffentlichen Bereich;
hier: Übernachtungen, Gaststätten, Restaurants, Werkstätten für behinderte Menschen, Tagesförderstätten für behinderte Menschen sowie vergleichbare Angebote der Eingliederungshilfe

Fachaufsichtliche Weisung
Runderlass des MS vom 16. 03. 2020, AZ: 401. 41609-11-3 (Einschränkung sozialer Kontakte)

[…]

1. Betreibern von Beherbergungsstätten und vergleichbaren Angeboten, Hotels, Campingplätzen, Wohnmobilstellplätzen sowie privaten und gewerblichen Vermietern von Ferienwohnungen, von Ferienzimmern, von Übernachtungs- und Schlafgelegenheiten und vergleichbaren Angeboten ist es untersagt, Personen zu touristischen Zwecken zu beherbergen. Dies gilt auch für Betreiber von Kureinrichtungen und präventiven Reha-Einrichtungen. Anschlussheilbehandlungen im Sinne desSGB V sind hiervon ausgenommen. Bereits beherbergte Personen haben ihre Rückreise möglichst bis zum 19.03.2020, spätestens bis zum 25. 03.2020 vorzunehmen.[…]

Der Beitrag Corona-Pandemie: vorübergehendes Aus für Tourismus erschien zuerst auf Wattenrat Ostfriesland.

Meyer-Schiff ´Iona´: keine Zuschauer wegen Corona – landunter in den Brutgebieten

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Meyer-Dampfer „Iona“ wird über die Ems an die Nordsee überführt, Höhe Petkum, Gänse verlassen fluchtartig das Schutzgebiet – Foto (C): Eilert Voß

Von den frühen Morgenstunden bis in den Vormittag des 19. März 2020 wurde das neue Kreuzfahrtschiff „Iona“ der Meyer Werft von Papenburg über die enge Unterems an das seeschifftiefe Wasser der Nordsee überführt. Abnehmer des Schiffes ist das britisch-amerikanische Unternehmen P&O-Cruises. Das Novum, als umweltfreundlich beworben, ist der Flüssiggasantrieb (LNG) des Schiffes. Was mit öko beworben wird, muss aber in den Auswirkungen nicht öko sein. Die Unterems gehört zum europäischen Vogelschutzgebiet V10, Emsmarsch von Leer bis Emden.

Nur die Schafe schauen zu (oder weg), die menschlichen Zuschauer blieben zuhause – Foto (C): Eilert Voß

Für die Überführung musste die Ems wieder mit dem Stauwehr bei Gandersum, EU-konform für den Küstenschutz als „Sperrwerk“ deklariert, aufgestaut werden, damit der Gigant überhaupt in den Fluss passte. Dadurch überflutete die Ems auch die Vorländereien der Emsufer und die Emsinsel Hatzumersand. Der Höchststand des Stauwassers lag um 4:58 Uhr am Emspegel Terborg bei 769 cm. Erreicht wurde dieser hohe Wasserstand durch das Zupumpen von salzhaltigem Seewasser.

Aktuelle Erosion an der Emsinsel Hatzumersand (Ostseite) – Foto vom 15. März, 11:38 h,  2020 (C): Eikert Voß

Der Hatzumersand wurde dadurch etwa 3-5 Dezimeter hoch überflutet. Alle Nester von früh brütenden Wasservögeln wurden so überspült. Das ist insofern tragisch, da vor genau einer Woche am 12. März eine Sturmflut die Emsinsel schon einmal überflutete und die Gelege vernichtete. Der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) verzichtete damals darauf, die Stauwehrtore zu schließen (Pegeldaten Terborg: 12.3.2020, 13:50 Uhr, 838 cm). Möglich ist, dass man im Hinblick auf den Überführungstermin der „Iona“ auch deshalb keine Rücksicht die Gänsegelege nahm, da die Nester bei der Überführung oder einem späteren Termin ohnehin abgesoffen wären. Am Hatzumersand sind durch die Emsvertiefungen für die Meyer Werft und die sich daraus ergebende hohe Strömungsgeschwindigkeit des Flusses bereits deutliche Erosionsspuren zu erkennen, die Insel wird kleiner. Wie man unschwer erkennen kann, existiert dieses „Vogelschutzgebiet“ mit den vielen Ausnahmen und zugelassenen Nutzungen nur auf dem Papier. Ein weiteres Novum war das Ausbleiben der Sehleute an den Deichen und im Schutzgebiet nach einer Verfügung des Landkreises Leer wegen der Corona-Pandemie. Bei früheren Überführungen von Kreuzfahrtschiffen kam es zum Verkehrschaos an den Deichen, Menschenmassen betraten widerrechtlich die angrenzenden Schutzgebiete. Das Corona-Virus hielt diesmal Gaffer wirksam vom Überführungsspektakel ab, Zuschauer waren nur die Schafe am Deich.

Die „Iona“, benannt nach einer Hebrideninsel in Schottland, ist das 50. Kreuzfahrtschiff, das auf der Meyer Werft gebaut wurde. Die Daten der auf der Werft gebauten Schiffe können Sie hier ansehen, teilweise mit Bildern: Bauliste der Meyer Werft.

Schiffsdaten des Kreuzfahrtschiffes „Iona“:

Bruttraumzahl (BRZ): mehr als 180.000

Länge: 344,5 m

Breite (Spanten): 42 m

Tiefgang: 8,80 m

Nachtrag 21. März 2020:

Die Ostfriesen Zeitung aus Leer berichtet am 21. März 2020, dass zwar der Innenausbau auf der „Iona“ und die Erprobung auf See von der Meyer Werft wegen der Corona-Pandemie ausgesetzt, der Werftbetrieb in Papenburg aber dennoch aufrecht erhalten werde. Angehörige von Papenburger Werftarbeitern wandten sich mit einem Offenen Brief an die Zeitung und beklagten eine „Zweiklassengesellschaft“ auf der Werft. Büromitarbeiter arbeiteten im Homeoffice, die Mitarbeiter in der Fertigung arbeiteten jedoch dicht an dicht, obwohl viele von ihnen gesundheitlich angeschlagen seien. „Wir Familien sind besorgt. Jeder von uns hat Kinder oder seine Eltern zu Hause bei sich, und wenn dann der Mann krank mit dem Virus wäre, würde das eine Kettenreaktion geben. Herr Meyer riskiert nicht nur die Gesundheit der Mitarbeiter, sondern auch der Familien“, heißt es in dem Brief.

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Umweltminister Olaf Lies (SPD) und die Windenergie: vom Saulus zum Paulus?

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Wohnen auf dem Lande, hier im Landkreis Aurich – Foto: privat

Wie die Agentur dpd meldet, will sich der niedersächsische Umweltminister Olaf Lies (SPD) nach einer Telefonkonferenz mit seinen Länder-Umweltministerkollegen nun doch für größere Abstände von Windkraftanlagen zur Wohnbebauung einsetzen. Bis vor einer Woche noch hatte sich das Land Niedersachsen mit Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) und Umweltminister Lies vehement gegen die von Bundeswirtschaftsminister Altmaier (CDU) vorgeschlagene verbindliche 1000 Meter-Abstandregelung von Windkraftanlagen zur Bebauung gewehrt.

Das Land wollte zunächst eine vorgesehene Öffnungsklausel in der Gesetzgebung nutzen, um mehr Platz für Windkraftanlagen in Niedersachsen zu schaffen und den in Bedrängnis geratenen Hersteller Enercon in Aurich nachhaltig damit unterstützen. Nun erfolgte der Sinneswandel: Olaf Lies will nun sogar die bayerischen Vorgaben für Niedersachsen übernehmen, die eine zehnfache Höhe der Windkraftanlagen als Abstand zur Bebauung vorsehen; bei einer 200 Meter hohen Anlage wären das zwei Kilometer. Lies Meinungsumschwung wird auch damit begründet, weil sich der Minister seit einiger Zeit durch den nahen repowerten Enercon-Windpark an seinem Wohnhaus in Sande im Landkreis Friesland belästigt fühlt. Lies dazu in einer Pressekonferenz: „Aufgrund der Corona-Pandemie bin ich jetzt gezwungen, rund um die Uhr zu Hause im Home-Office zu arbeiten. Ich bin derzeit kaum noch im Ministerium anwesend, in meiner Zweitwohnung in Hannover darf ich mich wegen der Corona-Krise nicht mehr aufhalten. Im heimatlichen Sande bekomme ich nachts durch die lauten Windkraftanlagen kein Auge mehr zu, unser Hund verkriecht sich unter dem Bett. Ein ständiges Brummen und Rauschen des nur 1000 Meter entfernten Windparks lässt mich morgens wie gerädert aufstehen, ich kann meinen dienstlichen Pflichten als Minister kaum noch nachkommen. Ständig zu Hause schlafen zu müssen ist ein Albtraum für mich geworden. Inzwischen kann ich die Windkraftgegner verstehen.“ Kritik an Lies Äußerungen kam umgehend von Enercons Geschäftsführer Kettwig aus Aurich, der Lies als „Umfaller“ bezeichnete und ihm „Verrat an der gemeinsamen Sache“ vorwarf. Lies gefährde den Klimaschutz, der durch die modernen Enercon-Anlagen weltweit gewährleistet werde. Lies, so Kettwig, treibe mit seinem Politikwechsel die Windindustrie aus dem Lande, Enercon werde sich nun verstärkt in Kanada engagieren. Die windkraftkritische Initiative „Maximaler Gegenwind“ aus Buxtehude dagegen lobte Lies Meinungswechsel als „Schritt in die richtige Richtung“, forderte aber gleichzeitig den Abbau der Altanlagen ohne Repowering.

Nachtrag:

Der 01. April-Bericht des Wattenrates zu Olaf Lies und seinem Einlenken bei Windkraft-Abstandregelungen war selbstverständlich ein Aprilscherz. Schön wäre es gewesen, aber der Mann ändert seine Meinung nicht. Wahr ist nur, dass der Minister derzeit im Home-Office arbeitet. Wir wissen noch nicht einmal, ob er einen Hund hat, der nachts unter seinem Bett schläft. Corona-Scherze stehen auch schon auf der Schwarzen Liste des Gesundheitsministerium, obwohl doch eigentlich der Schwarze Humor der beste sein soll. Das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) berichtete am 01. April 2020 folgendes:

Gesundheitsministerium warnt vor Aprilscherzen übers Coronavirus

  • Zum 1. April warnt das Bundesgesundheitsministerium vor Scherzen oder Falschmeldungen rund um das Coronavirus.
  • Aprilscherze und erfundene Geschichten könnten “zur Verunsicherung beitragen und genutzt werden, um Falschmeldungen zu verbreiten”, schreibt das Ministerium.
  • In anderen Ländern drohen sogar drastische Konsequenzen nach Corona-Aprilscherzen.

01.04.2020, 8:23 Uhr

Dieser RND-Bericht war definitiv kein Aprilscherz. Da ist man beim Wattenrat doch heilfroh, dass wir nicht „in anderen Ländern“ leben und uns daher „drastische Konsequenzen“ drohen könnten, 5 Jahre Knast soll es dafür angeblich in Thailand geben. Wo kämen wir denn hin, wenn wir auch noch lachten. Humor ist doch, wenn man trotzdem lacht, auch in diesen vervirten Zeiten.

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Vogelschutzgebiet Rheiderland: Grünlandumbruch vernichtet Brutplätze

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Grünlanderneuerung mit einer Drillmaschine (Einsaat) nach Schlitzen des Bodens , Bunder Hammrich, LK Leer, Feldhase auf der Flucht, 30. März 2020 – Foto (C): Eilert Voß

(Am Ende dieses Wattenrat-Beitrages finden Sie einen Gastkommentar von Diplom Biologe Dr. Wolfgang Epple aus Außernzell in Niederbayern: Vom Reichtum zum Endstadium – Anmerkungen zur Entwicklung küstennaher Wiesenlandschaften)

Die Mäuse waren es! Wenn man in Ostfriesland über Land fährt, kann man die Folgen sehen. Nein, keine Mauselöcher mehr aus den sehr trockenen Sommern 2018 und 2019. Die Mäuse hatten sich in diesen Sommern stark vermehrt und für Schäden an der Grasnarbe gesorgt. Als das Grünland noch überwiegend feuchtes Grünland und nicht so stark entwässert war wie heute, waren Mäuseschäden in diesem Ausaß nicht bekannt. Und auch die Fressfeinde wie Greifvögel oder Eulen sind rarer geworden. Das Auslegen von Gift ist verboten. Das teilweise mäusegeschädigte Grünland konnte nach Landwirtschaftsangaben nicht mehr genug Futter für die Milchbetriebe liefern. Grünland umzupflügen ist eigentlich verboten, nun darf Bauer umpflügen und neu einsäen, ausnahmsweise, nach Antragstellung und nach Einzelfallprüfung, „höhere Gewalt“ heißt die Begründung.

Grünlandumbruch in Holtgaste, LK Leer. Die angrenzenden Flächen sind noch grün, 30. März 2020 – Foto (C): Eilert Voß

In Niedersachsen liegen der Landwirtschaftskammer bislang rund 330 Anträge vor, ca. 1700 Flächen in etwa 130 Betrieben wieder in ertragreiches Grünland aufzuarbeiten. Gerade im Nordwesten Niedersachsens, im Rheiderland im Landkreis Leer, kann man anschaulich sehen, wie viele Flächen nun aussehen: öde graubraun. Wo nicht gepflügt wurde, wurde maschinell geschlitzt, der Boden gerade gehobelt und feuchte Senken maschinengerecht gleich mit planiert. Eingesät wird eiweißreiches, aber artenarmes „Industriegras“ für Hochleistungskühe, Grasplantagen bis zum Horizont für hochsubventionierte landwirtschaftliche Betriebe. Nur ist das Rheiderland zum größten Teil europäisches Vogelschutzgebiet, das klingt dann beim Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN), der Fachbehörde für den Naturschutz im Lande, so:

EU-Vogelschutzgebiet V06 Rheiderland
Das EU-Vogelschutzgebiet „Rheiderland“ (8.685 ha) setzt sich zusammen aus mehreren Teilflächen innerhalb des ausgedehnten binnendeichs gelegenen Marschlandes zwischen Ems und Dollart. Das Gebiet liegt größtenteils unterhalb des Meeresspiegelsund wird durch ein verzweigtes Grabensystem über Siele und Schöpfwerke entwässert. Die Marsch wird vorwiegend intensiv als Grünland genutzt, im westlichen Bereich der jungen Marsch, finden sich auch Ackerflächen. Das Gebiet steht in enger ökologischer Beziehung zu den benachbarten Vogelschutzgebieten Emsmarsch und Dollart. Zahlreiche Wat- und Wasservögel nutzen die Marschflächen als Brut- oder Rastplatz. Es handelt sich um eines der bedeutendsten Rast- und Überwinterungsgebiete für nordische Gänse in Niedersachsen. Die Individuenzahlen von Blässgans, Graugans und Weißwangengans erreichen jährlich internationale Bedeutung. Von nationaler Bedeutung sind regelmäßig die Rastzahlen des Goldregenpfeifers. Für wiesenbrütende Limikolen wie Kiebitz, Uferschnepfe und Rotschenkel ist das Rheiderland einer der wichtigsten niedersächsischen Brutplätze.

Grünlanderneuerung in Klimpe/LK Leer, 30. März 2020 – Foto (C): Eilert Voss

Auf dem Papier klingt das gut, die Realität ist eine andere: Die Bruten der genannten streng geschützten Watvögel kamen wieder einmal unter die Räder der Intensivlandwirtschaft, die Brutplätze wurden in diesem Jahr völlig zerstört, ein Totalverlust in einem Vogelschutzgebiet. Und nicht nur für die bodenbrütenden Vögel ist diese Grünlanderneuerung katastrophal: Auch der Feldhasennachwuchs wird damit gleich mitvernichtet. Die arktischen Gänse, denen man sonst in ihren Überwinterungsgebieten nicht das Gras im Schnabel zum Überleben gönnt, für die man die Ausweitung der Jagd fordert, sind zum größten Teil schon wieder auf dem Heimflug in ihre Brutgebiete. Die Frage ist, ob es wirklich nötig war, die Flächen so großflächig und radikal, und das genau in der Brutzeit, umzuarbeiten. Die Flora-Fauna-Habitat-Richtline, verbindliches EU-Recht, geht von einem Verschlechterungsverbot für diese Flächen aus.

Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie der EU, verbindliches Gemeinschaftsrecht, Auszug:

Artikel 6 […]
(2) Die Mitgliedstaaten treffen die geeigneten Maßnahmen, um in den besonderen Schutzgebieten die Verschlechterung der natürlichen Lebensräume und der Habitate der Arten sowie Störungen von Arten, für die die Gebiete ausgewiesen worden sind, zu vermeiden, sofern solche Störungen sich im Hinblick auf die Ziele dieser Richtlinie erheblich auswirken könnten. […]

Böhmerwold, Rheiderland, LK Leer, großflächige Grünlanderneuerung , 26. März 2020 – Foto (C): Eilert Voß

Im „Normalfall“, je nach Witterung, wird auf diesen Grünlandflächen bis zu fünfmal im Jahr für das Silagefutter gemäht – und mit ihnen weitgehend die ohnehin raren Gelege oder flugunfähigen Jungvögel. Und in jedem Jahr malen die Bauern der Region mit Hilfe der Presse ihren angeblich bevorstehenden Ruin an die Wand, weil die Gänse in ihren hiesigen Überwinterungsgebieten das fressen, was sie fressen müssen: Gras. Für entstandene Fraßschäden, die überwiegend vor dem ersten Schnitt eintreten können, werden die Bauern entschädigt. Die Betriebe bekommen sogar dann Kompensationsmittel ausgezahlt, wenn keine Fraßschäden eingetreten sind und sie am Vertragsnaturschutz teilnehmen.

„Unland“ nennt der Bauer nicht nutzbares Feuchtgrünland, das hier im Vogelschutzgebiet zerstört wurde, Swartwolder Kolk, LK Leer – Foto (C): Eilert Voß

Umbruch von Feuchtgrünland, Coldeborg/Jemgum, LK Leer, 30. März 2020 – Foto (C): Eilert Voss

Für die Kommunalpolitiker der Region ist der gesetzlich verordnete und verpflichtende Naturschutz kein Thema. FDP-Politiker und Landwirt Arnold Venema, dessen Söhne einen Milchviehbetrieb in Jemgum bewirtschaften und dafür jährlich mehr als 23.000 Euro EU-Subventionen allein zu Greeningmaßnahmen und zur Förderung der Biodiversität kassieren (Gesamtzahlung der EU in 2018 an den Betrieb Venema: 58.858,37 Euro) , beklagte in der Lokalpresse das bürokratische Verfahren mit der Prüfung der Anträge für den Grünlandumbruch. Diese Regelung sei „der Gipfel der Respektlosigkeit“ gegenüber den Landwirten (Ostfriesen Zeitung, 25. Februar 2020). Respektlos nicht wegen der Vernichtung des Lebensraumes von bestandbedrohten Bodenbrütern in ihren Schutzgebieten, sondern respektlos wegen bürokratischer Auflagen gegenüber dem Berufsstand mit der stets offenen Hand – klagen auf hohem Niveau nach Gutsherrenart.

EU-Vogelschutzgebiet Rheiderland, 26. März 2020 – Foto: privat

Grünlanderneuerung im EU-Vogelschutzgebiet Rheiderland, 26. März 2020 – Foto: privat

Der NABU indes hüllt sich zu den Zerstörung der geschützten Brutgebiete in Schweigen. Der NABU-Regionalgeschäftsführer für Ostfriesland stellte zwar in der Ostfriesen Zeitung am 12. März 2020 richtig fest, dass viele Vogelarten in Ostfriesland bedroht sind. Er beklagte, dass viele Ostfriesen die heimischen Vogelarten gar nicht mehr benennen könnten. Es würde dann auch nicht auffallen, wenn es Probleme gäbe. Frage an den NABU: Wie denn auch, wenn es die früheren Charaktervögel der Marschen wie Kiebitz, Rotschenkel, Uferschnepfe oder Bekassine kaum noch als Brutvögel zu sehen und zu hören gibt, trotz europäischer und nationaler Gesetze und Verordnungen zum Schutz dieser Vögel?

Der ehemals weit verbreitete Charaktervogel des Feuchtgrünlandes: Kiebitz – Foto/Archiv: Eilert Voß

Gastkommentar von Diplom Biologe Dr. Wolfgang Epple aus Außernzell in Niederbayern, 03. April 2020

WebSeite:  http://wolfgangepplenaturschutzundethik.de/

Vom Reichtum zum Endstadium.
Anmerkungen zur Entwicklung küstennaher Wiesenlandschaften

Wolfgang Epple, 03. April 2020

1992 war für mich, Biologe aus Baden-Württemberg, ein besonderes Jahr: Entgegen allgemeiner Bevölkerungsströme zogen wir aus dem Süden der Republik weit in den Norden, auf einen Resthof im Landkreis Wesermarsch, Luftlinie kaum 1, 5 km hinter dem Deich am Jadebusen. Aus dem waldreichen Keuperstufenland in die grünlandreiche Marsch – welch ein Szenenwechsel für einen „Orni“…
Das Besondere: Der Hof in der Norderschweier Moormarsch lag – zufällig – inmitten eines Wiesenbrüterschwerpunktes. Damals bestanden solche Gemeinschaften, in der Marsch vielfach verteilt und wiederholt, aus jenen vier bis fünf typischen, optisch wie akustisch so eindrucksvollen Arten: Kiebitz, Uferschnepfe, Rotschenkel, Austernfischer und Bekassine. Besonders im Gedächtnis bleibt bis heute, dass zum Höhepunkt der Paarbildung und Reviergründung rund um unsere Hofstelle eine für das süddeutsche Ohr geradezu exotische Klangkulisse bis weit in die Dämmerung und sogar nachts bestand: Wuchtelnde Kiebitze, das „Meckern“ der Bekassine, die melodischen Rufe der „Tüdelüten“ (Rotschenkel), die Balzflüge der Uferschnepfen. So paradiesisch hatte ich mir das nicht vorgestellt.

Vor der Immobilienwahl in der Wesermarsch hatte die Suche zunächst nach Ostfriesland, genauer nach Ihlowerhörn an das Fehntjer Tief geführt – als Biologe hatte ich die entstehende Naturschutzstation im Auge, die dann 1993 anderweitig besetzt wurde. Naturschutz-Zukunft schien an etlichen Stellen entlang der Nordsee verlockend. Es wurde ein Auftrag in der „Stollhammer Wisch“, in der ich über Jahre hinweg im Auftrag des damaligen Niedersächsischen Landesamtes für Ökologie (NLÖ) die ornithologische Begleitung eines Vertragsnaturschutz-Projektes innehaben durfte. Wer viele hundert Stunden Vogelerfassung und begleitende Flurstücks-genaue Kartierung der landwirtschaftlichen Nutzung in der Marsch hinter sich hat, den lässt auch aus der inzwischen wieder bestehenden süddeutschen Ferne des Wohnsitzes nicht kalt, was sich im küstennahen Grünland seit Jahren, eigentlich Jahrzehnten vollzieht. In diesen 90er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts hatte man das weite Land wegen der Ruhe, Schönheit der Horizonte und reichen Naturausstattung schätzen und lieben gelernt. Immer wieder zog es uns als Ausflügler und zu Vergleichszwecken durch Ostfriesland vom Jadebusen bis hinüber an den Dollart.

Der Niedergang und die heute krassen Naturschutz-Probleme der südlichen Nordsee aber dämmerten schon: Ein erstes Windindustriegebiet direkt am Projektgebiet der Wisch war nur die Vorhut einer bis in die Gegenwart anhaltenden Invasion. Fährt man heute, Jahrzehnte nach deren Beginn die gleichen Routen, wird man von der Windkraftindustrie vielerorts förmlich erdrückt. Die Horizonte sind bis an den Rand des Wattenmeer-„Nationalparkes“ verstellt – freie, ungestörte Blicke gibt es allenfalls seewärts. Zigtausende Hektare Grünland, oft moorig und feucht: eine vor drei Jahrzehnten noch bestehende Jahrhundertchance für Natur- und Artenschutz in Mitteleuropa – überwiegend dahin. Nicht nur, dass einem überall selbst an unmöglicher Stelle heutzutage der Maisanbau begegnet. Die intensive Nutzung des Grünlandes – Gülle, Düngen, Schleppen und Walzen während der Eiablage und Brutzeit der Wiesenbrüter, zu frühe Mahd noch während der Brut- oder Küken-Aufzucht-Zeit – diese Probleme gab es schon und sie sind geblieben. Damals jedoch kaum vorstellbar: Die Intensität ließ sich in den letzten Jahren tatsächlich noch steigern. Inzwischen ist ein systematischer, endgültiger Angriff auf alles im Gange, was wenigstens einige Teile des Grünlandes bisher für die bodenbrütenden Bewohner und die sie repräsentierende Lebensgemeinschaften noch immer wertvoll gemacht hatte. Unter klangvollen Rumpelstilzchen-Begriffen wie Grünlandverbesserung und Neuansaat ist die endgültige Nivellierung vom ehemals reichen natürlichen Leben zu weitgehend von diesem befreiten Turbo-Gras-Industrie-Standorten im Gange. Was noch lebt auf den Flächen bzw. zu leben versucht, wird zum Feind: „Mäuse“ und „Gänse“ sind die Widersacher in der Schlacht, die auf den Grünländereien gegen die Natur geführt wird. Letzte Reste der ehemals des Staunens und Erlebens werten Lebensgemeinschaften der Wiesen werden zu musealen Schaustücken. Auf selbst mit EU-Mitteln geförderten Flächen hat die Intensivstnutzung erkennbar freie Bahn. Das alles unter den Augen einer sich doch so naturfreundlich wähnenden Öffentlichkeit. Wie das? Schon in den 1990er Jahren irritierte mich die offensichtliche Kumpanei zwischen Behörden und naturschädigender Landwirtschaft in etlichen speziellen Konfliktfällen.

Nachdem kritische Bemerkungen sowohl zur Rolle der landwirtschaftlichen Nutzung als auch zu Schön-Rechen-Künsten eines Bediensteten der unteren Naturschutzbehörde im Zusammenhang mit Rückgangsursachen der Wiesenbrüter unter der damaligen Schriftführung eines heute in der Region führenden Landesbediensteten aus meinem Abschlussbericht zur „Stollhammer Wisch“ herausredigiert bzw. entschärft werden sollten, verzichtete ich auf eine Publikation im Sammelband des NLÖ. In den letzten fast 30 Jahren scheint sich wenig bis nichts geändert zu haben an dieser Sachlage. Warum schreiten die zuständigen Behörden nicht ein gegen die offensichtlich nutzungsbedingte Vernichtung von Bruthabitaten? Ist die Sachlage nicht bekannt? Wohl kaum. Es bleibt wohl eher bei dieser eigenartigen, für die wehrlose Natur friesisch-herben Definition von „angewandter Ökologie in der Landwirtschaft“.

Es muss den Beteiligten allerdings klar sein, dass der Ruf der Landwirtschaft insgesamt geschädigt wird, wenn naturzerstörerische Umtriebe wie aktuell im Rheiderland behördlich gedeckt werden. Selbst dann, wenn die Medien ihrer Aufgabe nicht gerecht werdend den offensichtlichen Skandal nicht aufrollen – auf Dauer werden auch die Ostfriesen ein Darstellungsproblem bekommen für den argen Umgang mit ihrer einst so einladend schönen Natur. Narrenfreiheit bedeutet Freiheit für Narren.

Wenn die letzten Kiebitze auf dem „Wirtschaftsgrünland“ endgültig verstummt sein werden, wenn die monströsen Wahrzeichen der Energiewende die letzte Beschaulichkeit der alten friesischen Dorfbilder zerstört haben, mag die Attraktion von „Just-for-Fun“-Betätigungen zu Lasten des Nationalparks noch einige Jahre Zugpferd für den Tourismus der Region sein. Ästhetisch und ökologisch beschädigtes Land ist auf Dauer für die Einwohner nicht lebenswert und auch für Gäste immer weniger einen Besuch wert. An den küstennahen Windkraft-Verwüstungen spricht sich das schon herum in meinem Bekanntenkreis. Der Exodus der Wiesenbrütergemeinschaften aus nivelliertem Industriegrünland mag für unbedarftes Touri-Publikum (noch) zweitrangig sein. Für die Geschichtsbücher, die im Zeitalter der Biodiversitäts-Debatte einst auch Kapitel zur Verantwortung für das Verschwinden von Uferschnepfe & Co. enthalten müssen, ist er es nicht.

Begüllung von Grünland, Bovenhusen /LK Leer, Kiebitzhabitat, 26. März 2020 – Foto (C): Eilert Voß

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Gastkommentar: Vom Reichtum zum Endstadium – Anmerkungen zur Entwicklung küstennaher Wiesenlandschaften

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Der einstige Charaktervogel des Feuchtgrünlandes: Kiebitz – Foto/Archiv: Eilert Voß

Vom Reichtum zum Endstadium – Anmerkungen zur Entwicklung küstennaher Wiesenlandschaften, von Wolfgang Epple

(Fotos: Eilert Voss, Manfred Knake)

1992 war für mich, Biologe aus Baden-Württemberg, ein besonderes Jahr: Entgegen allgemeiner Bevölkerungsströme zogen wir aus dem Süden der Republik weit in den Norden, auf einen Resthof im Landkreis Wesermarsch, Luftlinie kaum 1, 5 km hinter dem Deich am Jadebusen. Aus dem waldreichen Keuperstufenland in die grünlandreiche Marsch – welch ein Szenenwechsel für einen „Orni“…
Das Besondere: Der Hof in der Norderschweier Moormarsch lag – zufällig – inmitten eines Wiesenbrüterschwerpunktes.

Damals bestanden solche Gemeinschaften, in der Marsch vielfach verteilt und wiederholt, aus jenen vier bis fünf typischen, optisch wie akustisch so eindrucksvollen Arten: Kiebitz, Uferschnepfe, Rotschenkel, Austernfischer und Bekassine. Besonders im Gedächtnis bleibt bis heute, dass zum Höhepunkt der Paarbildung und Reviergründung rund um unsere Hofstelle eine für das süddeutsche Ohr geradezu exotische Klangkulisse bis weit in die Dämmerung und sogar nachts bestand: Wuchtelnde Kiebitze, das „Meckern“ der Bekassine, die melodischen Rufe der „Tüdelüten“ (Rotschenkel), die Balzflüge der Uferschnepfen. So paradiesisch hatte ich mir das nicht vorgestellt.

Selten gewordenes artenreiches Feuchtgrünland, Gandersum/LK Leer – Foto (C): Eilert Voß

Vor der Immobilienwahl in der Wesermarsch hatte die Suche zunächst nach Ostfriesland, genauer nach Ihlowerhörn an das Fehntjer Tief geführt – als Biologe hatte ich die entstehende Naturschutzstation im Auge, die dann 1993 anderweitig besetzt wurde. Naturschutz-Zukunft schien an etlichen Stellen entlang der Nordsee verlockend. Es wurde ein Auftrag in der „Stollhammer Wisch“, in der ich über Jahre hinweg im Auftrag des damaligen Niedersächsischen Landesamtes für Ökologie (NLÖ) die ornithologische Begleitung eines Vertragsnaturschutz-Projektes innehaben durfte. Wer viele hundert Stunden Vogelerfassung und begleitende Flurstücks-genaue Kartierung der landwirtschaftlichen Nutzung in der Marsch hinter sich hat, den lässt auch aus der inzwischen wieder bestehenden süddeutschen Ferne des Wohnsitzes nicht kalt, was sich im küstennahen Grünland seit Jahren, eigentlich Jahrzehnten vollzieht. In diesen 90er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts hatte man das weite Land wegen der Ruhe, Schönheit der Horizonte und reichen Naturausstattung schätzen und lieben gelernt. Immer wieder zog es uns als Ausflügler und zu Vergleichszwecken durch Ostfriesland vom Jadebusen bis hinüber an den Dollart.

Einsaat von ertragreichem Silagegras, im Hintergrund fertige Flächen mit Möwen und Weißstorch, Gandersum/LK Leer – Foto (C): Eilert Voß

Der Niedergang und die heute krassen Naturschutz-Probleme der südlichen Nordsee aber dämmerten schon: Ein erstes Windindustriegebiet direkt am Projektgebiet der Wisch war nur die Vorhut einer bis in die Gegenwart anhaltenden Invasion. Fährt man heute, Jahrzehnte nach deren Beginn die gleichen Routen, wird man von der Windkraftindustrie vielerorts förmlich erdrückt. Die Horizonte sind bis an den Rand des Wattenmeer-„Nationalparkes“ verstellt – freie, ungestörte Blicke gibt es allenfalls seewärts. Zigtausende Hektare Grünland, oft moorig und feucht: eine vor drei Jahrzehnten noch bestehende Jahrhundertchance für Natur- und Artenschutz in Mitteleuropa – überwiegend dahin. Nicht nur, dass einem überall selbst an unmöglicher Stelle heutzutage der Maisanbau begegnet. Die intensive Nutzung des Grünlandes – Gülle, Düngen, Schleppen und Walzen während der Eiablage und Brutzeit der Wiesenbrüter, zu frühe Mahd noch während der Brut- oder Küken-Aufzucht-Zeit – diese Probleme gab es schon und sie sind geblieben.

Grünlandumbruch in Böhmerwold/Jemgum, LK Leer, März 2020, EU-Vogelschutzgebiet – Foto (C): Eilert Voß

Damals jedoch kaum vorstellbar: Die Intensität ließ sich in den letzten Jahren tatsächlich noch steigern. Inzwischen ist ein systematischer, endgültiger Angriff auf alles im Gange, was wenigstens einige Teile des Grünlandes bisher für die bodenbrütenden Bewohner und die sie repräsentierende Lebensgemeinschaften noch immer wertvoll gemacht hatte. Unter klangvollen Rumpelstilzchen-Begriffen wie Grünlandverbesserung und Neuansaat ist die endgültige Nivellierung vom ehemals reichen natürlichen Leben zu weitgehend von diesem befreiten Turbo-Gras-Industrie-Standorten im Gange. Was noch lebt auf den Flächen bzw. zu leben versucht, wird zum Feind: „Mäuse“ und „Gänse“ sind die Widersacher in der Schlacht, die auf den Grünländereien gegen die Natur geführt wird. Letzte Reste der ehemals des Staunens und Erlebens werten Lebensgemeinschaften der Wiesen werden zu musealen Schaustücken. Auf selbst mit EU-Mitteln geförderten Flächen hat die Intensivstnutzung erkennbar freie Bahn. Das alles unter den Augen einer sich doch so naturfreundlich wähnenden Öffentlichkeit. Wie das? Schon in den 1990er Jahren irritierte mich die offensichtliche Kumpanei zwischen Behörden und naturschädigender Landwirtschaft in etlichen speziellen Konfliktfällen.

Gülle“bomber“, viel zu schwer für das Grünland, eingesackt bis an die Trecker-Achsen, Moorweg, LK Wittmund – Foto (C): Manfred Knake

Nachdem kritische Bemerkungen sowohl zur Rolle der landwirtschaftlichen Nutzung als auch zu Schön-Rechen-Künsten eines Bediensteten der unteren Naturschutzbehörde im Zusammenhang mit Rückgangsursachen der Wiesenbrüter unter der damaligen Schriftführung eines heute in der Region führenden Landesbediensteten aus meinem Abschlussbericht zur „Stollhammer Wisch“ herausredigiert bzw. entschärft werden sollten, verzichtete ich auf eine Publikation im Sammelband des NLÖ. In den letzten fast 30 Jahren scheint sich wenig bis nichts geändert zu haben an dieser Sachlage. Warum schreiten die zuständigen Behörden nicht ein gegen die offensichtlich nutzungsbedingte Vernichtung von Bruthabitaten? Ist die Sachlage nicht bekannt? Wohl kaum. Es bleibt wohl eher bei dieser eigenartigen, für die wehrlose Natur friesisch-herben Definition von „angewandter Ökologie in der Landwirtschaft“.

Gülle-Wassergemisch, bis in die Gräben, Ostbense am Deich, LK Wittmund – Foto: privat

Es muss den Beteiligten allerdings klar sein, dass der Ruf der Landwirtschaft insgesamt geschädigt wird, wenn naturzerstörerische Umtriebe wie aktuell im Rheiderland behördlich gedeckt werden. Selbst dann, wenn die Medien ihrer Aufgabe nicht gerecht werdend den offensichtlichen Skandal nicht aufrollen – auf Dauer werden auch die Ostfriesen ein Darstellungsproblem bekommen für den argen Umgang mit ihrer einst so einladend schönen Natur. Narrenfreiheit bedeutet Freiheit für Narren.

Überlebt: Austernfischer füttert Jungvogel mit Pierwurm aus dem Watt – Foto (C): Eilert Voß

Wenn die letzten Kiebitze auf dem „Wirtschaftsgrünland“ endgültig verstummt sein werden, wenn die monströsen Wahrzeichen der Energiewende die letzte Beschaulichkeit der alten friesischen Dorfbilder zerstört haben, mag die Attraktion von „Just-for-Fun“-Betätigungen zu Lasten des Nationalparks noch einige Jahre Zugpferd für den Tourismus der Region sein.

Blick aus dem Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer („Weltnaturerbe“) auf die Küste zwischen Bensersiel und Dornumersiel (Ausschnitt) – Foto (C): Manfred Knake

Ästhetisch und ökologisch beschädigtes Land ist auf Dauer für die Einwohner nicht lebenswert und auch für Gäste immer weniger einen Besuch wert. An den küstennahen Windkraft-Verwüstungen spricht sich das schon herum in meinem Bekanntenkreis. Der Exodus der Wiesenbrütergemeinschaften aus nivelliertem Industriegrünland mag für unbedarftes Touri-Publikum (noch) zweitrangig sein. Für die Geschichtsbücher, die im Zeitalter der Biodiversitäts-Debatte einst auch Kapitel zur Verantwortung für das Verschwinden von Uferschnepfe & Co. enthalten müssen, ist er es nicht.

Zur WebSeite von Dr. Epple: http://wolfgangepplenaturschutzundethik.de/

Der Beitrag Gastkommentar: Vom Reichtum zum Endstadium – Anmerkungen zur Entwicklung küstennaher Wiesenlandschaften erschien zuerst auf Wattenrat Ostfriesland.

Was hat die Corona-Pandemie mit Naturschutz zu tun?

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Norderney, Sandstrand, Nähe Surfschule, 06. Juni 2019, brütender Sandregenpeifer mit viel zu kleinräumiger Absperrung zu seinem Schutz. Diese Art geht durch den Massentourismus im Nationalpark dramatisch zurück. – Foto (C): Eilert Voß

Seit Mitte März 2020 ist schlagartig alles anders geworden: Das winzige Corona-Virus brachte die Welt aus den Fugen. Das Land Niedersachsen verfügte mit seiner fachaufsichtlichen Weisung an die Landkreise die Einschränkung sozialer Kontakte auf der Grundlage des Infektionsschutzgesetzes, um die Ausbreitung des Virus zu verlangsamen. Kontaktverbote, neudeutsch „social distancing“, werden polizeilich überwacht. Dazu gehört auch das Verbot der Bereitstellung von Gästebetten, anwesende Touristen mussten die Küste verlassen. Für die Branche bedeutet das nie dagewesene dramatische wirtschaftliche Einbußen. So makaber es aber klingt: Profitieren von der Pandemie und den damit verbundenen Einschränkungen werden die vom Massentourismus gefährdeten Bodenbrüter im Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer.

Keine Menschenmassen, keine Lenkdrachen, Drohnen oder Kitesurfer, keine freilaufenden Hunde in oder an den Schutzgebieten werden die schutzlosen Bodenbrüter gefährden; eine ungewohnte Ruhe wird in das Großschutzgebiet Nationalpark einkehren. Sogar die Seehunde werden von der evtl. Ausweitung der Corona-Maßnahmen profitieren, sorgen doch immer wieder unvorsichtige Wassersportler, Watt- oder Strandwanderer für die Trennung von Muttertier und Jungtier, das dann zum Heuler wird – und dann, wenn es Glück hat, in die Seehundaufzuchtstation in Norddeich gebracht wird. Für eine begrenzte pandemische Zeit Natur Natur sein lassen, wer hätte noch vor kurzem gedacht, dass dies auf solch unerwartet und unerwünscht-bizarre Weise Wirklichkeit würde.

13. Mai 2018, Borkum, Südstrand, strengste Schutzzone im Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer (Ruhezone, Zone I): Ignoranz trifft Strandbrüterschutz, zwei Brutpaare Zwergseeschwalben“erfolgreich“ vertrieben. Foto (C): Eilert Voß

Naturschutz: auf dem Papier und in der Wirklichkeit

Auch wenn sich die Einschränkungen durch die Pandemie bis in die Sommermonate erstrecken sollten: Langfristig wird sich das vorübergehende Tourismus-Aus nicht stabilisierend auf diese bestandsbedrohten Vogelbestände auswirken können. Eine Selbstbeschränkung der Gästezahlen auf ein naturverträgliches Maß wird es kaum geben, da die Infrastruktur dafür ausgebaut wurde und Existenzen davon abhängen. Der Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer ist eigentlich ein Großschutzgebiet für Tiere und Pflanzen, in dem Naturvorgänge möglichst ungestört in ihrer natürlichen Dynamik ablaufen sollen, so steht es jedenfalls im Bundesnaturschutzgesetz. Der 1986 eingerichtete Nationalpark ist auch europäisches Vogelschutzgebiete und zum größten Teil Flora-Fauna-Habitatgebiet, Biosphärenreservat, umsatzfördernd noch getoppt vom werbewirksamen Etikett „Weltnaturerbe“. Auf dem geduldigen Papier klingt das überzeugend nach richtigem Naturschutz, die Wirklichkeit sieht ganz anders aus. Das Schutzgebiet wurde jahrzehntelang sehr dynamisch in einen großen Freizeitpark verwandelt, auch mit tatkräftiger Unterstützung der Nationalparkverwaltung in Wilhelmshaven. Neue Nutzungen wie das Kitesurfen in den zweitstrengsten Schutzzonen, den Zwischenzonen, kamen unmittelbar nach „Ernennung“ des Nationalparks 2009 zum „Weltnaturerbe“ dazu – ohne die dafür naturschutzrechtlich gebotenen Verträglichkeitsprüfungen vor der Ausweisung der Flächen.

Ostersonntag 2020, wegen der Corona-Pandemie gesperrter Campingplatz Bensersiel: Ringelgänse äsen auf dem nun ruhigen Gelände zwischen den Anschlusskästen. Strand und Campingplatz wurden in den 1960er-Jahren hier aufgespült, davor war es eine Salzwiese. – Foto (C): Manfred Knake

Die unbekannten Wesen

Nur lebt der Mensch, als Einheimischer oder Tourist, nicht alleine an der Küste und auf den Inseln. Neben den allgegenwärtigen Möwenarten, u.a. den berüchtigten Pommes stehlenden Silbermöwen, leben an der Küste und vor allem auf den Inseln noch die letzten und weitgehend Unbekannten ihrer Art: Sandregenpfeifer, Seeregenpfeifer, Zwergseeschwalben, Sumpfohreulen, Korn- und Wiesenweihen. Dazu kommen u.a. Kiebitz, Uferschnepfe, Austernfischer und Rotschenkel, sog. „Watvögel“, Vogelarten, die heute kaum noch jemand kennt. Sie brüten ungeschützt ebenerdig am Strand, in den Dünen oder in den Salzwiesen. Die Nester können sehr leicht durch unaufmerksame Fußgänger zertreten, die Altvögel schon bei Annäherung gestört oder vertrieben werden. Bleiben die so vertriebene Altvögel zu lange dem Nest fort, kühlen die Gelege aus oder werden von Möwen oder Krähen geplündert. Diese z.T. hochgradig bestandsbedrohten Vogelarten kamen so trotz nationaler und europäischer Schutzgesetze unter die Füße des Massentourismus.

Campingplatz Bensersiel in der Saison 2017 – Foto (C): Eilert Voß

Landwirtschaft und Massentourismus

Nicht nur im küstennahen europäischen Vogelschutzgebiet von Norden bis Esens sind die Wiesenvögel als Bodenbrüter schon seit Jahren unter die Maschinen der intensiv wirtschaftenden Landwirtschaft gekommen, die schon ab März jeden Jahres die Flächen mit schwerem Gerät befährt, pflügt, walzt, schleppt, eggt oder begüllt. Hier ist der „stumme Frühling“ schon Wirklichkeit geworden. Das maschinengerechte Kiebitzei hat die Evolution noch nicht erfunden. Der Kiebitz als ehemaliger Charaktervogel der Marschen ist in größerer Zahl nur noch auf dem Zuge und kaum noch als Brutvogel zu sehen. Rotschenkel, die in den Marschen noch vor dreißig Jahren von den Zaunpfählen ihre markanten Rufe hören ließen, sind so gut wie verschwunden. Im und am Nationalpark werden laut Industrie- und Handelskammer für Ostfriesland und Papenburg jährlich ca. 17 Millionen Tourismus-Übernachtungen von Norden bis Carolinensiel und von Borkum bis Wangerooge gezählt („nach Angaben der Kurverwaltungen“, ohne Festland im Landkreis Friesland und ohne Cuxhaven), das entspricht etwa 2,5 Millionen registrierten Gästen (ohne Tagesgäste), die sich jährlich an der Küste oder auf den Inseln, mit oder ohne Hund, mit Lenkdrachen, Drohnen, mit Motorbooten oder Kitesegeln, zur Erholung aufhalten. Elf hauptamtliche Nationalparkranger auf 3.500 qkm Fläche, die über keine polizeilichen Befugnisse und Boote verfügen, können diese Menschenmassen kaum ausreichend lenken und „auf den rechten Weg“ im Nationalpark führen, sie also am Verlassen der ausgewiesenen Wege hindern.

Kiebitzrastplatz wird begüllt, Oldersum/LK Leer, Februar 2018 – Foto C): Eilert Voß

Fachliche Warnungen schon vor vierzig Jahren

Alle fachlichen Warnungen vor einem ungebremsten Ausbau des Massentourismus verhallten ungehört. Der Rat von Sachverständigen für Umweltfragen stellte schon 1980, also vor 40 Jahren, in seinem Sondergutachten „Umweltprobleme der Nordsee“ (Kohlhammer Verlag) fest, dass die touristischen Kapazitäten der Nordseeinseln „weitgehend ausgeschöpft“ seien (S.331). Das Gutachten warnte vor dem Druck „gerade auf die restlichen, naturnahen noch attraktiven Landschaftsräume“, der „wahrscheinlich noch wachsen“ werde (S.330). Wie wahr und weitsichtig! Von den riesigen Windparks vor den Inseln in den Hauptrouten des Vogelzuges und hinter den Deichen in den Hochwasser-Rast- und Fluchtplätzen der Vögel des Wattenmeeres, die den Nationalpark umzingeln, konnten die Gutachter damals noch nichts ahnen. Es bleibt zu hoffen, dass die Corona-Pandemie in absehbarer Zeit zu Ende gehen wird und damit auch das Ende der Einschränkungen abzusehen ist. Davon ausgehend wird es schon im nächsten Jahr wie gewohnt an der Küste „brummen“, Business as usual, für Mensch, aber auch für Tier.

Dieser Beitrag erschien leicht verkürzt und verändert am 06. April 2020 in der Lokalzeitung „Anzeiger für Harlingerland“ in Wittmund.

Der Beitrag Was hat die Corona-Pandemie mit Naturschutz zu tun? erschien zuerst auf Wattenrat Ostfriesland.

17. April 2020: Plattmachen im Wiesenvogelbrutgebiet

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Weenermoor, LK Leer: Walzen von Grünland am 17. April 2020, die Rabenkrähen schauen zu, ob etwas für sie übrigbleibt -Foto (C): Eilert Voß

Nach weit verbreiteter Bauernmeinung beginnen Wiesenvögel exakt jeweils am 10. April „in normalen Jahren“ mit dem Nestbau. Deshalb würden Bauern eben vorher die Böden schleppen, striegeln oder walzen, um die Bodenbrüter zu schützen, man sei ja für den Umweltschutz. Ein entsprechendes Video aus dem Ostfriesischen kursierte am Ostersonntag, 12. April 2020, auf WhatsApp.

Im Hintergrund des WhatsApp-Autoren schleppt gerade ein Traktor ein Stück Grünland, „vom NABU“, wie der wiesenvogelbesorgte  Landwirt süffisant anmerkt. Wenn das wahr sein sollte, sollten sich die NABUben, die das auf ihrer Pachtfläche veranlassten, schämen. Nur: Damit sind die Bauern eben nicht die besseren Wiesenvogelschützer. Es wird auch nach dem 10. April auf Grünland noch geschleppt, gestriegelt oder gewalzt – und dann mehrfach im Jahr die Flächen gemäht oder begüllt. Das überleben weder Wiesenvogelgelege noch die nicht flüggen Jungvögel. Entsprechend desolat und artenarm sieht es nicht nur in Ostfriesland mit den Wiesenbrütern aus. Bauerpropaganda, auch mit WhatsApp verbreitet, ersetzt eben keine Fakten.

Der Beitrag 17. April 2020: Plattmachen im Wiesenvogelbrutgebiet erschien zuerst auf Wattenrat Ostfriesland.

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